Kreisjägermeister: Der Wolf jagt mit
Wie viele Veranstalter müssen auch die beiden Heidekreis-Jägerschaften Soltau und Fallingbostel aufgrund von Corona-bedingten Einschränkungen auf ihre Großereignisse verzichten: die traditionellen Hegeschauen, bei denen die Trophäen der geschossenen Tiere, Geweihe und Gehörne, vorgestellt und begutachtet werden.
Jagdreviere: Inventur machen ist Pflicht
Das entbindet die Jäger nicht von der Pflicht einer Inventur, einer Bilanz des zurückliegenden Jagdjahres. Sie sei erforderlich, um einen Überblick über die Entwicklung in den Revieren, 257 gibt es im nördlichen Kreisgebiet, zu erhalten und bildeten in Verbindung mit dem dort vorgestellten Streckenbericht die Grundlage für die Aufstellung von Bejagungsplänen, sagt Kreisjägermeister Wolfgang von Wieding.
Statt der Präsentationen im großen Rahmen in der Alten Reithalle Soltau beziehungsweise in der Stadthalle Walsrode sind für dieses Jahr zum zweiten Mal in Folge lediglich eingedampfte Trophäenbegutachtungen in Form von Tischbewertungen vorgesehen. Die für den nördlichen Teil des Kreisgebiets fand jetzt in der Hambosteler Schützenhalle statt, wo die Vertreter der Hegeringe nach einem eng getakteten Zeitplan der Bewertungskommission die Geweihe der Klassen I und II beim Rot- und Damwild vorlegten. Das vierköpfige Gremium besteht aus Dieter Meyer (Dehnernbockel) Matthias Maerten (Munster) Thomas Meyer (Dorfmark) und Friedrich Averbeck (Woltem), die in dieser Woche auch die Bewertung für den Bereich der Südkreis-Jägerschaft Fallingbostel vornehmen werden.
Wolf: 107 Risse nur Spitze des Eisbergs
Der Blick auf den Streckenbericht macht nach Überzeugung des Kreisjägermeisters Entwicklungen deutlich, die im Zusammenhang mit dem Auftreten eines anderen „Jägers“ stehen: Die Anwesenheit der Wolfs sei spürbar. Die Zahl der gefundenen Wolfsrisse in den 257 Revieren im Bereich der Jägerschaft Soltau erreicht mit 107 Fällen, davon 73 gerissene Rehe, nicht das Niveau der 585 durch Begegnungen mit Kraftfahrzeugen auf den Straßen „gestreckten“ Wildtiere, davon 488 Rehe. Doch das sei nur die Spitze des Eisbergs, real seien es viel mehr, meint von Wieding und macht folgende Rechnung auf: Da von einem Stück Wild auszugehen sei, das ein Wolfsrudel pro Tag benötigt, ergebe das bei sieben bis neun im Heidekreis heimischen Rudeln aufs Jahr hochgerechnet etwa 2500 Risse. Da seien Abweichungen nach oben oder unten möglich, aber klar sei: „Der Wolf jagt mit“.
Die Präsenz des Beutegreifers wirke sich auf das Verhalten des Wilds aus. Die Situation in den Revieren habe sich verändert, die Jagd werde erschwert, „Das Wild steht nicht mehr so frei, sondern zieht sich weiter in die Wälder zurück“, sagt der Chef der Waidmänner. Damwild und Rotwild formierten sich zum besseren Schutz vor Angriffen zu Großrudeln, in denen einige Tiere absicherten und gegebenenfalls warnten, während die restliche Gruppe äsen würde.
Nutria: Über 1000 Biberratten im Südkreis erlegt
Weiter auf dem Vormarsch sind nach Angaben des Kreisjägermeisters invasive Arten, eingewanderte Tiere, die keine natürliche Feinde haben und sich gut ausbreiten können. So sei die Zahl geschossener Waschbären gegenüber dem Vorjahr deutlich gestiegen, auch bei den Marderhunden habe es einen allerdings moderateren Anstieg gegeben, bei den Nutrias dagegen einen Rückgang. Anders stelle sich bei diesen im Wasser lebenden Nagetieren die Entwicklung im südlichen Teil des Kreisgebiets mit den großen Fließgewässern dar. Dort seien sie zu einer Gefahr für den Hochwasserschutz geworden. Über 1000 Biberratten, wie sie auch genannt werden, sind laut von Wieding an Aller, Leine und Böhme erlegt worden.
Nach einer Spitze vor zwei Jahren war die Zahl des geschossenen Schwarzwilds in den Revieren des nördlichen Kreisgebiets zuletzt leicht rückläufig. Aufgrund der sich von Osteuropa her ausbreitenden Afrikanischen Schweinepest (ASP) müssten die Wildschweine als potenzielle ASP-Überträger „scharf bejagt“ werden, um ihre Zahl in Grenzen zu halten, was angesichts einer hohen Vermehrungsquote von 200 oder darüber eine Herausforderung sei.
Afrikanische Schweinepest bleibt herausfordernd
Neben dem Wunsch, dass es gelingen möge, die ASP weiter fernzuhalten, hofft der Kreisjägermeister für den jagdlichen Bereich, dass sich keine weiteren Wolfsrudel im Heidekreis ansiedeln und dass es im kommenden Jahr eine Rückkehr zu den Hegeschauen im gewohnten Rahmen geben wird.