Kein Eingriff in die Planungshoheit

Soltau. Erneut keine Rolle bei der Entscheidung des Oberver- waltungsgerichts zum Bürgerbegehren zum HKK-Neubau hat das Rechtsgutachten des Landkreises gespielt (BZ berichtete). Thema sind die Hintergründe des Gutachtens im Beschluss aber dennoch. Der Landkreis hatte, nachdem die Sammlung der Unterschriften zum Bürgerbegehren abgeschlossen war, mit dem Rechtsgutachten noch einmal die Sinnhaftigkeit des Verfahrens prüfen wollen. Rechtsgutachter Professor Jörn Ipsen war zu dem Ergebnis gekommen, dass auch bei einem Erfolg des Bürgerbegehrens die Forderung nach einem anderen Standort nicht umgesetzt werden könnte, weil das in die Planungshoheit der Stadt Bad Fallingbostel eingreife. Diese hatte Dorfmark als Standort eines Neubaus bereits ausgeschlos- sen.

Das OVG hat sich bei seiner Entscheidung aufgrund der Beschwerde des Kreisausschusses vor allem auf die Gesetzmäßigkeiten rund um Bürgerbegehren in Niedersachsen gestützt und damit das Urteil des Verwaltungsgerichts bestätigt. Denn das Bürgerbegehren war bereits am 10. August vom Kreisausschuss vorläufig zugelassen worden. Im Nachhinein die Zulassung wieder aufzuheben, widerspreche den gesetzlichen Vorgaben, die den Unterstützern von Bürgerbegehren das Risiko nehmen wollen, dass später im Rahmen der endgültigen Prüfung und einer Ablehnung die Enttäuschung groß sei. Bei der Prüfung nach der vorläufigen Zulassung könne es also nur noch um die Zahl der Unterschriften und das Einhalten der Fristen gehen. Mit mehr als 12 500 Unterschriften waren für das Bürgerbegehren im Heidekreis mehr als genügend gesammelt worden, zudem wurden diese am 5. Oktober fristgerecht übergeben.

Bürgerentscheid betrifft die Krankenhausplanung

Aber auch der Frage des Eingriffs in die Bauleitpläne der Stadt Bad Fallingbostel widmet sich das OVG in dem Beschluss. Bei dem Bürgerentscheid gehe es um eine grundsätzliche und der späteren Bauleitplanung lediglich faktisch vorgelagerte Entscheidung zum HKK, in welchem Suchbereich überhaupt ein neuer Klinikstandort ausgemacht werden soll. Der angestrebte Bürgerentscheid betreffe unmittelbar auch nicht die Bauleitplanung, sondern vielmehr die Krankenhausplanung im Sinne des Niedersächsischen Krankenhausgeset- zes. Obwohl Bad Fallingbostel bereits in die Planungen eingestiegen ist, würde ein erfolgreicher Bürgerentscheid diese nicht betreffen, stellte das OVG fest. Weiterhin stellt der 10. Senat fest, dass der Ausschluss Dorfmarks als Suchbereich durch Bad Fallingbostel der gegenteiligen Entscheidung nach einem erfolgreichen Bürgerbegehren nicht entgegenstehe. Ein solcher Gemeinderatsbeschluss stelle nur „ein jederzeit rezipierbares Internem dar“, mit dem einem Bürgerbegehren noch nicht die Grundlage entzogen werden könne. Es bleibe zudem abzuwarten, ob im Falle eines erfolgreichen Bürgerentscheids die Stadt Bad Fallingbostel bei diesem Beschluss selbst um den Preis bleiben würde, dass der Klinik-Neubau auf ihrem Stadtgebiet dann gar nicht mehr zu realisieren wäre, heißt es.

Auch sei nicht dargelegt worden, warum für einen Klinikneubau in Dorfmark keine Fördermittel aus dem Strukturfonds II mehr zu erlangen seien. Zwar verkenne auch der Senat nicht, dass der Heidekreis realistisch nur mit Mitteln des Landes bauen könne, weder rechtlich noch tatsächlich sei aber eine Errichtung ohne entsprechende Mittel unmöglich. Nach Informationen der Böhme-Zeitung sind die meisten der Grundstückseigentümer in Dorfmark für die bisher diskutierte Fläche D4 bereit zu verkaufen, nur die Klosterforst mit ihrem Teil der Flächen bevorzugt wohl einen Erbpachtvertrag. Vize-Aufsichtsratschef und SPD-Kreistagschef Sebastian Zinke mochte sich nicht dazu äußern, ob das Rechtsgutachten überhaupt eingeholt hätte werden müssen. Er stellte allerdings gegenüber der Böhme-Zeitung fest, dass es vor der Festlegung am 10. August sinnvoller gewesen wäre, sich einen Rechtsexperten an die Seite zu holen. Ein Fehler sei der späte Zeitpunkt gewesen.

Eine Unterschrift nach dem Urlaub

Als fehlerhaft bewertete das Oberverwaltungsgericht in ihrem Beschluss das Bürgerbegehren allerdings an anderer Stelle. Es sei nicht von allen vertretungsberechtigten Personen unterschrieben worden. Die Initiatoren wunderten sich bei einem Pressegespräch am Mittwoch jedoch, dass das Thema überhaupt vor Gericht zur Sprache gekommen sei. Schließlich sei mit Landrat Manfred Ostermann abgesprochen gewesen, dass Adolf Köthe, der sich in der Zeit der Beantragung im Urlaub befunden habe, nachträglich unterschreiben durfte. „Das war eine Absprache unter Kaufleuten“, betonte Otto Elbers. Der Fehler spielte aber letztlich keine Rolle, da jedenfalls der Kreisausschuss, der die formwirksame Beantragung im Rahmen der Vorabprüfung bejaht habe, jetzt nicht mehr gegenteilig entscheiden könne, so das OVG.

Erfreut jedenfalls waren die Initiatoren über das Urteil. Jetzt bleiben sechseinhalb Wochen, um die Zeit sinnvoll zu nutzen und sich im Wahlkampf gut aufzustellen. Dabei gehe es um sachliche Informationen. Beim Sozialministerium haben sich die Initiatoren zu den Voraussetzungen für die Fördermittelvergabe erkundigt und dabei darauf verwiesen, dass eine Zentralklinik auch wirklich zentral liegen müsste. Das sei gut nachzuvollziehen, hieß es aus dem Ministerium. Das Land Niedersachsen könne und werde einen Neubau nur dann fördern, wenn es in der betreffenden Region eine breite Akzeptanz gebe und alle formalen Voraussetzungen vorlägen. Wenn in anderen Regionen ein breiter Konsens für den Ort einer Zentralklinik schneller geschaffen werde, dann könnte das im Ergebnis dazu führen, dass diese „prioritär berücksichtigt werden“. Was breite Akzeptanz heißt, wussten allerdings auch die Initiatoren nicht zu beantworten. Sie sind der Meinung, dass die breiteste Akzeptanz dann gegeben sei, wenn der Neubau in der Mitte des Heidekreises entstünde.

Nach der Entscheidung des OVG und auch der offiziellen Wahlterminbekanntgabe durch den Heidekreis gehen die Initiatoren davon aus, dass der laufende Architektenwettbewerb bis zum Bürgerentscheid unterbrochen wird. Sie forderten den Landkreis auf mitzuteilen, wie er mit dieser Forderung umgehen werde. Zumindest Aufsichtsratschef Hermann Norden lehnte das gegenüber der Böhme-Zeitung deutlich ab – zumal er nicht gestoppt werden könne, weil er nahezu abgeschlossen sei. Letztlich würde ein Stopp des Verfahrens den Heidekreis bei der Beantragung von Fördermitteln zurückwerfen – zumal man ja nicht wisse, wie der Entscheid ausgehe.

Infobox: Kein Votum für eine Seite

Carsten Büttinghaus, CDU-Bundestagskandidat im hiesigen Wahlkreis, nutzte kürzlich eine Zusammenkunft, um sich bei den Initiatoren des Bürgerbegehrens über ihre Ziele zu informieren. Gleich zu Beginn stellte der Wilseder aber klar, dass er in der Frage keine Stellung beziehen wolle. Er höre beiden Seiten zu, jetzt sei das Verfahren da, wo es sei. Das sei kein Drama und auch nicht der Untergang des Heidekreises. Ihm sei es für die Zukunft vor allem wichtig, die Krankenhäuser insgesamt finanziell besser auszustatten. Die Initiatoren starten jetzt jedenfalls in den verstärkten Wahlkampf, unter anderem wollen sie sonnabends im Soltauer Hagen von 10 bis 12 Uhr Rede und Antwort stehen. Ansonsten gebe es Informa- tionen auf der Webseite www.bürgerbegehren-hkk.de und bei Facebook. at

Anja Trappe