Stadtwerke erhöhen Abschläge zwischen 24 und 44 Prozent

Die höheren Energiekosten bekommen demnächst auch die Verbraucher zu spüren. Höhere Abschläge sind nötig.

Seit das Szenario einer drohenden Gasknappheit immer konkreter wird, beschäftigen sich mehr Verbraucher mit der ungewissen Energie-Lage. Wie hoch steigen die Abschläge? Ist die Gas-Lieferung sicher? Diese Fragen hören die Mitarbeiter im Kundenzentrum der Stadtwerke Schneverdingen-Neuenkirchen häufiger.

80 Prozent im Fixprodukt

30 bis 40 Prozent, so kündigt Lars Weber, Geschäftsführer der Heidjers Stadtwerke, an steigen die Energiekosten ab September. Dies betrifft aber nur rund 20 Prozent seiner Kunden, da 80 Prozent in einem Fixprodukt sind. Diese Kunden profitieren von der „risikoarmen Beschaffungsstrategie“. „Wir haben den Großteil des Bedarfs unserer Kunden in Chargen bereits Jahre im voraus gesichert, so dass wir jetzt nur einen Teil zu den horrenden Preisen einkaufen müssen“, so Weber. Auch die Stadtwerke Soltau heben aufgrund der gestiegenen Beschaffungskosten zum 1. September die Preise um rund 24 Prozent an.

Rettungsschirm gefordert

Jan Niemann, Geschäftsführer der Stadtwerke Munster-Bispingen geht auch von einem Preisanstieg aus, ohne für sein Unternehmen konkret zu werden. Er glaubt hingegen nicht, dass die mit den Kunden vereinbarten Fixpreise für Gas gehalten werden können. „Erst standen bei uns die ehemaligen Kunden der Billiganbieter wie Verivox vor der Tür und wollten Gas, jetzt der drohende explosive Preisanstieg“, so Niemann. Das sei nicht ohne Preisanstieg zu handhaben. Der 21. Juli sei der D-Day. Dann wird sichtbar, ob Russland nach Ende der Wartungsarbeiten an der Pipeline North Stream 1 noch liefern wird. Falls nicht: „Entweder die Bundesregierung spannt einen Rettungsschirm über die Lieferanten wie Uniper oder die Mehrkosten werden als Umlage auf alle Beteiligten sozialisiert.“

Sparpotenziale ausschöpfen

Kürzer duschen und weniger heizen: Wie sich der Energieverbrauch drosseln lässt, wissen viele Bürger. Einige versuchen diese Potenziale bereits auszuschöpfen. Für die Monate April und Mai können die Heidjers Stadtwerke einen zehnprozentigen Rückgang des Verbrauchs ausmachen - wohlgemerkt temperaturbereinigt. Denn das Frühjahr sei wärmer als im Vorjahr gewesen. Damit liegt Schneverdingen im Deutschland-Trend.

Weder bei den Stadtwerken Soltau noch bei den Stadtwerken Munster-Bispingen ist ein abnehmender Verbrauch von Gas nicht feststellbar. Genaue Daten könne man erst zum Jahresende ablesen, so Niemann. Doch der Einsatz von Gas seitens der Stadtwerke sinke nicht. „Eher im Gegenteil“, erläutert Niemann. Man müsse wohl noch zukaufen. „Das ist ein Temperaturproblem. Durch die relativ niedrigen Temperaturen wird weiterhin geheizt“, bezieht er sich auf den Juni.

Noch im Urlaubsmodus

Unterdessen sei das Thema Energiesparen insbesondere beim Gas bei vielen Bürgerinnen und Bürgern noch nicht angekommen. Da wolle es mancher weiterhin mäkelig warm in der Stube haben. Man wolle als Stadtwerke keine Panikmache betreiben, überlege aber, eine Kampagne zu starten, um das Bewusstsein für die Notwendigkeit des Gassparens zu wecken. „Noch sind die Menschen aber im Urlaubsmodus“, bedauert Niemann das fehlende Problembewusstsein. Nach Corona finanzierten manche sogar ihren lang ersehnten Urlaub mit Krediten. „Am Ende kann ich dann eine Rechnung schreiben, aber der Kunde kann sie nicht bezahlen“, findet Niemann dann doch drastische Worte für ein denkbar schlechtes Ende im Einzelfall.