Sinkt die Kampfkraft der Truppe mit ihrem Ansehen?
Ministerin rechtfertigt Durchsuchungen von Offiziersstuben im Ausbildungszentrum Munster
VON BERNHARD KNAPSTEIN
Munster. Ursula von der Leyen besuchte am gestrigen Donnerstag zum ersten Mal das Ausbildungszentrum Munster. Aber nicht ihr erster Besuch des Standorts, wie die Verteidigungsministerin lächelnd betonte. Grund des Besuchs: die Aufstellung des Testverbands Digitalisierung in Munster sowie des 6. Panzerbataillons im baden-württembergischen Hardheim mit 500 Dienstposten und einem Investitionsvolumen in den Standort von 20 Milllionen Euro.
Im Rahmen einer Geräte- und Waffenschau ließ sich die Chefin der Streitkräfte den koordinierten Einsatz von Waffensystemen und Großgeräten wie Leopard 2, Schützenpanzer Puma und dem Transporter Boxer vorführen. Von der Leyen würdigte anschließend das Ausbildungszentrum, dass mit rund 200 Lehrgängen die Panzertruppe ausbilde – und ging vor allem auf die Aufrüstung der Truppe und die damit verbundenen Investitionen am Standort ein. „In den kommenden Jahren bekommt das Heer über 100 neue Kampfpanzer, weitere 100 werden auf den neuesten Stand gebracht.“ Auch die langersehnten Nachtsichtbrillen stünden „endlich, endlich“ vor der Auslieferung.
Unbürokratisch die Digitalisierung prüfen Allein in den Standort Munster würden 300 Millionen Euro in neue Wirtschaftsgebäude, Unterkünfte und Betreuungseinrichtungen investiert. Der gestern aufgestellte neue Testverband solle „schnell, unbürokratisch und innovativ“ die Digitalisierung der landbasierten Operationen testen, um so die digitalen Inseln zu verknüpfen und an Operationen beteiligten Truppenverbänden ein einheitliches Lagebild zu liefern.
Die Digitalisierung der Truppe sei das Megathema der Zukunft. „Wir werden in den kommenden Jahren über 4 Milliarden Euro investieren“, kündigte von der Leyen an. Die Aufrüstung steht im Zusammenhang mit der Übernahme der sogenannten Nato-Speerspitze für 2019 und 2023 durch die Bundeswehr. Die Speerspitze ist eine im Verteidigungsfall besonders schnell einsatzbereite Eingreiftruppe des Bündnisses. 2023 solle die schnelle Eingreiftruppe „aus eigener Kraft aufgestellt“ sein und durchgehend digital führen können.
Auf Nachfrage der Böhme-Zeitung verteidigte die Ministerin die Durchsuchungen von Offiziersräumen im Zusammenhang mit dem als rechtsextrem verdächtigten Offizier Franco A. – die BZ hatte dazu den Brief eines Oberleutnants veröffentlicht, der die heimlichen Durchsuchungen der Offiziersstuben vom 8. Mai 2017 als „Hexenjagd“ geißelte und von einem Klima der Angst in der Truppe sprach (BZ vom 18. Mai 2017). „Diejenigen, die den Boden des Grundgesetzes verlassen, schaden der Truppe schwer, weil sie die Kampfkraft und die Moral der Truppe unterminieren, weil sie ihr Ansehen mindern“, verteidigte die Ministerin die gegen ganze Lehrgänge gerichtete Aktion. Der zuerst in der BZ veröffentlichte Brief hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt.