Wo Politik noch Spaß macht
Die Wahlperiode für den Schneverdinger Stadtrat läuft aus. Zeit, dass die von den Bürgerinnen und Bürgern gewählten Parteien, aber auch die Stadtverwaltung, die auf die politischen Entscheidungen im Stadtrat und den Ausschüssen angewiesen ist, Bilanz ziehen. „Grundsätzlich ist festzustellen, dass die Zusammenarbeit mit den Fraktionen und Gruppen vertrauensvoll und von gegenseitigem Respekt geprägt ist“, bestätigt Erster Stadtrat Mark Söhnholz, Die Verwaltung bemühe sich, Projekte „mit möglichst langem Vorlauf in die politische Entscheidungsfindung einzubringen, um die Diskussion aller Aspekte zu ermöglichen", erläutert Söhnholz. So seien beispielsweise der Ausbau der Kitas und der Bau neuer Feuerwehrhäuser zum Teil bereits viele Jahre vor den finalen Entscheidungen eingebracht worden. Vom Verfahren her habe „es sich auch sehr bewährt, dass sich der Verwaltungsausschuss, die Verwaltungsspitze und die Leitung der Stadtwerke in einem zweijährigen Rhythmus zu Klausurwochenenden treffen und jeweils die anstehenden Projekte besprechen und miteinander abstimmen“.
Positiv bewertet die Stadtverwaltung auch die gelungenen schnellen Entscheidungen im Zuge der Pandemie. Der Rat habe „mit einem sehr geringen Vorlauf die benötigten Mittel zur Umsetzung des Digitalpakts bereits mit dem Haushalt 2021 zur Verfügung gestellt, und der Digitalpakt ist jetzt zum Schuljahresbeginn 2021/2022 umgesetzt“, so der Erste Stadtrat zur guten Zusammenarbeit. Einen Makel in der Zusammenarbeit mag Söhnholz nicht finden.
So gut die Bilanz für die Stadtverwaltung ausfällt, die Parteien sind mit konkreten Zielen 2016 in den Kommunalwahlkampf gezogen. Was konnten sie davon umsetzen, von welchen Projekten mussten sie sich verabschieden? Die Böhme-Zeitung hat die im Rat vertretenen Parteien dazu befragt. Keine Stellungnahmen gab es von der FDP und der inzwischen im Rat nicht mehr vertretenen AfD.
SPD und Finanzen: Klischees treffen nicht immer zu
„Es heißt ja immer, die SPD könne nicht mit Geld umgehen, aber unser erstes Ziel war von Anfang an der ausgeglichene Haushalt“, verweist Rolf Weinreich für die Sozialdemokraten gleich eingangs auf ein bekanntes Klischee seiner Partei. „2016 lagen die Prokopfschulden der Stadt bei 149 Euro, 2020 bei 142 Euro.“
Für den Bereich Erziehung und Bildung habe man die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Bildungseinrichtungen weiterentwickeln wollen. „Wir haben den Grundschulbeirat und einen zusätzlichen Fördertopf ins Leben gerufen – das hat in der Corona-Krise sehr geholfen“, sieht Weinreich an diesem Punkt einen weiteren Erfolg. Weinreich zählt als gesetzte Ziele vor allem Vieles auf, wo man Förderung und Zuschüsse nicht zurückfahren wollte, darunter Sport, Soziales und Kultur. Es habe auch Punkte gegeben, mit denen man in den Wahlkampf gegangen sei, wo aber die Umsetzung von außen gekommen sei, wie die personelle Aufstockung der Polizei in Schneverdingen, deren Station in der Verdener Straße inzwischen durchgängig besetzt ist, sowie der Ausweitung der Heidebahnverbindung bis Harburg.
Verabschiedet hat sich die SPD von ihrer Idee eines Kreisverkehrs an der Hauptkreuzung Harburger Straße/Schulstraße. „Die Verwaltung hat uns klargemacht, dass das nicht funktioniert“, so Weinreich. Was den Sprecher der Mehrheitsgruppe SPD/Grüne wurmt, ist die Nichtumsetzung der Umgestaltung des Sportzentrums. Die Verkehrsführung sei dort bei hohem Betrieb nicht ungefährlich, das Sportzentrum im Eingangsbereich als solches kaum erkennbar und der Abriss und Neubau des Umkleidekabinenbereichs sinnvoll. Man sei sich aber mit den Grünen in der Mehrheitsgruppe nicht einig geworden.
Insgesamt habe man in der Mehrheitsgruppe 48 Punkte erarbeitet, davon seien 18 erledigt, also abgearbeitet, 25 in Arbeit, „das heißt, es läuft“, und nur 5 Punkte seien offen geblieben.
Die Grünen haben sich insbesondere den Umweltschutz auf die Fahnen geschrieben. Man habe dafür gesorgt, dass „einige alte, schöne große Bäume im neuen Baugebiet Kuhlstücken/Beekenrahde trotz vehementen Widerstands der anderen Parteien stehen bleiben konnten“, sieht Carsten Gevers für seine Partei Erfolgspunkte. „Auf unsere wiederkehrenden Forderungen hin wurden an verschiedenen Orten Blühstreifen eingerichtet.“ Nicht umgesetzt sei leider das elektronische Kataster für Stadtbäume, „weil es offenbar problematisch ist, dies in die vorhandene Verwaltungssoftware zu integrieren“.
Wichtig sei den Grünen auch die Sanierung bestehender Radwege und das Einstellen eines höheren Budgets in den Haushalt für den Bau neuer Radwege gewesen. „Dazu konnten wir die anderen Parteien leider nicht bewegen“, so Gevers. Kritisch sehen die Grünen zudem den barrierefreien Umbau der Straßen, soweit „Rollstuhlfahrer oder Gehwagen-Nutzer die benutzen müssen, weil Autos den Gehweg zuparken“. Es sei „nicht gelungen, dies durch bauliche Maßnahmen zu verhindern, weil der Stadtrat das mehrheitlich anders sieht“. Im Bildungsbereich sehen sich die Grünen dafür bei der Verbesserung der digitalen Ausstattung und der sozialen Angebote an Schulen am „grünen Ziel“.
Für die CDU war die Sicherheit in der Stadt im Wege der durchgehenden Besetzung der Polizeistation ein zentraler Punkt. „Jetzt brennen die Lichter der Station auch nachts“, freut sich CDU-Stadtrat und Polizeibeamter Christian Quoos. 2016 war seine Partei auch mit dem Ziel nach bezahlbarem Wohnraum angetreten. „Wir wollen keinen sozialen Wohnungsbau, denn dafür bekommt man keine Investoren, das ist auch nicht Aufgabe der Kommune“, findet Dr. Karl-Ludwig von Danwitz. Der Wohnraum in Schneverdingen nehme zwar auch zu, aber bezahlbar seien mit sechs bis sieben Euro je Quadratmeter eher die kleinen Häuser hinter der Bahn als die Neubauten mit rund zwölf Euro.
Wichtig sei der Union auch die Entwicklung von Baugebieten in den Ortschaften. „Die Dörfer haben es schwer gegenüber der Kernstadt“, sieht Karin Meyer da weiterhin Unterstützungsbedarf.
Auch wenn die Union mit der Alten Schlachterei ursprünglich anderes vorhatte, nämlich eine Markthalle für regionale landwirtschaftliche Produkte, zeigt sie sich mit der veränderten Situation und dem geplanten Projekt eines soziokulturellen Zentrums zufrieden. „Wenn auch nicht mit der Finanzierung der Mehrkosten. Da muss der Kulturverein noch liefern.“
Wichtig war der CDU auch die Zukunft des Schützenhauses Heber. „Das war im Rat ein zäher Prozess“, blickt Quoos auf das Erreichte zurück. Auch bei der Entwicklung der Feuerwehrhäuser drängele die CDU etwas mehr als die Kollegen im Rat, findet von Danwitz.
Reibungspunkt im Rat sei das Thema Hausaufgabenbetreuung im Sinne des pädagogischen Mittagstischs gewesen. „Es geht um 30.000 bis 40.000 Euro, da haben wir uns mehr Unterstützung gewünscht“, so von Danwitz, der ansonsten die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung und innerhalb des Rates lobt. Doch auch die Union hat Ziele, die sie als nicht erreicht ansieht. So hat sich die Partei für mehr Wohnmobilstellplätze stark gemacht.
Die Schneverdinger Wählergemeinschaft hatte sich erfolgreich für eine Erhöhung des Etats für Schulsozialarbeit und für eine neue Rutsche im Quellenbad stark gemacht, scheiterte aber mit ihrem Anliegen, fünf Ahorn-Bäume beim Aldi-Supermarkt zu erhalten. Beim Austausch abgängiger Bänke war und ist die SWG hartnäckig – allerdings im Einklang mit den anderen Parteien und der Stadtverwaltung.
Die FDP hat die Anfrage der BZ nicht beantwortet, und die AfD ist im Stadtrat nicht mehr vertreten. Auch Außenstehende blicken durchaus respektvoll auf die Heideblütenstadt und das Zusammenspiel zwischen den Fraktionen und der Stadtverwaltung. „Das liegt auch an der Bürgermeisterin, die Zusammenführung der Kräfte ist einfach wichtig“, bestätigt von Danwitz, was in Schneverdingen selbst schon viele Men- schen anerkennend geäußert haben. „Im Moment“, so von Danwitz, der für seine Partei auch im Landtag sitzt, „macht Kommunalpolitik richtig Spaß.“