Kommentar: Handeln
 gegen das 
eigene Tun

Dass das Heidekreis-Klinikum einerseits die Existenz einer Frist auf der eigenen Website verneint, aber in den sozialen Netzwerken dennoch ein Video der CDU-Politikerin Gudrun Pieper teilt, in dem mit Verweis auf die nicht existierende Frist von September 2021 auf die Wähler Druck ausgeübt wird, belegt, dass auch das Klinikum selbst, das sich immerhin in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft befindet, es nicht ganz so genau nimmt. Das Juristenlatein nennt dies ein Venire contra factum proprium – ein als widerrechtlich zu wertendes Handeln gegen eigenes vorheriges Tun.

Das Ergebnis soll aber wohl stimmen, deshalb auch Mittel als legitim erachtet, die Stimmung für das gewünschte Ergebnis machen. Moralisch ist das eher schwierig. Doch warum sollte das Klinikum anders handeln als der Heidekreis als Träger, der ebenfalls mit einer behaupteten drohenden Verfristung Stimmung macht. Und in den sozialen Netzwerken macht sich sowieso Hasssprache zwischen Gegnern und Befürwortern des Bürgerentscheids breit, sind die Fronten verhärtet. Das alles hat nichts mit historischen Entscheidungen über den Sitz der Kreisverwaltung zu tun, sondern ist ein hochaktueller Konflikt, bei dem so manch einer jede Scham vermissen lässt, in rechtswidriges Verhalten abdriftet, um dabei im Internet noch von hiesigen Politikern Unterstützung in Form von „Likes“ zu bekommen. Die Häßlichkeit dieser Schlacht ist sichtbar, liegt offen zu Tage. Der Bürgerentscheid hat eines schon jetzt gezeigt – von einem Zusammengewachsensein von Heidjern und Aller-Leine-Talern, von Nord und Süd ist dieser Landkreis weit, ja wirklich sehr weit entfernt.

Bernhard Knapstein