Pro Frauenquoten

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Unsere Gastautorin Dr. phil. Elke Wiechmann ist Akademische Oberrätin am Lehrstuhl Politik und Verwaltung der Fernuniversität Hagen und Lehrbeauftragte der Bergischen Universität Wuppertal. Zu ihren Arbeitsschwerpunkten gehören Partizipation, Gender und Gleichstellung.

Frauen stellen mehr als die Hälfte und sollten schon deshalb anteilsmäßig an den richtungsweisenden Entscheidungen beteiligt sein, die unsere Gesellschaft lenken. Andernfalls lenkt die Politik einäugig. Unser Grundgesetz sagt im Art. 3 Abs. 2: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Das heißt, der Staat steht in der Verantwortung.

Faktisch auf allen politischen Ebenen unterrepräsentiert

Faktisch sind Frauen in der Politik auf allen politischen Ebene unterrepräsentiert. Seit mehr als 20 Jahren beträgt der Frauenanteil gleichbleibend 25 bis 30 Prozent. Mit einer automatischen Steigerung ist offenbar nicht zu rechnen. Das liegt auch an den Parteien: Während die Grünen, die Linke und auch die SPD ihre freiwilligen Quoten oft einhalten, verfehlt vor allem die CDU ihr eigenes Quorum von 33 Prozent regelmäßig. So sind im Bundestag nur 20 Prozent Frauen aus den Unionsparteien vertreten. Die Unionsparteien stellen aber die mit Abstand meisten Abgeordneten.

Um hier ein deutliches Zeichen zu setzen haben die Landtage von Brandenburg und Thüringen Paritätsgesetze beschlossen, wonach Frauen zur Hälfte auf den Wahllisten vertreten sein sollten. Beide Gesetze sind vom jeweiligen Landesverfassungsgericht kassiert worden. Ganz klar scheint die juristische Einschätzung allerdings nicht zu sein. So gaben in Thüringen drei der insgesamt neun Verfassungsrichter ein Minderheitenvotum zugunsten des Paritätsgesetzes ab, darunter die beiden einzigen Verfassungsrichterinnen. Das heißt, das Verfassungsgericht hat kein einheitliches Urteil gefällt. Letztlich ist es allerdings eine politische Entscheidung, ob gleichberechtigte politische Teilhabe der Geschlechter ein Ziel ist. Diese Entscheidung kann der Gesetzgeber nicht an die Gerichte delegieren.

Frauen selbst stehen einer Frauenquote z. T. skeptisch gegenüber. Politikerinnen fühlen sich zum Beispiel dadurch in ihren Kompetenzen entwertet, was auch mit einer Begriffsentwertung im Zeitverlauf zu tun hat. Dazu trägt bei, dass in Diskussionen um eine Quote vor allem von der männlichen politischen Elite immer wieder die Kritik angeführt wird, es müsse zuvorderst um die Qualifikation und nicht um das Geschlecht gehen. Damit wird implizit vermittelt, dass unqualifizierte Frauen über eine Quote in ein Mandat kommen sollen. Über unqualifizierte Männer (in einem Mandat) wird nicht diskutiert. Quotenbefürworter_innen gehen dagegen davon aus, dass natürlich die Qualifikation im Vordergrund stehen muss, sie gehen aber gleichzeitig davon aus, dass es genügend qualifizierte Frauen gibt.

Schließlich gibt es in vielen gesellschaftlichen Bereichen paritätische oder Proporz-Verfahren, also Quoten, auch in der Politik. Hier gilt beispielsweise der Regionalproporz, der für den politischen Frieden sorgen soll, sodass sich jede Region politisch vertreten sieht. Auf kommunaler Ebene gibt es den Kinder- und Jugendhilfeausschuss (KJHG) nach dem Sozialgesetzbuch. Er ist der einzige politische Ausschuss, in dem neben politischen Mandatsträger_innen auch Verbändevertretungen (zu 2/5-teln) vertreten sind, die also kein politisches Mandat haben, sondern lediglich durch ihre berufliche Position am politischen Verhandlungstisch sitzen. Auch die Wirtschaft kennt Parität: So müssen nach dem Mitbestimmungsgesetz in Aufsichtsräten sowohl die Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmerseite vertreten sein (zu einem Drittel). Das heißt, die Quote gibt es bereits in unterschiedlichen gesellschaftspolitischen Bereichen und niemand würde ihre Notwendigkeit oder Sinnhaftigkeit anzweifeln. Andere Länder haben längst Paritätsgesetze für die gleiche politische Teilhabe von Frauen, zum Beispiel in Frankreich – und es funktioniert.

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