Die Grundwasserspiegel sinken auf breiter Front
Deutschland ist eines der wasserreichsten Länder der Erde. Der Klimawandel sorgt aber auch hierzulande dafür, dass das Vertrauen in die stetig unbegrenzte Verfügbarkeit der lebensnotwendigen Ressource Risse bekommt. Im Hitzesommer 2022 gab es alarmierende Meldungen von niedrigen Pegelständen an den großen Flüssen. Auf dem Rhein durften Frachtschiffe nur noch mit stark reduzierter Ladung unterwegs sein. Im Heidekreis verwandelte sich der Stichter See in einen Tümpel, fiel das Flüsschen Alpe trocken, litten ökologisch wertvolle Moorlandschaften (BZ vom 3. September: „So trocken wie am Rhein“). Anders als das Oberflächenwasser, liefert das unterirdische Grundwasser keine einprägsamen Bilder. Es liegt außerhalb unserer sinnlichen Wahrnehmung. Und doch spielt es im natürlichen Wasserkreislauf eine herausragende Rolle, macht mehr als 30 Prozent des auf der Erde verfügbaren Frischwassers aus. In Trockengebieten stellt das Grundwasser die wichtigste, in manchen Regionen sogar die einzige verfügbare Frischwasser-Ressource dar. Die Verweilzeiten des Wassers im Untergrund sind lang, Veränderungen vollziehen sich langsam.
In vielen Regionen Deutschlands sind die Grundwasserspiegel in den vergangenen 32 Jahren gesunken – zum Teil drastisch. Das zeigt erstmals eine Auswertung von rund 6.700 Grundwassermessstellen durch das von der Böhme-Zeitung unterstützte Recherchenetzwerk Correctiv.Lokal in 13 Bundesländern, darunter Nieder- sachsen. In knapp der Hälfte aller ausgewerteten Messstellen wurden zwischen 2018 und 2021 historische Tiefststände erreicht. In Niedersachsen ist der Rückgang besonders ausgeprägt. Das bedeute noch nicht, dass in Niedersachsen oder Deutschland insgesamt das Grundwasser knapp wird, bemerkt Professor Dr. Jan Fleckenstein, Leiter des Department Hydrogeologie vom Helmholtz Institut in Leipzig, beim Blick auf die Daten. Die Verfügbarkeit zu jeder Zeit an jedem Ort in jeder Menge könnte in Zukunft allerdings zunehmend infrage stehen.
Messergebnisse online abrufbar
Die Ergebnisse aller ausgewerteten Massstellen können online eingesehen werden. Im Heidekreis gibt es 20 Grundwassermessstellen mit regelmäßigen Daten seit 1990. Stark sinkende Grundwasserspiegel lassen sich für vier Messstellen nachweisen, eine leicht sinkende Tendenz für zehn. An den restlichen sechs Messstellen im Landkreis stagnieren die Werte.
Die Neubildung von Grundwasser geht landesweit zurück, bestätigt das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie. „Wenn wir nicht endlich verstehen, dass wir in Trockenjahren nicht mehr so sorglos sein dürfen und viel sparsamer damit umgehen müssen, sitzen wir bald auf dem Trockenen“, mahnt Landesumweltminister Olaf Lies.