Contra Frauenquoten
Unser Gastautor Dieter Rickert ist Personalberater und vermittelt Topmanager. Er ist Gründungsmitglied des Fördervereins der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Der Text ist die gekürzte und veränderte Fassung eines Gastbeitrags in der FAS vom 13.12.2020, nachzulesen auf www.rickert-online.de.
Den Frauenanteil in den Führungsetagen der Wirtschaft durch Quoten anzuheben heißt, das Pferd von hinten aufzuzäumen. Statt nach den Ursachen des niedrigen Frauenanteils zu fragen, wird suggeriert: Es gibt genügend ausreichend qualifizierte Bewerberinnen, die Unternehmen müssen nur gezwungen werden, diese einzustellen. Aber das ist reines Wunschdenken. Aus 40-jähriger Erfahrung als Personalberater weiß ich: Den Unternehmen ist das Geschlecht völlig gleichgültig, sie stellen – wenn man sie lässt – die fachlich am besten geeignete Person ein. Alles andere würde ihren wirtschaftlichen Interessen widersprechen.
Daraus folgt: Wenn es genügend ausreichend qualifizierte Frauen gibt, werden sie auch gefunden und eingestellt. Bislang gibt es sie aber noch nicht in ausreichender Zahl – auch wenn Aktivistinnen das Gegenteil behaupten und Medien einen falschen Eindruck vermitteln, indem sie ständig einzelne erfolgreiche Managerinnen als „Powerfrauen“ präsentieren. Tatsächlich sind im Durchschnitt aller Branchen nur 20 Prozent der Hochschulabsolventen mit dem Karriereziel Management weiblich. Das liegt daran, dass die für einen solchen Karriereweg notwendigen Studienfächer seltener von Frauen als von Männern studiert werden. Und von diesen wenigen Frauen wiederum allenfalls 20 Prozent bereit sind, die persönlichen Anforderungen einer Top-Karriere in Kauf zu nehmen.
Feste Quoten führen bei dieser Marktlage zu seltsamen Ergebnissen. Stellen wir uns ein erfolgreiches Unternehmen mit zufriedenen Aktionären vor, dessen Vorstand männlich besetzt ist. Sobald einer aus dem Vorstandsteam ausscheidet, muss die nun vakante Stelle im Falle der Neubesetzung von einer Frau bekleidet werden. Also wird ein Headhunter beauftragt, eine fachlich qualifizierte Kandidatin mit einschlägiger Berufserfahrung zu finden. Doch der zu kleine Bewerberinnenmarkt ist leer gefegt. Die Quote zwingt ja auch alle anderen Unternehmen, weibliches Personal zu rekrutieren. Statt einer Frau findet der Headhunter einen ausgezeichnet zur Position passenden Mann. Und nun?
Der Aufsichtsrat wird den Mann bestellen, weil nur das dem wirtschaftlichen Wohl der Firma dient. Um nicht gegen die Frauenquote zu verstoßen, wird zugleich eine zusätzliche Vorstandsposition geschaffen und mit einer Frau besetzt. Diese Stelle ist für den Unternehmenserfolg unerheblich und verursacht eigentlich nur Kosten. Aber nur durch sie wird verhindert, dass eine entscheidende Führungsposition mit einer für diese Aufgabe nicht ausreichend qualifizierten Frau besetzt werden muss.
Frauenquote macht alle Frauen zu „Quotenfrauen"
Die Quotenregelung führt auf diesem Weg tatsächlich zu mehr weiblich besetzen Vorstandspositionen. Aber dieser „Erfolg“ diskriminiert alle Vorstandsfrauen als „Quotenfrauen“ – auch diejenigen, die aufgrund ihrer Qualifikation gar keine Quote nötig haben. Für das Unternehmen springt kein Mehrwert raus. Gemischte Teams sind nämlich nicht automatisch erfolgreicher. Das zeigt der Vergleich internationaler Handelsbilanzen. Dort stehen deutsche Unternehmen trotz geringerer Frauenanteile besser da als schwedische oder französische.
Die Quote ist ein Irrweg. Um ihn zu verlassen, bedarf es eines Kulturwandels. Nur wenn es gelingt, bereits Schulkindern unabhängig vom Geschlecht Freude an Wirtschaft und Technik zu vermitteln, werden sich als Folge mehr junge Frauen nach dem Abitur für ein unternehmensrelevantes Studium entscheiden – und später einmal ganz selbstverständlich in größerer Zahl Vorstandsposten besetzen.