Skandal in Litauen: Soldaten kommen aus Munster
Bei den Soldaten in Litauen, gegen die Anfang der Woche (siehe BZ von Dienstag) Vorwürfe unter anderem wegen sexueller Nötigung, rassistischer Beleidigung und extremistischer Verhaltensweisen erhoben wurden, handelt es sich um Soldaten aus Munster. Das bestätigten ein Sprecher des Einsatzführungskommandos in Schwielowsee (bei Potsdam) und ein Presseoffizier der Panzerlehrbrigade 9 aus Munster der Böhme-Zeitung.
Mittlerweile hat Verteidigungsministerin Annegret Kamp-Karrenbauer angekündigt, den betroffenen Zug – etwa 30 Soldaten – komplett aus Litauen abzuziehen. Gestern um 11.20 Uhr twitterte die Ministerin: „Das Fehlverhalten einiger Soldaten in Litauen ist ein Schlag ins Gesicht aller, die Tag für Tag in der Bundeswehr der Sicherheit in unserem Land dienen. Die Entgleisungen beschädigen das Ansehen der Bundeswehr und Deutschlands. Das wird mit aller Härte bestraft werden.“ Und in einem zweiten Tweed unmittelbar danach: „Der gesamte Zug wird mit sofortiger Wirkung aus dem EFP-Einsatz abgelöst. In Deutschland werden alle nötigen Ermittlungen und Verfahren weitergeführt und die Konsequenzen gezogen.“
Zu Beginn der Woche war noch die Rede von zehn verdächtigten Soldaten, von denen „vier Hauptbeschuldigte aufgrund des aktuellen Ermittlungsstandes nach Deutschland repatriiert wurden“. In einer Information an Mitglieder des Verteidigungsausschusses von Montagabend heißt es, dass die möglichen Täter und Opfer räumlich voneinander getrennt wurden. Ein Geschädigter sei am 11. Juni nach Rücksprache mit der Truppenpsychologie und der Militärseelsorge repatriiert worden.
Ein Sprecher des Einsatzführungskommandos antwortete auf Fragen nach näheren Einzelheiten, dass den Soldaten rechtsextreme und antisemitische Äußerungen sowie Diskriminierung einer Soldatin vorgeworfen werden. Wie der Spiegel berichtet, sollen die betroffenen Soldaten des 2. Zuges des Panzergrenadierlehrbataillons 92 am 20. April ein Geburtstagsständchen auf Adolf Hitler angestimmt haben.
Der Sprecher des Einsatzführungskommando sagte gegenüber der BZ, dass der Wehrdisziplinaranwalt eingeschaltet worden sei. Wegen des laufenden Verfahrens würden keine Details bekanntgegeben. Am Montagabend seien die Obleute des Verteidigungsausschusses unterrichtet worden.
569 Schuss Munition fehlen
„Wir nehmen es sehr ernst“, sagte der Offizier. Man müsse sich Gedanken über die Zukunft dieser Soldaten in der Bundeswehr machen. Das Verhalten der Soldaten schmerze ihn sehr, so der Sprecher, der selbst schon in einem EFP-Verband in Litauen gedient hatte. Mittlerweile geht die Bundeswehr auch Hinweisen nach, dass in der betroffenen Einheit Munition abhanden gekommen ist. In einer weiteren Unterrichtung von Abgeordneten des Verteidigungsausschusses am gestrigen Mittwoch ist die Rede von „einem Fehl von 569 Schuss Handwaffenmunition“, das am 3. April festgestellt worden sei.
Außer dem Wehrdisziplinaramt ist auch der Militärische Abschirnmdienst in die Ermittlungen eingebunden. Der Stellvertreter des Inspekteurs des Heeres und Kommandeur Einsatz ist zudem gestern zur Dienstaufsicht nach Rukla (Litauen) gereist.
Ein im März geführtes BZ-Gespräch mit dem Militärhistoriker Dr. Klaus Naumann, Mitglied im 15. Beirat für Fragen der Inneren Führung der Bundeswehr, über rechte Tendenzen in der Truppe finden Sie hier.