Wehrhaft, krisenerfahren, gesellig - es ist wieder Schützenfest

In Krisenjahren gegründet, in der Coronakrise angekommen - die Bürgergilde Munster kann trotzdem feiern und zwar ihr 100-jähriges Bestehen, wenn auch mit zwei Jahren Verzögerung. Foto: bk

Dicht an dicht grüne und schwarze Röcke, Schützenschnüre, Orden und glänzende Zier am Revers, mit Eichenlaub dekorierte Filzhüte. Die Bühne ist umrahmt von den Prunkfahnen der Korps. Vor den Toren der mit grün-weißen Wimpelketten und bunten Stadtfahnen geschmückten Festhalle wartet die Artillerie des Kanonenzugs, während drinnen fünfhundertfach gute Stimmung an den mit Fleißigem Lieschen geschmückten Tischen herrscht.

Festkommers zum nachgeholten 100. Schützenfest

In Munster ist Schützenfest. Nicht irgendein Schützenfest - die Bürgergilde Munster begeht ihr 100-jähriges Bestehen und eröffnet das Schützenfest am vergangenen Freitagabend offiziell mit einem feierlichen Festkommers. Dass das 100. Stiftungsfest eigentlich das 102. ist, stört hier niemanden mehr. Endlich wieder feiern nach zwei Jahren pandemischer Krise und gesellschaftlichem Stillstand. In der Örtzestadt zeigen die Damen und Herren der Gilde, dass sie feiern wollen - und es auch können.

Schon vor Eröffnung des Kommerses durch ersten Gildeherrn Marco Tews heizen die Original Böhmetaler Blasmusikanten die Stimmung an. Bier und Sekt haben die Tische der Korps kaum erreicht, schunkelt das grüne Korps um Schützenkönig Lars I. Lüders bereits zur Blasmusik. Das Münzen-Ornat des Königs glänzt und blitzt wie ein mittelalterliches Kettenhemd auf Brust und Rücken seiner Majestät. Er sei bereits zum dritten Mal König, erzählt Lars I. stolz. Als Kind, in der Jugend und jetzt erneut. Eigentlich eine Familientradition, denn seine Familie gehörte schon zu den frühen Honoratioren der Gilde.

Zwischen Versailler Vertrag und Corona - Bürgergilde Munster wird 100

Bei seinen Grünen fließt couleurechter grüner Schnaps zum Bier. Ob beim Schwarzen Korps schwarzer Stoff und beim Kanonenzug nur Flambiertes die Kehlen runterlief, war indessen nicht zu ermitteln. „Letzteres wäre denkbar“, witzelt ein Schützenbruder. „Die haben ihr 50. Jubiläum.“

Feiern trotz Krisen

Bürgergilde Munster zelebriert ihr 100. mit feierlichem Festkommers.

Dass die Schützen 100 Jahre nach ihrer Gründung mit einer Krise zu leben haben, findet Landrat Jens Grote in seinem Grußwort gar nicht so ungewöhnlich. Krisenartig sei die Situation auch früher schon gewesen. Die Gründung am 19. Juli 1920 sei kurz nach Ende des Ersten Weltkriegs erfolgt, der ein halbes Jahr zuvor in Kraft getretene Versailler Vertrag und die damit verbundenen Reparationsleistungen drückte die Bevölkerung.

Und auch der Standortälteste, Brigadegeneral Björn Schulz, erinnert an die Wurzeln der Schützen, für die Wehrhaftigkeit wichtig gewesen sei. Munster lebt mit den Soldaten und weiß um die gegenwärtigen Herausforderungen, so seine Botschaft. Doch gehe es auch um Zusammenhalt und Gestaltung, wofür körperliche Präsenz wichtig sei, freut sich General Schulz über den vollen Saal nach zwei Jahren Corona.

Lars Klingbeil gewinnt digitales "Duell" gegen Bürgermeister Grube

Das Duell der digital übermittelten Grußworte an die Schützen zwischen Bürgermeister Ulf-Marcus Grube und dem SPD-Parteichef Lars Klingbeil ging eindeutig zugunsten des Sozialdemokraten aus. Klingbeil war auf seinem Video zu verstehen, Grube nicht.

Einen Höhepunkt des Kommerses bot Alt-Bürgermeister Adolf Köthe, der sich die Mühe gemacht hatte, die 100-jährige Geschichte in einem Lichtbildervortrag kurzweilig Revue passieren zu lassen und damit immer wieder den Jubel der Schützinnen und Schützen hervorrief, ganz gleich ob das Bild die Gründung des Damenkorps, Alt-Bürgermeister und Schützenbruder Alfred Schröder tanzend im Schottenrock zeigte oder Köthe andere Höhepunkte aufzubieten hatte.

Dass die Bürgergilde auch in Zukunft mit den vielfältigen Angeboten über die reine Tradition hinaus gut aufgestellt sein wird, daran glaubt erster Gildeherr Marco Tews fest. Die Generationen an den Tischen in der geschmückten Festhalle bestätigen ihn - aber auch ein altes Wort des Humanisten Thomas Morus, nachdem Tradition nicht das Bewahren der Asche, sondern das Weiterreichen der Flamme sei.