200 Menschen demonstrieren in Soltau für den Klimaschutz
Wie in vielen anderen Städten in ganz Deutschland sind am gestrigen Freitag auch in Soltau und Walsrode die Menschen für den Klimaschutz auf die Straße gegangen. Es waren im Heidekreis nicht ganz so viele, wie bei den ersten Klimastreiks von Fridays for Future vor zwei Jahren. Dafür war es zwei Tage vor der Bundestagswahl richtig laut und deutlich politischer.
Nach Polizeiangaben zogen in Walsrode rund 90 Demonstranten durch die Innenstadt, in Soltau waren es 200 Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die vom Gymnasium über die Winsener-, Wilhelm- und die Marktstraße bis zum Hagen in einer langen Reihe ihre Forderungen herausbrüllten und mit ihren Plakaten zeigten. Zwischendurch wurde auch mal gehüpft, denn wer das nicht tat, der „ist für Kohle“. Und im Hagen wurde es sportlich, als Mitorganisator Ole Maaß von Fridays for Future ein „Hoch für den Klimaschutz und ein runter mit der Kohle“ forderte und sich alle entsprechend reckten oder in die Knie gingen.
Maaß war es auch, der gleich zu Beginn die Menschen am Gymnasium auf die Ziele der Demonstration einschwor. Alle Aufmerksamkeit des Jahrhunderts sollte auf der Klimakrise liegen, rief er. Schließlich gehe es um die Bedrohung der Zivilisation. Wenn sich nicht schnell im Klimaschutz etwas ändere, dann werde es auch in Deutschland die Menschen noch härter treffen.
Der Politik sollte schon deshalb und aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse eindeutig wissen, was zu tun ist. Die nächste Bundesregierung jedenfalls müsse Klimaschutz zur obersten Priorität ihres Handelns erklären, forderte Maaß. Dabei erinnerte der Soltauer Klimaaktivist an die erfolgreiche Klage junger Menschen vor dem Bundesverfassungsgericht: „Klimaschutz ist Menschenschutz.“ Die vielfach infrage gestellten aber notwendigen Regeln und Verbote diesbezüglich bezeichnete Maaß als „pillepalle“. Das sei nichts gegenüber den Einschränkungen, mit denen man konfrontiert werde, wenn es zu den Klimaauswirkungen kommen würde.
Im Hagen unterstrichen Jung und Alt gemeinsam ihre Forderungen in Sprechchören. Pauline Kalender von Greenpeace sowie die Schülerinnen Verena Thorey und Nora Brockmann sowie Landwirt Jürgen Lehmberg forderten ein schnelles und radikales Umdenken der Politik: „Wählt bitte so klimafreundliche wie möglich“, war unter anderem die Botschaft Kalenders an die Demonstranten. Von Angst vor der Zukunft und von Wut, weil nicht gehandelt werde, sprach Thorey. So wie bisher dürfe es nicht weitergehen, forderte die Schülerin unter Beifall.
"Ausstieg aus der Braunkohle bis 2030"
Dabei, das haben die Organisatoren des Klimastreiks in Soltau festgestellt, hätten inzwischen alle Parteien den Klimaschutz in ihren Programmen. Für Fridays for Future, so Vertreter Ole Maaß, gehe es unter anderem um den Ausstieg aus der Braunkohle bis 2030, die Einschränkung der Massentierhaltung, den massiven Bahn- und Busausbau, die wirksame Reduzierung der Emissionen, die sozial gerechte Erhöhung des CO2-Preises und die Streichung klimaschädlicher Subventionen.
Zudem könnten schon kleine Dinge im Alltag unterstützend wirken, fand Schülerin Nora Brockmann. Sie erinnert an den sogenannten Erdüberlastungstag, der in diesem Jahr Ende Juli war. Sie forderte wie auch ihre Mitrednerin Pauline Kalender von Greenpeace wirksame Maßnahmen für den Schutz des Klimas.
Kalender stellt den globalen Zusammenhang her und damit fest, dass der globale Süden bislang deutlich mehr unter den Klimafolgen zu leiden habe. Und dabei puste Deutschland wie auch die anderen Industrienationen 80 Prozent aller weltweiten Treibhausgase in die Luft. „Unser Konsum findet auf Kosten der Ärmsten statt. So darf es nicht weitergehen. Der Druck auf die Politik ist besonders wichtig.“
"Stillstand wird teurer und bitterer"
Verena Thorey zählt die Umweltkatastrophen dieses Jahres auf und beschrieb ihre Angst vor der Zukunft. „Zeit zu handeln ist jetzt“, und forderte auf, eine Regierung am Sonntag zu wählen, die sich für eine bessere Zukunft einsetzt.
Landwirt Jürgen Lehmberg führt einen Biolandbetrieb und freute sich, dass nicht nur die Jungen demonstrierten. Er wandte sich gegen Qualzucht und Monokulturen. Jetzt sei es Zeit, wirklich loszumarschieren. Dennoch spricht auch er von der Angst, dass es in Sachen Klimaschutz in anderen Ländern eine „Rolle rückwärts“ gebe. Doch die Politik des Nichtstuns und Blockierens habe ausgedient. Es gelte, neue Wege aufzuzeigen und ja, so Lehmberg, das werde Geld kosten. „Stillstand aber wird noch viel teurer und bitterer für alle.“