Finanzen und Steuern: Die Kandidaten beziehen Stellung

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Fragen an Lars Klingbeil (SPD)

Sollte die Schuldenbremse ausgesetzt werden?

Wir haben in den letz- ten Monaten massiv in Unternehmen und Arbeitsplätze investiert, Familien unterstützt. Staatliche Gelder sind in das Ehrenamt, in das Gesundheitssystem und in Impfzentren geflossen. Durch das Kurzarbeitergeld haben wir Tausende Jobs in diesem Land gesichert. Das war alles richtig und hat uns bis heute besser durch die Krise gebracht, als andere Länder. Die Schuldenbremse kann dafür ausgesetzt werden, ein solcher Krisenmechanismus ist vorgesehen. Aber 2023 sollte sie wieder gelten, wenn wir aus der Krise rausgewachsen sind.

Es geht um 100 Milliarden Euro zusätzlicher Kredite. Bundesbank-Chef Weidmann hat sich gegen eine Aussetzung ausgesprochen und auf 67 Milliarden Euro allein an nicht ausgegebenen Haushaltsmitteln verwiesen.

Wir haben die Schuldenbremse ausgesetzt. Die sieht explizit vor, dass in Krisenzeiten auch mehr investiert werden kann. Wir verstoßen ja nicht gegen die aktuelle Regel. Bundesfinanzminister Scholz hat ganz klar gesagt, ab 2023 greift sie wieder.

Welche Ziele streben Sie über welchen konkreten Maßnahmen zu diesem Themenkomplex in den kommenden vier Jahren an?

Meine Grundhaltung bei der Finanzpolitik ist klar: Wir brauchen einen handlungsfähigen Staat, der in die Zukunft investiert. Das heißt für mich gute Arbeitsplätze schaffen, klimaneutrales Wachstum ermöglichen und gesellschaftlichen Zusammenhalt organisieren und stärker in Bildung und einen guten Sozialstaat investieren. Das alles hat auch diese Krise gezeigt: Es darf kein individuelles Glück sein, ob ich das Geld habe, um meinen Kindern Geräte für das Home-Schooling zu kaufen oder ob ich Zugang zu einem guten Gesundheitssystem habe. Wir haben in den letzten Jahren gesehen, wie der Bund an vielen Stellen in die Zukunft unserer Region investiert: Die Stadtbücherei in Munster wird saniert, die Feuerwehr in Bispingen hat ein neues Fahrzeug bekommen, unser Bundeswehrstandort wurde gestärkt und der Bund hat das Heidekreis-Klinikum unterstützt. Das geht nur, wenn wir einen handlungsfähigen Staat haben, der in Arbeitsplätze, in klimaneutrales Wachstum und gesellschaftlichen Zusammenhalt investiert.

Welche Ziele streben Sie über welche konkreten Maßnahmen zu die- sem Themenkomplex mittelfristig, also in den kommenden zehn Jahren an?

Als Generalsekretär der SPD habe ich maßgeblich am Zukunftsprogramm für die 20er-Jahre mitgearbeitet. Darin haben wir unsere Zukunftspläne konkret aufgeschrieben. In der Finanzpolitik wollen wir Sozialdemokraten mehr Gerechtigkeit und eine Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen. Dafür werden wir die Einkommenssteuer reformieren und 95 Prozent der Menschen bei ihren Einkommen entlasten, Steuerhinterziehung, Steuervermeidung und Betrug verhindern und bekämpfen.

Bei Steuervermeidung geht es auch um Steueroasen.

Ja, auf internationaler Ebene hat Olaf Scholz den Grundstein dafür gelegt, dass es eine weltweite Mindestbesteuerung von global tätigen Unternehmen geben wird. Auf Scholz‘ Initiative hin haben die größten Industrieländer nun eine Mindeststeuer für Konzerne beschlossen. Nicht wenige halten das für historisch. Denn dann würden endlich Google, Amazon und Co. gerecht besteuert werden und ihren fairen Anteil an der Gemeinschaft leisten.

Die von Ihnen angestrebte Wiederbelebung der Vermögenssteuer ist extrem bürokratieaufwendig, destabilisiert Unternehmen, die in einer Verlustphase stecken, und motiviert Firmen im Zweifel zur Abwanderung, für Voll-Sozialisten ist sie hingegen ein echter Hingucker. Wie wollen Sie hier den Vorwurf einer populistischen Politik entkräften?

Es gibt mittlerweile Initiativen von Millionärinnen und Millionären in Deutschland, die mehr Steuern bezahlen wollen, weil sie den Wert eines funktionierenden Zusammenhalts erkennen. Auch wenn die rechtsextreme AfD mittlerweile im Bundestag sitzt, ist unsere Gesellschaft nicht so gespalten, wie in anderen Ländern. Ein handlungsfähiger Staat trägt dazu bei, die Gemeinschaft zusammenzuhalten. Wenn die US-Regierung unter Biden und auch die Konservativen in Großbritannien die Spitzenverdiener stärker in die Verantwortung ziehen, darf das hier kein Tabu-Thema sein. Gleichzeitig ist bei der Vermögensteuer klar: Sie darf keine Jobs gefährden und muss so ausgestaltet sein, dass nur sehr hohe Vermögen betroffen sind.

Bei der Reichensteuer ist es ähnlich: Ein hoher fiskalischer Aufwand für gerade einmal 0,6 Milliarden Euro. Alles reine Symbolpolitik für Wirtschaftsfeindlichkeit?

Die SPD hat gerade in der Krise gezeigt, dass sie starke Unternehmen will. 600 Millionen halte ich nicht für Symbolpolitik. Die Berechnungen des Leibniz-Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung haben gerade gezeigt, dass die SPD ein durchdachtes Finanzkonzept hat, das die unteren und mittleren Einkommen entlastet und Zukunftsinvestitionen ermöglicht.

Haben Sie ein Konzept für die langfristige Schuldenreduktion?

Das ist eine Mischung aus Wirtschaftswachstum und Investitionen. Die Investitionen selbst sind notwendig, um daraus Wachstum generieren zu können. Der Bundeshaushalt enthält dann die mittelfristige Finanzplanung, zu der der konkrete Schuldenabbau gehört. Interview: bk

Fragen an Carsten Büttinghaus (CDU)

Die Schuldenbremse ist derzeit setzt. Muss sie endgültig abgeschafft oder reformiert werden?

Sie sollte schnell wieder in Kraft treten, und zwar genau in der Form wie vor Corona.

Wann? Sobald es die Lage zulässt.

Die CDU verspricht, den Bundeshaushalt nach Corona ohne Steuererhöhungen zu sanieren. Ist das seriös? Bei der deutschen Einheit gab es schon einmal so ein Versprechen.

Was versprochen wird, sollte gehalten werden. In einer hochdynamischen Zeit können sich jedoch nach drei, vier Jah- ren schon wieder ganz neue Betrachtungsweisen ergeben. Das heißt, ein Versprechen kann schon innerhalb einer Legislatur hinfällig werden. Deshalb bin ich mit Versprechen vorsichtig. Ich halte es aber ernsthaft für möglich, mit vernünftiger Politik den Haushalt in der Zeit nach Corona ohne Steuererhöhungen zu sanieren. Weil ich an marktwirtschaftliche Prinzipien glaube und an eine Wirtschaft, welche sich entfaltet, wenn man sie lässt. Es kommt nun auf uns Politiker an, einen starken Impuls in die Zeit nach Corona zu senden. Vor Corona haben das alle Parteien ein bisschen verpennt, auch die CDU. Wir haben uns zu lange auf unseren hohen Industriestandard ausgeruht. Jetzt kommt die Zeit für Entbürokratisierung, Digitalisierung in Lichtgeschwindigkeit und einen neuen Innovationsgeist. In den vergangenen Jahrzehnten haben wir über alles gesprochen, was nicht geht. Jetzt gilt es Lösungen zu finden und positiv zu denken.

Sie wollen sogar Abgaben senken, jedenfalls für Besserverdiener. Passt die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags in die Zeit?

Es war überhaupt nicht geplant, dass der Soli so lange Bestand haben soll. Er hatte eine temporäre Funktion. Man kann überlegen, wie lange man ihn braucht. Aber wenn man ihn abschafft, dann ganz oder gar nicht. Ich bin auch gegen eine Reichensteuer. Allein die Wortwahl erhebt schon immer so einen Gerechtigkeitsanspruch für sich. Aber wenn ich mit einem Unternehmer spreche, der 80 Leute beschäftigt, dann ist das vor allem ein Mensch, der große Verantwortung trägt. Ich wehre mich dagegen, dass Mittelständler, die das Land gut durch die Finanzkrise gebracht haben und es jetzt durch die Coronakrise bringen, einfach nur als Besserverdiener hingestellt werden. Für mich sind das immer noch Leistungsträger, die hier in unserer Heimat und nicht irgendwo ihre Steuern zahlen, die im Wahlkreis Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigen. Und was glauben Sie denn, was die allermeisten von denen mit ihren Geld machen? Die verbrennen das nicht unter lautem Gelächter im Garten. Die re-investieren in ihre Unternehmen, tragen Risiko und Verantwortung.

Trotzdem noch mal eine Frage zu den Reichen, auch wenn Sie dieses Wort nicht mögen. Berechnungen zufolge profitiert vom CDU-Wahlprogramm genau dieser Personenkreis. Von einer Umsetzung der Programme von SPD und Linken würde dagegen die ärmere Hälfte der Bevölkerung profitieren. Sehen Sie die Schieflage?

Nein. Die CDU hat ein gutes Wahlprogramm vorgelegt, das kleine und mittlere Einkommen entlastet und Familien stärkt. Ich hätte sonst als Polizeibeamter in der Besoldungsgruppe A 10 guten Grund zu sagen: Geht den Reichen an den Kragen! Ich gehöre ja eben nicht dazu, ich bin ein ganz normaler Mensch.

Der Millionär Friedrich Merz zählt sich selbst auch noch zur oberen Mittelschicht...

Mir ist völlig egal, wer sich welcher Schicht zurechnet. Ich möchte, dass man in Deutschland auch mit einem geringen Einkommen vernünftig leben kann. Dass man seine Miete zahlen kann und sein Auskommen hat. Das ist mir wichtig. Was nach oben hin möglich ist, sollte dem Markt und der Leistungsbereitschaft jedes Einzelnen überlassen bleiben. Wenn ein Typ wie Amazon-Gründer Jeff Bezos in seiner Garage einen Online-Buchhandel startet und zum erfolgreichsten Unternehmer der Welt wird – bitte schön. Ich habe davor Respekt. Alles andere ist Neid. In einem sozialistischen Land wäre er vielleicht enteignet worden. Ich kann mit dem Gerede von den Reichen nichts anfangen. Die meisten Unternehmer mit guten Einkünften, die ich in der Region kenne, sind ihren Betrieben verpflichtet, stark engagiert und unterstützen oft soziale Projekte.

Wie stehen Sie zur Schuldenaufnahme der EU im Umfang von 750 Milliarden Euro zur Finanzierung des Corona-Aufbaufonds? Gemeinsame EU-Schulden waren immer ein Tabu für die Union.

Stimmt. Ich finde es trotzdem in Ordnung, in einer Krisensituation zu reagieren, auch wenn das mit gemeinsamen Schulden verbunden ist. Im Verteidigungsfall zum Beispiel, oder eben in einer so großen globalen Krise wie der Corona-Pandemie. Es muss aber die absolute Ausnahme bleiben, und die Schulden müssen so schnell wie möglich getilgt werden. Ich kann nur davor warnen, Ausnahmesituationen auszunutzen. Das wird nicht funktionieren.

Welche finanzpolitischen Maßnahmen würden Sie als Abgeordneter kurzfristig und perspektivisch unterstützen?

Bürokratieabbau in allen Bereichen. Wir müssten alle Gesetze und Verordnungen auf den Tisch legen und fragen, was noch zeitgemäß ist. Wir brauchen zügige Abläufe und Verfahren. Ich möchte die Steuererklärung per App. Früher hieß das „Bierdeckel“. Steuererhöhungen möchte ich verhindern, weil sie in einer Situation, in welcher wir eine Krise zu bewältigen haben, verheerend wären. Steuersenkungen halte ich aktuell aber nicht für umsetzbar. Und wir müssen die Wertschöpfung in unserer Heimat halten. Gehen die Betriebe, geht auch unser Wohlstand.

Ist die schwarze Null noch ein Thema?

Ein ausgeglichener Haushalt muss immer Zielmarke sein, gerade bei Steuergeld. Da gilt eine besondere Sorgfaltspflicht. So sehe ich das. Interview: ari

Fragen an Dr. Michael Kopatz (GRÜNE)

Sollte die Schuldenbremse ausgesetzt werden?

Ja. Wir haben einen riesigen Investitionsbedarf in die Digitalisierung, in den Klimaschutz und in die öffentliche Infrastruktur. Gleichzeitig zahlt der Staat so gut wie keine Zinsen. In dieser Situation den Fetisch der schwarzen Null vor sich herzutragen, wie das die CDU macht, ist wirtschaftspolitisch komplett falsch.

Welche Ziele und Maßnahmen streben Sie finanzpolitisch in den ersten vier Jahren an?

Für einen Großteil der Bürgerinnen und Bürger wollen wir eine Entlastung bei der Einkommenssteuer, denn wir wollen den Grundfreibetrag erhöhen – und das heißt vor allem für die Bezieherinnen und Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen mehr Netto auf dem Lohnzettel.

Wie wollen Sie das erreichen?

Dafür wollen wir den Spitzensteuersatz ab einem Jahreseinkommen von 100.000 Euro für Alleinstehende und 200.000 Euro für Paare moderat anheben. Außerdem streben wir eine Vermögenssteuer von ein Prozent für Vermögen oberhalb von zwei Millionen Euro an. Darüber hinaus wollen wir die Einnahmen aus der CO2-Steuer vollständig als Pro-Kopf-Energiegeld an die Bürgerinnen und Bürger zurückgeben. Dadurch entlasten wir Familien mit Kindern und natürlich diejenigen, die unterdurchschnittlich Energie verbrauchen. Weiterhin wollen wir die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge in eine Besteuerung nach dem individuellen Steuersatz umwandeln.

Nun gehört die Aktie aber inzwischen zum Spektrum der zusätzlichen Altersabsicherung.

Damit Kleinaktionäre nicht stärker belastet werden, sollen die aktuellen Freibeträge erhalten bleiben und Dividenden wollen wir komplett steuerfrei stellen, denn das sind Anteile an bereits versteuerten Unternehmensgewinnen.

Welche Ziele und Maßnahmen streben Sie mittelfristig und langfristig für grüne Finanzpolitik an? Die Steuern auf Arbeit müssen runter, die Steuern auf den Energieverbrauch stattdessen angehoben werden. Außerdem wollen wir die über 50 Milliarden Euro klimaschädlicher Subventionen abbauen. Die kann und muss man einsparen.

Ein Eckstein grüner Finanzpolitik ist die Vermögenssteuer und die pauschale Besteuerung von Unternehmen. Gefährden Sie mit der Vernichtung von Unternehmen und Jobs nicht die eigene Investitionsoffensive?

Wir wollen eine Vermögenssteuer für private Vermögen von mehr als zwei Millionen Euro einführen, die ein Prozent des Vermögens betragen soll. Für Betriebsvermögen sollen andere Regeln gelten. Unternehmen zahlen Steuern auf Gewinne. Auf Verluste werden keine Steuern bezahlt, und das wollen wir selbstverständlich auch nicht ändern. Die Melodie, dass mit Unternehmenssteuern Unternehmen und Jobs gefährdet würden, ist der ganz normale Lobbyisten-Singsang, den wir ja hinreichend kennen. Richtiger wird er durch ständige Wiederholung nicht.

Ein Großteil von fiskalisch zurzeit nicht erreichbaren Unternehmensvermögen sitzen in Internetgiganten wie Google, Facebook und anderen, die zum Teil von der EU-Steueroase Irland aus agieren. Wie wollen Sie da ran?

In der EU führen wir eine gemeinsame Bemessungsgrundlage für die Unternehmenssteuern und einen Mindeststeuersatz von mittelfristig 25 Prozent ohne Ausnahmen ein. Google, Facebook und Co. werden mit einer Digitalkonzernsteuer endlich angemessen besteuert. Eine Übergewinnsteuer für andere Sektoren werden wir prüfen. Banken und Steuerberater und Steuerberaterinnen verbieten wir, Geschäfte in Steuersümpfen zu tätigen oder dorthin zu vermitteln.

Sie geben in Ihrem Wahlprogramm bereits den finalen Hinweis, dass die Projekte Ihrer Investitionsoffensive zum Teil vielleicht gar nicht finanzierbar sind. Werben Sie fundamentalistisch um Stimmen?

Nein. Ich gehe nicht davon aus, dass wir nach der Bundestagswahl mit absoluter Mehrheit regieren werden. Wir werden also auf einen oder mehrere Koalitionspartner angewiesen sein, und da müssen wir schauen, was steuer- und haushaltspolitisch geht. Wenn unsere Finanzierungsvorschläge nicht vollständig durchsetzbar sind, ist folgerichtig auch das Investitionsprogramm nicht vollständig durchsetzbar.

Bei der Rente wollen Sie die Riesterrente in einen Bürgerfonds überführen. Glauben Sie dass Sie damit tatsächlich einen wesentlichen Erfolg gegen Altersarmut erzielen, oder geht es hierbei eher um den Zugriff des Staats auf den Topf für nachhaltige Investitionen?

Die vor 17 Jahren eingeführte Riester-Rente hat doch das Problem viel zu hoher Abschluss- und Verwaltungsgebühren. Aus heutiger Sicht war das ein gigantisches Förderprogramm für Versicherungskonzerne. Das Potenzial der umlagefinanzierten Rente wurde hingegen schlecht geredet und unterschätzt. Das erweist die schon lange währende Phase mit sehr niedrigen Zinsen. Ein öffentlich-rechtlicher Bürgerfonds kann mit viel geringeren Kosten und Gebühren wirtschaften als die Riester-Modelle der privaten Versicherungsunternehmen. Dass dadurch ein Topf entstehen soll, aus dem sich der Staat Geld leihen kann, ist doch absurd. Der Staat kann sich doch so gut wie zinslos Geld am Kapitalmarkt leihen.

Sie wollen diese 50 Milliarden allein in Nachhaltigkeitsinvestitionen packen und brauchen eine aktive Staatsschuldenpolitik. Wie führen Sie die Schulden zurück?

Wir müssen vor allem darauf achten, dass die Schulden nicht stärker wachsen als die Wirtschaft, so sehen das viele Ökonomen, wie etwa der Nobelpreisträger Paul Krugman. Die Rückführung der Staatsverschuldung funktioniert in der Regel so, dass die Wirtschaftsleistung stärker wächst als die Neuverschuldung. Dann sinkt der Anteil der Staatsschulden am Bruttoinlandsprodukt. Weil wir mit unseren Nachhaltigkeitsinvestitionen die Grundlage für eine weiter florierende Wirtschaft schaffen, tragen wir damit auch zur Senkung der Staatsverschuldung bei. Interview: bk

Fragen an Alexander Künzle (FDP)

Die Schuldenbremse ist ausgesetzt. Gehört sie nach der Pandemie abgeschafft oder reformiert? Oder gleicher Stand wie vorher?

Gleicher Stand wie vorher, denn die Schuldenbremse hat sich bewährt. Auch mit ihr kann man, wenn man das will, in einer Ausnahmesituation mehr Schulden machen und mehr Geld ausgeben. Aber außerhalb von Krisenzeiten sichert die Schuldenbremse Generationengerechtigkeit. Das Bundesverfassungsgericht hat uns ja ins Stammbuch geschrieben, dass wir nicht rücksichtslos Politik auf Kosten nachfolgender Generationen betreiben dürfen. Das Urteil bezog sich auf Klimapolitik, der Grundgedanke gilt aber auch für eine nachhaltige Finanzpolitik.

Blockiert die Schuldenbremse denn nicht die europäische Integration?

Die europäische Integration danach zu bemessen, ob Deutschland Eurobonds finanziert, ist mir zu einseitig. Wenn wir beim Projekt Europa nur auf Geld fixiert sind, können wir es auch sein lassen. Ich finde schon, dass man über die finanzielle Ausstattung der EU diskutieren muss. Aber Deutschland sollte dabei klarstellen, keine auf Schulden aufgebaute EU zu wollen.

Die FDP verspricht Steuerentlastungen. Laut Berechnungen würden dem Bundes- haushalt 60 Milliarden Euro fehlen, wenn das Programm umgesetzt würde. Gleichzeitig soll die Schuldenstandsquote zügig unter die 60-Prozent-Marke der Maastricht-Kriterien sinken. Das ist die Quadratur des Kreises.

Vielleicht ist die FDP die Partei, der dieses Kunststück gelingt. In Deutschland gibt es eine massige Steuerlast. Entlastungen würden die Wirtschaft entfesseln.

Und sich von selbst finanzieren? Genau. In den USA, wo die Steuerlast schon sehr gering ist, funktioniert das nicht mehr. Aber Deutschland hat die höchste Pro-Kopf-Last in Europa. Wir können durch Entlastung Wirtschaftswachstum generieren und so unsere Staatsschuldenquote senken.

Aber wenn der Plan nicht funktioniert, ist der Staatshaushalt ruiniert.

Wir sind sehr sicher, dass das funktioniert. Selbst wenn wir alles umsetzen, wären wir übrigens noch lange nicht bei dem, was maximal an Entlastung möglich wäre. Auf keinen Fall funktioniert, was SPD, Linke und Grüne wollen: Höhere Steuereinahmen durch das Abwürgen der Wirtschaft.

In der Coronakrise treten soziale Unterschiede wieder deutlicher hervor. Muss man den Reichen in dieser Lage unbedingt den Soli erlassen?

Ich halte den Solidaritätszuschlag in seiner jetzigen Form für verfassungswidrig. Davon abgesehen ist er aber auch politisch nicht mehr zu rechtfertigen. Er war gedacht als Sonderopfer für den Aufbau Ost. Dieser ist noch nicht abgeschlossen, aber inzwischen liegen nicht mehr alle am stärksten benachteiligten Regionen in Ostdeutschland. Nach über 30 Jahren sollte die Sonderabgabe endlich ganz abgeschafft werden. Eine Minderheit weiter zu belasten, empfinde ich auch schlicht als ungerecht.

Sie haben den Soli als Sonderopfer für den Aufbau Ost definiert. Auch die Bewältigung der Pandemiefolgen wird ein Kraftakt. Kommt ein dem Soli nachempfundener Corona-Zuschlag?

Wie gesagt, Deutschland hat eine sehr hohe Abgabenlast. Da darf man nichts mehr draufsatteln. Für eine Wirtschaft, die im 21. Jahrhundert funktioniert, brauchen wir eine Entlastung des Unternehmenskapitals. Also niedrigere Steuersätze.

Von Steuersenkungen profitieren in erster Linie Besserverdiener.

Dem widerspreche ich. Wenn man nur auf die absoluten Beträge schaut, mag das so aussehen. Aber für einen, der wenig verdient, sind 100 Euro mehr im Portemonnaie bedeutsamer als für einen Spitzenverdiener 1000 Euro mehr auf dem Konto.

Geringverdiener zahlen kaum direkte Steuern, sie würden eher von niedrigeren Sozialabgaben profitieren.

Auch die Sozialabgaben sind zu hoch, keine Frage. Wobei man ehrlicherweise sagen muss, dass eine Absenkung oft nur möglich sein wird, wenn man das mit Steuermitteln ausgleicht.

Aber das wollen Sie bestimmt nicht.

In Einzelfällen vielleicht schon.

Was sollte zeitnah finanzpolitisch umgesetzt werden?

Steuersenkungen, in jedem Fall die Soli-Abschaffung.

Und innerhalb von zehn Jahren?

Mittelfristig muss das Steuersystem deutlich vereinfacht werden.

Steuererklärung auf dem Bierdeckel à la Friedrich Merz?

Nicht auf dem Bierdeckel. Dafür gibt es heute digitale Helfer. In einfachen Fällen sollten Finanzämter vorausgefüllte Steuererklärungen verschicken. Der Steuerpflichtige schaut sich das an und entscheidet, ob er einverstanden ist. Vereinfachung heißt aber auch, Steuern abzuschaffen, die viel bürokratischen Aufwand und wenig Ertrag einbringen. Etwa die Kaffee- und die Sektsteuer oder auf kommunaler Ebene die Vergnügungssteuer.

Die Vergnügungssteuer ist allerdings auch eine Lenkungssteuer, mit ihr erschweren Kommunen die Ansiedlung von Spielhallen oder Bordellen.

Das lässt sich anders regeln, zum Beispiel in Bebauungsplänen. Wichtiger ist es, Kommunen finanziell so auszustatten, dass sie auf Einnahmequellen wie die Vergnügungssteuer nicht angewiesen sind. Sie sollten stärker an den Einnahmen durch die Mehrwertsteuer, vielleicht auch der Einkommenssteuer beteiligt werden.

Ihre perspektivisches Ziel nach 25 Jahren?

Bei der Steuer- und Abgabenlast müssen wir weg von der Spitze, am besten ins untere Mittelfeld. Und wir sollten in Deutschland nicht mehr die meisten und dicksten Steuergesetzgebungsbände der Welt haben. Ich will, das es in 25 Jahren normal ist, wenn jemand sagt: „Letztes Wochenende habe ich meine Steuern gemacht, das dauerte eine Stunde“ – und ein anderer überrascht antwortet: „was, so lange hast du gebraucht?“ Interview: ari

Fragen an Volker Körlin (AfD)

Muss die Schuldenbremse reformiert oder abgeschafft werden?

Die Schuldenbremse stammt aus der Zeit vor Corona, aber auch damals war die Welt nicht in Ordnung. Durch die Euro-Rettungspolitik drohte die Transferunion. Heute sind wir fast mitten drin. Das wollen wir nicht. Die Schuldenbremse bald wieder einzuhalten, wäre eigentlich gut. Ich glaube aber nicht daran. Es muss noch viel Geld ausgegeben werden. Da gibt es nur die Alternative, entweder die Schuldenbremse weiter auszusetzen und einen Kaufkraftverlust durch Inflation zu erleiden. Oder sich für eine harte Währung zu entscheiden und gegen neue Schulden. Das hieße: Steuererhöhungen, bis der Arzt kommt. Nach der Corona-Krise wäre das Gift für die Wirtschaft. Wir brauchen im Gegenteil Entlastung.

Also weiter Schulden machen.

Wir müssen Menschen und Betriebe zum Investieren ermutigen. Dazu gehört, Steuern zumindest nicht anzuheben. Durch die Aufnahme von Staatsschulden mit zehnjähriger Laufzeit kann man die Situation strecken. Dann schlägt sie nicht sofort auf die Wirtschaft durch. Die Schuldenbremse sollte für den Zeitraum der wirtschaftlichen Erholung ausgesetzt bleiben. Das ist meine persönliche Meinung.

Das Kapitel „Steuern und Finanzen“ nimmt im AfD-Programm drei Seiten ein, die Themen Migration, Asyl, Integration und Islam werden auf acht Seiten abgehandelt. Stimmen die Relationen?

Ja, das Kapitel zu Wirtschaft und Steuern ist kurz. Ich hätte mir gewünscht, dass es mehr Raum einnimmt. Aber wir sind eben auch in einer Ausnahmesituation. Ich hoffe, dass künftige Programme anders aussehen. Auf jedem Fall wollen wir die Grunderwerbssteuer abschaffen und keine Substanzbesteuerung.

Was ist mit der Erbschaftsteuer?

Auch die könnte abgeschafft werden. Die Erhebungskosten stehen in keinem Verhältnis zum Ertrag.

Dann sollten vielleicht die Steuersätze angehoben werden?

Das wäre eine Möglichkeit. Aber Steuererhöhungen sollten, wie ausgeführt, vermieden werden. Bei der Erbschaftssteuer geht es in erster Linie um Betriebsvermögen. Wenn das zerschlagen wird, um die Steuer zu bedienen, läuft was schief. Da geht es auch um Arbeitsplätze. Etwas anderes ist es, wenn ein Privater eine große Summe erbt, die nicht Teil eines Betriebsvermögens ist.

Betriebsvermögen werden im Erbrecht schon heute sehr vorsichtig angefasst.

Es gibt Schonvorschriften, aber wenn zum Beispiel eine Person in einer Erbengemeinschaft nicht mitspielt, nutzen sie wenig. Großbetriebe verkraften das eher als kleinere und mittlere Betriebe.

Von der Abschaffung von Substanzsteuern würden einseitig die Besitzenden profitieren. Ist die AfD neoliberal?

Das wirft uns eine bestimmte politische Seite gerne vor. Aber wir sind nicht unsozial. Wir wollen eine liberale und soziale Wirtschaftspolitik, die nicht durch Substanzbesteuerung Wirtschaftssubjekte zerstört. Wenn bei einem landwirtschaftlichen Betrieb jährlich ein Prozent Substanzsteuer anfällt, muss der Bauer womöglich Ackerfläche verkaufen, weil er das nicht erwirtschaften kann. Und später noch ein Stück. Das kann an die Hofexistenz gehen. Er muss ja in Abständen investieren, zum Beispiel in neue Maschinen. Das kann er irgendwann nicht mehr. Landwirte leiden stärker unter Substanzsteuern als Industrieunternehmen. Das wird oft unterschätzt. Wenn Daimler Vermögenssteuer zahlen muss, trifft das den Konzern, der sein Betriebsvermögen wer weiß wo in der Welt liegen hat, weniger hart.

Sie wollen aber auch für Reiche und Großkonzerne keine Vermögenssteuer.

Weil die aufwendige Erhebung bald mehr kostet, als die Steuer einbringt. Das kann man einem normalen Arbeitnehmer schwer erklären, der hat eine ganz andere Sicht auf die Dinge. Aber betriebswirtschaftlich betrachtet ist das so.

Die AfD will Vergnügungssteuern abschaffen. Die brächten nicht viel ein. Sie erlauben Kommunen allerdings, Ansiedlungen von Bordellen und Spielhallen zu erschweren. Übersieht Ihre Partei die Funktion von Steuern als Lenkungsinstrument?

Sicher nicht. Die Vergnügungssteuer ist aber vor allem Einnahmequelle. Steuern zu erheben, um etwas zurückzudrängen, ist doppelbödig. Wir wollen keine Bordelle und Spielhallen, aber deren Steuern nehmen wir gern. Das Geld wird nicht an Brot für die Welt gespendet. Es ist fest für den kommunalen Haushalte eingeplant und erfreut den Kämmerer. Rauchen für die Rente, Tanken für den Krieg, hat Guido Westerwelle mal gesagt. Das kann es nicht sein.

Was muss geschehen, damit nachfolgende Generationen keinen Schuldenberg erben? Lässt sich der Weg in die Schuldenunion noch stoppen?

Die haben wir längst. Da müssen wir aber wieder raus. Die Empörung über die Schuldenunion war der Grund für die AfD-Parteitagsmehrheit für einen EU-Austritt. Die Delegierten waren außer sich, als ihnen Zahlen zum deutschen Haftungsumfang in der EU vorgelegt wurden. Wenn die drittgrößte EU-Volkswirtschaft Italien pleite geht, wären die beiden stärksten Volkswirtschaften Deutschland und Frankreich überfordert. Das schaffen wir nicht. Insbesondere nicht, wenn Deutschland die französischen Beamtenpensionen übernimmt, wie es die Franzosen einkalkuliert haben. Wir können nicht die ganze EU alleine finanzieren. Das sind Fragen, die unter dem Deckel gehalten werden. Darüber wird nicht diskutiert ...

... schon deshalb nicht, weil Italien weit davon entfernt ist, bankrott zu sein.

Noch. Aber wenn das passiert, haben Südeuropäer immer noch ihr Häuschen. Die Deutschen haben Sparbücher und konventionelle Kapitalanlagen. Bricht die Währung zusammen, ist das alles weg. Für meine Begriffe greift der Beschluss zum EU-Austritt zu kurz, weil Deutschland vom Warenverkehr lebt. Aber wir müssen die EU dringend reformieren. So, wie es ist, darf es nicht bleiben. Die Deutschen haben am meisten zu verlieren. Interview: ari

Fragen an Kathrin Otte (DIE LINKE)

Muss die Schuldenbremse nach Corona ausgesetzt werden?

Das und ihre Abschaffung fordert die Vernunft, denn der Schuldenbremse liegt die falsche Annahme zugrunde, der Staat könne sich selbst nicht refinanzieren, sondern sitzt wie eine Privatperson in der Schuldenfalle. Was mitnichten der Fall ist.

Sondern?

Aktuell führen unter anderem Minuszinsen zur Tilgung von Staatskrediten. Wir brauchen staatliche Finanzierungen zur Absicherung vor Wohnungs- und anderen Verlusten sowie ein komplexes Investitionsprogramm, das mit binnenökonomischen Investitionsanreizen die zu starke Außenhandelsabhängigkeit ausgleicht, also auch Arbeitsplätze im wachsenden Sektor klimaneutrales und ökologisches Wirtschaften fördert.

Riskieren Sie mit der harten Abschaffung der Schuldenbremse nicht genau das, was bislang fast allen sozialistischen Staaten das Genick gebrochen hat, nämlich die Überschuldung und das Ende des Sozialismus?

Nein. Die Schuldenbremse wurde 2011 eingeführt, ihr Fehlen in den sechs Jahrzehnten seit 1949 hatte nachweislich keinen Staatsbankrott zur Folge. Und der Niedergang des Warschauer Pakts ist auf das Wettrüsten zurückzuführen, das Präsident Reagan zufolge ausdrücklich darauf abzielte, den Ostblock finanziell in den Ruin zu treiben. Wir streben ein Gleichgewicht zwischen staatlichen Einnahmen und Ausgaben an, wollen der öffentlichen Hand aber die Möglichkeit an die Hand geben, kreditfinanziert Investitionen in die Zukunft zu tätigen. Wenn wir jetzt nicht in moderne Schulen, erneuerbare Energien, Digitalisierung, Verkehrswende und erstklassige Infrastrukturen investieren, reißt die Brücke in die Zukunft ab.

Ihr Programm sieht gewaltige Investitionen über diverse Fonds vor, dennoch müssen Sie zur Finanzierung Farbe bekennen: alles über die Vermögenssteuer?

Nein. Unser Steuerkonzept sieht vor, dass hohe Einkommen und Vermögen auch auf andere Weise wieder stärker zur Finanzierung des Gemeinwesens herangezogen werden sollen. Wir wollen Vermögensteuer, Erbschafts- und Schenkungssteuer sowie Einkommensteuer wieder einführen beziehungsweise erhöhen, von denen wir letztere wieder stärker progressiv gestalten wollen, also mit höheren Sätzen als jetzt für Spitzeneinkommen und niedrigeren für niedrige. Wir setzen auf eine Verstärkung des Steuervollzugs, um Steuerhinterziehung zu unterbinden. Wir wollen das Ehegattensplitting ebenso abschaffen wie die Abgeltungssteuer. Kapitalerträge werden dann wieder zum selben Satz wie das Einkommen der betreffenden Person besteuert. Wir wollen den Höchstsatz der Einkommensteuer für Einkommen ab 70.000 Euro wieder auf 53 Prozent erhöhen und den Steuerfreibetrag auf 14.400 Euro, was alle Einkommen entlastet. Die Körperschaftssteuer wollen wir wieder auf 25 Prozent erhöhen. Von all diesen Maßnahmen zusammen erhoffen wir uns zusätzliche Einnahmen von insgesamt rund 150 Milliarden Euro.

Kritiker gehen davon aus, dass eine Vermögenssteuer im Sinne Ihrer Partei den industriellen Mittelstand erdrückt und zur Abwanderung zwingt. Wie wollen Sie das verhindern?

Die Vermögensteuer wurde vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben, weil sie Immobilienwerte in ungerechter Weise weniger belastete als andere Formen von Vermögen. Das Gericht schlug vor, Immobilien künftig über die Vermögensteuer stärker zu besteuern. Dieser Empfehlung wollen wir nachkommen, zumal Immobilien nicht auswandern können. Wir sehen Freigrenzen von eine Million Euro pro Person vor, für betriebsnotwendiges Privatvermögen von fünf Millionen Euro, jeweils nach Abzug von Verbindlichkeiten. Ab dieser Grenze soll ein Steuersatz von ein Prozent greifen, der linear auf fünf Prozent auf Vermögen ab 50 Millionen Euro steigt. Nur der Privatbesitz an Aktien- und Kapitalgesellschaften wird belangt.

Da eine Vermögenssteuer krisenunabhängig anfiele, träfe sie Unternehmen auch dann, wenn diese gerade Verlust machen. Wollen Sie einen Insolvenzbeschleuniger?

Unsere Vermögensteuer zielt auf Privatvermögen von Millionären und Milliardären, das wir tatsächlich stärker zur Bewältigung gerade der Kosten von Krisen heranziehen wollen. Die Vermögen der Milliardäre in Deutschland sind während des coronabedingten Konjunkturabschwungs von 500 auf 595 Milliarden Dollar gestiegen.

Welche ganz konkreten Maßnahmen wollen Sie in den ersten vier Jahren ergreifen, um die Wirtschaft aber auch die Finanzverwaltungen auf die Vermögenssteuer vorzubereiten?

Eine der großen Aufgaben im Zusammenhang mit der Vermögensteuer ist bereits aufgrund der Urteile des Bundesverfassungsgerichts zur Reform der Grundsteuer 2019 angegangen worden: Ein Großteil der Grundstückswerte wird neu ermittelt, sodass diese zur Bemessung herangezogen werden können. Die zweite Aufgabe wird darin bestehen, die Finanzämter mit ausreichendem Personal auszustatten. Diese Aufgabe fällt in den Zuständigkeitsbereich der Länder, die am entsprechenden Steueraufkommen wesentlich teilhaben. Die Erhebungs- und Verwaltungskosten der Vermögensteuer beliefen sich nach Einschätzung einzelner Landesregierungen Mitte der 1990er-Jahre auf 4,5 bis 5,5 Prozent der Einnahmen.

Welche Ziele und konkreten Maßnahmen streben Sie mittel- und langfristig an?

Da wir voraussichtlich keine absolute Mehrheit erreichen werden, ist nicht abzusehen, dass wir sämtliche Vorhaben aus unserem aktuellen Wahlprogramm in den kommenden vier Jahren werden umsetzen können. Was wir in den kommenden vier Jahren nicht umsetzen können, bleibt übrig für die nächsten Jahre, die vorhersehbare, bestimmt aber auch überraschende Ereignisse und Entwicklungen mit sich bringen werden. Interview: bk