Geothermie: Niedersachsen tut sich schwer
Die neue rot-grün-gelbe Bundesregierung hat sich gefunden und sie will mit klimafreundlicher Politik ernst machen. Dafür steht beispielsweise der grüne Vizekanzler Dr. Robert Habeck mit seinem um die Klimaschutzpolitik erweiterten Wirtschaftsministerium. Und es passt ins Bild: Kaum hat sich die neue Bundesregierung sortiert, gehen drei Atomkraftwerke als Energie-Grundlastträger vom Netz. Alle weiteren verbliebenen AKW werden folgen. Für den Industriestandort Deutschland ist das sukzessive Wegbrechen von Atom- und auch Kohleenergie eine ernstzunehmende Herausforderung. Wind und Sonne sollen es richten.
Neben Wind und Sonne ist die Erdwärme allerdings die dritte natürliche Energiequelle – mit dem Unterschied, dass Bürgerinnen und Bürger sie nicht wahrnehmen. Dabei ist das Potenzial beachtlich – rund 240 Terrawattstunden jährlich, so das Ergebnis einer Studie des Bundesumweltamts von 2020. Geologen wie Professor Dr. Inga Moeck von der Uni Göttingen rechnen vor, dass bis 2040 zwischen 20 und 25 Prozent des Raumwärmebedarfs über Geothermie abgedeckt werden können. „Es sind rund 56 Prozent von insgesamt 9151 Petajoule,die wir zur Wärmebereitstellung brauchen“, so Moeck gegenüber der BZ. Das sei durchaus kritisch zu sehen, da die Wärme vornehmlich über Erdgas bereitgestellt werde und eine politische Krise mit Russland oder anderen Gas-Lieferanten die Versorgungssicherheit gefährden könnten. Hintergrund: Die unterirdischen Gasspeicher sind nach aktuellen Berichten zurzeit zu rund 50 Prozent gefüllt. Für eine Kältephase von nur 7 Tagen, benötige man allerdings bereits eine Füllung von 40 Prozent. Und: „Der kalte Februar kommt ja erst noch“, verdeutlicht Geologin Moeck das Problem. „Deshalb ist Autarkie bei der Wärmeversorgung grundsätzlich sicherer.“ Hierzu soll die Geothermie einen wichtigen Beitrag leisten.
Derweil kommt die Politik in Niedersachsen bei der Geothermie nicht voran. Forschungsbedarf sah die Landesregierung noch im vergangenen Jahr. Doch die Forschung selbst ist längst weiter. „Wir dürfen jetzt nicht mehr über Geothermie reden, sondern müssen in die Praxis übergehen“, so Moeck, die gerade erst mit einem Projekt in Bayern bewiesen hat, dass diskutierte Gefahren längst beherrschbar sind.
Die Stadtwerke Munster-Bispingen haben für das Geothermie-Projekt östlich der Stadt alle erforderlichen Daten, Gutachten und Genehmigungen geliefert, der Landtag das Projekt mit einer Entschließung bereits vor sechs Jahren einstimmig gewürdigt und der Landesregierung somit eine Steilvorlage für eine Förderung geliefert.