HKK: Herausforderung Vergaberecht

Heidekreis. Das Werben des SPD-Landtagsabgeordneten und Kreistagsmitglieds Sebastian Zinke für eine Abstimmung mit „Nein“ zum Bürgerentscheid am 18. April (zuletzt in der BZ vom 11. März 2021) hat mehrere Reaktionen hervorgerufen. Er hatte seine Sorge um den Bestand der klinischen Versorgung im Heidekreis zum Ausdruck gebracht, sollte das Bürgerbegehren obsiegen, das für einen dem Nordkreis nähergelegenen Standort eines geeinten Heidekreis-Klinikums „im Bereich Dorfmark“ statt südlich von Bad Fallingbostel wirbt.

Die Initiatoren des Bürgerbegehrens haben die Anwürfe Zinkes jetzt in einem offenen Brief zurückgewiesen. Auch sie teilten die Sorge um die Zukunft der klinischen Versorgung, führten diese jedoch auf das Verhalten Zinkes selbst zurück, der auf die Argumente des Bürgerbegehrens nicht eingegangen sei. Den Initiatoren des Begehrens, Otto Elbers, Adolf Köthe, Werner Salomon und Dr. Wolfram Franz, geht es nach eigener Aussage darum, „ob das Krankenhaus dezentral gebaut wird oder wirklich zentral in der Mitte des Kreises bei Dorfmark“, wo es für alle Bürger des Heidekreises gut erreichbar sei und deshalb auch breite Akzeptanz finden könne. Das Begehren beruft sich auf ein Schreiben aus dem Sozialministerium, das der Böhme-Zeitung vorliegt, in dem in der Tat auf die Zentralität des Standorts des Klinikums eingegangen wird. Allerdings geht der Autor des Schreibens vom 24. Februar dieses Jahres auch auf den notwendigen Konsens und den Zeitfaktor im Wettbewerb um die Finanzierungsmittel ein. Eine eindeutige Positionierung ist dem Schreiben zumindest nicht klar zu entnehmen.

Initiatoren: Umplanung nach 18. April „noch möglich“

Den Zeitfaktor sehen die Initiatoren des Bürgerbegehrens in ihrem offenen Brief an Sebastian Zinke zwar als Herausforderung, nicht aber als unlösbar. Eine Umplanung sei auch nach dem 18. April unter größten Anstrengungen immer noch möglich. F4-Befürworter wie Zinke oder Landrat Manfred Ostermann haben allerdings wiederholt auf eine Nichtübertragbarkeit des Architektenwettbewerbs hingewiesen, die Kreisverwaltung hat mit einer entsprechenden Pressemitteilung vom vergangenen Montag diese Sicht noch einmal bekräftigt. Ein Siegerentwurf des laufenden Architektenwettbewerbs könne nicht einfach auf das neue Grundstück übertragen werden, so die Argumentation. Der Landkreis hat mitgeteilt, dass die für den Wettbewerb ausgewählten Architekturbüros auf Grundlage des Standorts Bad Fallingbostel vor Kurzem ihre Wettbewerbsentwürfe eingereicht hätten. Sie werden demnach zurzeit vom Preisgericht der niedersächsischen Architektenkammer bewertet. „Der vom Bürgerbegehren trotz Kenntnis dieser Umstände geforderte Standortwechsel würde einen Neustart beziehungsweise ein Rückversetzen des Architektenwettbewerbs erfordern, da sich grundlegende Parameter des Verfahrens ändern würden. Ein Zeitverzug von mindestens neun Monaten wäre die Folge“, heißt es in der Pressemeldung des Landkreises dazu.

Die Böhme-Zeitung hat diese Einschätzung der Kreisverwaltung einem Vergaberecht-Experten zur Einschätzung vorgelegt. „Wenn man davon ausgeht, dass mit der Änderung des Standorts keine Änderungen einhergehen, die die Zulassung anderer Bieter ermöglicht hätte, könnte eine Änderung des Standortes auch im laufenden Verfahren durch Zurückversetzung des Planungswettbewerbs in den Stand vor Abgabe der Wettbewerbsarbeiten erfolgen“, erklärt dazu Eike Duhme, Fachanwalt für Vergaberecht. Nach Auffassung des Berliner Spezialisten auf diesem Gebiet müsste also nicht zwingend eine Aufhebung des Planungswettbewerbs mit anschließendem Neustart erfolgen. Eine Zurückversetzung hielte er mit Blick auf die angestrebten Fördermittel allerdings für grundsätzlich erforderlich. Damit bestätigt der von der BZ zugezogene Experte Duhme im Kern die Rechtsauffassung des Landkreises.

Hinsichtlich der Dauer der Zurückversetzung und somit dem Mehrbedarf an Zeit für die Einreichung der Unterlagen beim Land komme es auf die Abweichungen an. „Entscheidend ist, ob die ausgeschriebenen Leistungen sich in solchen Elementen unterscheiden, die wesentlichen Einfluss auf das Charakteristische einer planerischen Lösung haben können“, so Rechtsanwalt Duhme. „Wenn eine völlig neue planerische Konzeption im Raum steht, handelt es sich nicht mehr um denselben Leistungsgegenstand.“ Mit anderen Worten: Klinik ist zwar Klinik, aber Bodenausgleich, Fundament, Zuwegungen oder Hubschrauberlandeplatz sind aufgrund erneuter Grundstücksauswahl durchaus relevant. Selbst die Ästhetik des Gebäudekomplexes, die der Architekt in aller Regel an das Umfeld des Objekts knüpft, dürfte eine Rolle spielen.

Infobox: Votum für F4 habe Konflikt befeuert

Die Schneverdinger Wählergemeinschaft (SWG) empfindet Aussagen des SPD-Vorsitzenden Sebastian Zinke als Einschüchterungsversuche und wirbt um „Ja“-Stimmen für den Bürgerentscheid. Zinke betreibe populistische Panikmache und Einschüchterung, um den Neubau einer Klinik vor den Toren Walsrodes zu erreichen. SWG-Sprecher Jürgen Schulz sieht darin einen „krassen Widerspruch“ zu Zinkes Ankündigung, den Nord-Süd-Konflikt im Zuge der Kampagne „Heidekreis-Dialog“ überwinden zu wollen. Zinke blende aus, dass er „zusammen mit den Kreistagsabgeordneten seiner Partei die Parteiräson (geschlossene Abstimmung für den HKK-Standort Bad Fallingbostel – F 4) über die Interessen der circa 40 000 Bürgerinnen und Bürger der nördlichen Gemeinden des Kreises gestellt“ und somit den Konflikt maßgeblich befeuert habe. „Für uns ist der HKK-Standort Bad Fallingbostel (F 4) inakzeptabel, weil der Anfahrtsweg für viele zu weit ist und nicht innerhalb von 30 Minuten erreicht wird“, so Schulz von der SWG, der um „Ja“-Stimmen am 18. April wirbt. bk

Wo ein Hubschrauberlandeplatz am Kreiskrankenhaus angelegt wird, hat auch mit dem Umfeld zu tun und müsste im Falle eines erfolgreichen Bürgerentscheids zum HKK wohl neu geplant werden. Foto: Archiv bk

Wo ein Hubschrauberlandeplatz am Kreiskrankenhaus angelegt wird, hat auch mit dem Umfeld zu tun und müsste im Falle eines erfolgreichen Bürgerentscheids zum HKK wohl neu geplant werden. Foto: Archiv bk