Arm-Reich-Schere als Problem erkannt

Kurz vor dem Start der Diskussion (von links): die Kandidaten Kathrin Otte (Die Linke), Dr. Michael Kopatz (Grüne), Lars Klingbeil (SPD), Carsten Büttinghaus (CDU), Alexander Künzle (FDP) und Volker Körlin (AfD). Foto: js

Kurz vor dem Start der Diskussion (von links): die Kandidaten Kathrin Otte (Die Linke), Dr. Michael Kopatz (Grüne), Lars Klingbeil (SPD), Carsten Büttinghaus (CDU), Alexander Künzle (FDP) und Volker Körlin (AfD). Foto: js

Beim Thema Mindestlohn reicht es Lars Klingbeil (SPD): „Man will in Berlin ja was erreichen, und wenn man bei jeder Position sagt, das sehe ich ganz anders als meine Partei, was will man dann später in Berlin umsetzen?“ Die Frage ist an seinen Mitbewerber Carsten Büttinghaus (CDU) gerichtet, der in seinem vorangegangenen Redebeitrag zum Mindestlohn damit einsteigt, persönlich eine andere Position als seine Partei zu haben, wie vorher auch schon beim Thema Abschaffung des Solidaritätszuschlags.

Auf die Kritik Klingbeils liefern sich die beiden Kandidaten ein kurzes Wortgefecht. Büttinghaus erwidert, dass Klingbeil ja selbst in der Frage der Bewaffnung von Drohnen eine andere Position habe als die SPD. Worauf Klingbeil betont, dass das der einzige Punkt sei, bei dem er anderer Meinung als seine Partei ist.

Bis auf diesen Wortwechsel verläuft die Podiumsdiskussion der Direktkandidaten für die Bundestagswahl für den Wahlkreis Rotenburg I - Heidekreis in ruhigeren Fahrwassern. Bei der Wahl am kommenden Sonntag geht es für die Kandidaten Kathrin Otte (Die Linke), Dr. Michael Kopatz (Bündnis90/Die Grünen), Klingbeil, Büttinghaus, Alexander Künzle (FDP) und Volker Körlin (AfD) um die Frage, wer den Wahlkreis im kommenden Bundestag mit einem Direktmandat vertreten wird. Am Dienstagabend stellten sich die Bewerber den Fragen von BZ-Redaktionsleiter Jörg Jung.

In der Podiumsdiskussion geht es unter anderem um Bildung, Steuern, die Zukunft der Arbeit und den Klimawandel. Großen Raum nimmt die Diskussion um die Steuerpolitik ein. Gefragt, ob er nicht eine Steuerflucht befürchte, wenn die SPD ihre Vermögenssteuer von einem Prozent einführt, antwortet Klingbeil, das mit dem eingenommenen Geld einerseits Investitionen in Digitalisierung, Infrastruktur und Klimaschutz finanziert werden sollen, andererseits aber auch das weitere Aufklaffen der Schere zwischen Arm und Reich gebremst werden soll. Außerdem würden Betriebsvermögen geschont, und es gebe durchaus die Bereitschaft von vermögenden Menschen, mehr zu zahlen, wenn sie sicher sein könnten, dass das Geld für wichtige Investitionen genutzt werde.

Große Ungleichheit bei der Vermögensverteilung

Er halte es für geboten, die Höchsteinkommen ab 150.000 Euro stärker zu besteuern, damit diejenigen, die normal verdienen, sich fairer behandelt fühlen, sagt Kopatz in der Diskussion um die Vermögenssteuer. Die unterstütze er und verweist wie Klingbeil auf eine große Ungleichheit bei der Vermögensverteilung im Land.

Einig ist sich auch der Vertreter der FDP mit Klingbeil, dass es Investitionen in verschiedenen Bereichen dringend brauche. Künzle glaubt aber, dass Privatleute und Wirtschaft besser wüssten, wo investiert werden kann und muss. Zum Beispiel, ob eine Solaranlage auf dem eigenen Hausdach sinnvoll ist oder nicht.

Um der Schere zwischen Arm und Reich entgegenzuwirken, wolle die Linke einen Mix aus verschiedenen Steuern nutzen, sagt Otte. Und so eine Umschichtung von unten nach oben bewirken. Auch ihre Partei wolle dem Mittelstand auf keinen Fall schaden, sagt Otte und verweist auf den geplanten Steuerfreibetrag von 14.400 Euro, der allen zugutekommen würde.

Körlin spricht sich dafür aus, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen. Er sei zu einem bestimmten Zweck eingeführt worden, und wenn der erfüllt sei, müsse er abgeschafft werden. Nur einen Teil der Bevölkerung zahlen zu lassen, gebiete sich bei einer Steuer außerdem nicht: „Wenn, dann ist eine Steuer für alle da.“

Während in der Runde weitgehend Einigkeit darüber herrscht, dass die großen Unterschiede bei der Vermögensverteilung ein Problem sind, ist man sich nicht darüber einig, wie die Finanzierung der Ideen der jeweils anderen funktionieren soll.

Klingbeil verweist dabei auf eine Studie des Zentrums für europäische Wirtschaftsförderung, wonach die Pläne von CDU und FDP riesige Lücken in den Haushalt rissen, unter anderem wegen der Abschaffung des Solidaritätszuschlags für Topverdiener. Dabei brauche man dringend Zukunftsinvestitionen: „Das finde ich nicht seriös, da muss man auch sagen, an welcher Stelle eine Belastung kommt, an welcher Stelle eingespart wird.“

 
 
WahlenJanika Schönbach