Thema Homeoffice
Große Katastrophen verursachen oft Innovationsschübe. Kriege, Seuchen oder Naturka- tastrophen bilden eine Zäsur. In Notsituationen geht plötzlich vieles, was vorher aus Tausenden von Gründen zu schwierig, ja gänzlich unmöglich schien. Manches verschwindet anschließend wieder in der Mottenkiste. Anderes bleibt. Wie die Welt aussehen wird, wenn die Coronapandemie eines Tages wirklich Geschichte sein wird, weiß niemand verlässlich zu sagen. Tiefe und bleibende Spuren im Alltag und in der Arbeitswelt hat sie jedenfalls bereits hinterlassen. Betriebe und Mitarbeiter mussten sich unter großem Druck auf neue Rahmenbedingungen umstellen. Mit am einschneidendsten ist die Umstellung auf Homeoffice.
Fachkräfte sichern durch Homeoffice
Die Präsenzpflicht im Betrieb gehörte stets zur deutschen Arbeitskultur. Plötzlich galt sie als gefährlich, das Großraumbüro als potenzieller Corona-Hotspot. Erst gab es Appelle der Politik und Befürchtungen von Mitarbeitern, sich am Arbeitsplatz zu infizieren. Danach folgte die Homeoffice-Pflicht, die am 1. Juli endete. Und nun? Alle wieder zurück ins Büro? Genaue Zahlen sind nicht bekannt. Die IHK Lüneburg-Wolfsurg teilt auf Anfrage mit, über keine Daten zu verfügen. „So spezifisch haben wir das Thema nie abgefragt“, sagt IHK- Sprecherin Grit Preibisch. Klar sei aber, dass „sich Homeoffice-Angebote zu einem Faktor der Arbeitgeberattraktivität entwickeln, der gerade auch im ländlichen Raum Fachkräfte sichern kann“, so der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Sönke Feldhusen.
Im Heidekreis gehört das Soltauer Unternehmen Hagebau zu denjenigen, die 2020 quasi über Nacht Teile ihres Betriebs auf Homeoffice umgestellt haben. Der Kraftakt hat sich gelohnt, nicht nur aus Gründen des Gesundheitsschutzes. „Eine Rückkehr zur generellen Präsenz- pflicht wird es für die Hagebau nicht geben“, stellt Unternehmenssprecher Frank Roth klar. „Wir erarbeiten gerade ein Modell, welches die Belange der Mitarbeiter und des Unternehmens optimal in Einklang bringt.“
Die Umsetzung eines Homeoffice-Konzepts habe dazu beigetragen, dass das Unternehmen bislang gut durch die Pandemie gekommen sei, ohne einen einzigen Corona-Fall und auch fast ohne Einbußen bei der Produktivität. Nachteile habe es beim ebenfalls wichtigen persönlichen Austausch untereinander gegeben. Das könne man aber nun, wo die gesunkene Corona-Inzidenz wieder mehr zulässt, durch Bürotage unter Berücksichtigung von Abstands- und Hygieneregeln wieder auffangen.
Unternehmen, die Homeoffice auf freiwilliger Basis umsetzen, werden dafür nicht kritisiert – im Gegenteil. Strittig ist aber ein Rechtsanspruch auf Homeoffice, den Arbeitnehmervertreter nun fordern, um den Zuwachs an Flexibilität und Freiheit nicht wieder zu verlieren.