Coronakrise: Deutlich weniger Einbrüche im Heidekreis
Deutlich zurück gegangen ist die Zahl der Wohnungseinbrüche im Heidekreis. Das zeigt die Kriminalstatistik 2020, die Polizeidirektor Stefan Sengel, Dirk Ebel als Leiter des Zentralen Kriminaldienstes und Rüdiger Strahl, Leiter der Analysestelle, am gestrigen Donnerstag vorstellten. Ein deutliches Plus gab es dagegen zu Drogendelikten, und auch die Entwicklung im Bereich Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten sowie häusliche Gewalt macht Sengel Sorge.
Die Gesamtstatistik im ersten Coronajahr weist im Heidekreis eine leichte Steigerung aus. 10550 Straftaten wurden registriert, ein Plus gegenüber dem Vorjahr von 361 Taten. Manche Deliktbereiche seien mit den Vorjahren vergleichbar, andere aber auch aufgrund der besonderen Situation nicht, so Sengel. So sind die Diebstahlsdelikte seit 2016 rückläufig, der Rückgang um gut 33 Prozentpunkte auf 166 Einbrüche fast erdrutschartig, ein Minus von 82 Fällen im Vergleich zu 2019. „Die reisenden Täter aus dem Ausland sind aufgrund von Corona erst gar nicht über die Grenze gekommen“, erklärt Ebel. Zudem seien viele Bewohner zu Hause gewesen, was Einbrecher abschrecke. Gleichwohl haben die Beamten festgestellt, dass die Menschen aufmerksamer seien, Beobachtungen meldeten und ihre Häuser besser sicherten. Die Prävention wirke.
Ebenfalls zum Teil coronabedingt ist der Rückgang bei den Fahrraddiebstählen von 347 auf 274. Veranstaltungen hätten nicht stattgefunden, wo gerne Räder geklaut würden. Allerdings seien hochwertige Elektrofahrräder inzwischen auch gut gesichert.
Einen Anstieg gibt es bei Ladendiebstählen mit einem Plus von 97 Taten auf 538. Die Aufklärungsquote ist zwar mit 86,8 Prozent hoch, allerdings gehen die Polizisten von einem hohen Dunkelfeld aus. Einen Zusammenhang zwischen den Ladendiebstählen und der Entwicklung bei Betäubungsmitteldelikten, vermutet Ebel Fast schon kontinuierlich ging es dort in den letzten Jahren nach oben, zuletzt von 850 auf nun 957 Taten. Dabei gebe es beim reinen Handel kaum Veränderungen, deutlich zugelegt habe der Drogenbesitz im Heidekreis, die Zahlen stiegen von 614 auf 750. Einfluss auf die Entwicklung habe möglicherweise der erhöhte Kontrolldruck durch die Polizei, so Ebel. Jedoch sei es inzwischen weitaus leichter, an Betäubungsmittel zu kommen: „Im Darknet kann man alles bestellen und sich liefern lassen.“ Manche nutzten die Post, andere Depos. Dennoch sei man eigentlich von sinkenden Zahlen ausgegangen, so Sengel. Schließlich fänden keine Partys statt. Auffällig sei, dass bei Kontrollen häufig erhebliche Mengen gefunden würden, 300 Gramm Kokain und ein Pfund Marihuana seien keine Seltenheit.
Aufklärungsquote im Heidekreis bei fast 67 Prozent
Mit einer Aufklärungsquote von fast 66,9 Prozent können sich die Beamten der Polizeiinspektion Heidekreis durchaus sehen lassen. Im Vergleich zum Durchschnitt in Niedersachsen mit rund 64,3 Prozent und innerhalb der Polizeidirektion Lüneburg von 66,8 Prozent schneide man besser ab, ist Polizeidirektor Stephan Sengel stolz. Unterstrichen hatte das bereits Polizeipräsident Thomas Ring für die Polizeidirektion: Die Bürger lebten in einer sicheren Region. Die Entwicklung sei Ansporn und Verantwortung zugleich für die Polizei. Im Heidekreis lag die Quote 2017 noch ein Stück höher bei mehr als 69 Prozent.
Senioren weiter im Fokus der Betrüger
Keine Entspannung gibt es bei Betrugsdelikten mit 870 Betrügereien meist rund um den Internethandel. Entweder werde die Ware nicht bezahlt, diese Delikte verdoppelten sich, oder bezahlte Ware sei nicht geliefert worden.
Im Fokus stehen zudem weiterhin die Senioren. Lag die sogenannte Call-Center-Betrugsmasche 2017 noch bei 218 Fällen, hat sie in den letzten beiden Jahren rasant zugelegt. 2019 gab es 570 Fälle, 2020 512. In 333 Fällen hätten sich falsche Polizeibeamte gemeldet, deutlich zugenommen haben Schockanrufe, Versuche via Enkeltrick an Geld zu kommen sowie Betrügereien mit Gewinnversprechen.
Der höchste Einzelschaden im vergangenen Jahr waren 54900 Euro, die die Gauner erbeuteten. Allerdings, so Analyst Rüdiger Strahl, sei es nur in 13 Fällen zu einer tatsächlichen Geldübergabe gekommen: immerhin ein Gesamtschaden von 140000 Euro, zu leicht verdientes Geld, meint Sengel zu den Betrügern, die aus Polen, der Türkei oder dem eurasischen Raum kämen. Trotz Aufklärung geht die Polizei aber auch in dem Bereich von einem hohen Dunkelfeld aus, weil sich die Leute schämten, wenn sie reingefallen seien. Fluch und Segen seien in dem Fall soziale Netzwerke wie Facebook, anhand der Meldungen dort könnten die Täter häufig Familienzusammenhänge oder Urlaube erkunde, um dann gezielt die Opfer anzurufen.
Gegenseitig bei der Bank absichern
An dieser Stelle hat Polizeidirektor Stephan Sengel schon einmal in der Böhme-Zeitung auf eine relativ einfache Maßnahme hingewiesen, um Enkeltricks und ähnliche Betrügereien zumindest einzudämmen: Gut wäre, wenn bei dem jeweiligen Kreditinstitut festgelegt werde, dass der Kontoeigentümer nur bis zu einer gewissen Summe alleine abheben darf. Sollte mehr Geld erforderlich sein, sollte ein Verwandter mitkommen. „Dann ist man doch sicher“, sagt Sengel zu den Anrufen aus Betrugs-Call-Centern, die häufig einen hohen Druck aufbauen, dem man als älterer Mensch oft nicht gewachsen sei. Er riet mit den älteren Verwandten Gespräche dazu zu führen und um Vertrauen für solch eine Maßnahme zu werben.