Doppelmord: Verdächtiger psychiatrisch untersucht
Es war ein Schock für die kleine Ortschaft Neuenkirchen, der bis heute nachwirkt. Vor allem, weil noch immer keine Anklage gegen den mutmaßlichen Mörder eines Ehepaares und wegen schwerer Verletzungen einer weiteren Frau erhoben wurde.
Heute vor 100 Tagen, am 29. Juli, es war ein Montag, passierte das Grauenvolle, das man eigentlich immer anderswo verortet, aber nicht vor der eigenen Haustür. Am Abend gegen 20.30 Uhr schreckten Sirenen und Blaulicht die Bewohner Neuenkirchens auf. Die Feuerwehr war alarmiert, weil ein Haus am Lohweg brannte. Vor der Eingangstür hatten Passanten da schon eine schwer verletzte Frau versorgt. Einsatzwagen der Polizei rasten aus Soltau heran, später flogen auch Hubschrauber, einer brachte die Frau in ein Krankenhaus.
Im Haus entdeckten die Feuerwehrleute zwei leblose Personen, zudem waren Feuer wohl an mehreren Stellen im Haus gelegt worden. Schnell stellte sich heraus, dass das Ehepaar Kurt (70) und Annegret G. (69) Opfer eines Verbrechens geworden ist, ebenso die schwer verletzte 56-jährige Frau vor dem Haus, eine Freundin der Lehrerin. Die ganze Nacht über war die Einsatzstelle hell erleuchtet, drehten sich die Rundumleuchten der Rettungsfahrzeuge. Die Mordkommission Lohweg mit zunächst 14 Polizeibeamten nahm die Ermittlungsarbeit auf. An den Tagen darauf waren bis zu 25 Beamte vor Ort, um auch mit Spürhunden die Umgebung abzusuchen.
Später gab die Staatsanwaltschaft bekannt, dass das Ehepaar, beide pensionierte Lehrer, mit massiver Gewalteinwirkung auf Kopf und Körper getötet und die Freundin in Tötungsabsicht schwer verletzt worden war.
Gleich zu Beginn gab es einen Anfangsverdacht gegen eine Person, die sich im Laufe der Ermittlungen erhärtete. Am 13. August, einem Donnerstag, wurde dann ein Haftbefehl erlassen. Mutmaßlicher Täter: ein 20-Jähriger aus dem Ort, der dem Haftrichter vorgeführt wurde. Zudem gilt dieser als dringend tatverdächtig, das Wohnhaus der Getöteten in Brand gesetzt zu haben.
Zur Identität und Herkunft des Beschuldigten werden bis heute keine konkreten Angaben gemacht. Er habe sich nach Erkenntnissen der Mordkommission zeitweise im nachbarschaftlichen Umfeld der Opfer aufgehalten, hieß es. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg geht davon aus, dass er von den Getöteten, die in dem Umfeld als wohlhabend galten, Geld erpressen wollte, um eigene „finanzielle Probleme“ zu lösen. Im Zuge der Ermittlungen geht es zudem um den Brand eines gegenüberliegenden Mehrfamilienhauses im Juni, in dem die schwer verletzte Frau gewohnt hatte, bis ihr Zuhause durch das Feuer nicht mehr zu nutzen war.
20-Jähriger weiter in Untersuchungshaft
Der 20-jährige mutmaßliche Täter sitzt weiter in Untersuchungshaft. Grundsätzlich gelte zwar in Haftsachen stets das sogenannte Beschleunigungsgebot, so der für die Pressearbeit zuständige Staatsanwalt Jan-Christoph Hillmer. Eine absolute Höchstgrenze für die Dauer einer Untersuchungshaft sehe die Strafprozessordnung nicht vor. Insbesondere dann nicht, wenn es besondere Schwierigkeit oder einen besonderen Umfang bei den Ermittlungen oder einen anderen wichtigen Grund gibt, der das Urteil noch nicht zulasse und die Fortdauer der Haft rechtfertige.
Nach seinen Angaben wurde aber mittlerweile ein psychiatrisches Gutachten zu dem 20-Jährigen eingeholt. Zu dem Inhalt des Gutachtens aber erfolge derzeit keine Angabe, so Hillmer. Die Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen. Die Spurenauswertung dauere noch an, erkläre er. Konkrete Angaben zu Ermittlungsschritten machte er ebenfalls nicht.
Das Verfahren richte sich aber weiterhin ausschließlich gegen den inhaftierten 20-Jährigen. Die Mordkommission Lohweg wurde mittlerweile personell reduziert. Nach Angaben der Polizei in Soltau sind noch fünf Beamte mit den Ermittlungen betraut.