Klinik: Jurist weist Kreis auf Vorrang der Erreichbarkeit hin
Klinik: Jurist weist Kreis auf Vorrang der Erreichbarkeit hin
Soltau/Bad Fallingbostel. In der Frage um den künftigen Standort des geeinten Heidekreis-Klinikums verweist ein Jurist im Gespräch mit der BZ auf die kommunalverfassungsrechtlichen Pflichten des Landkreises zur allgemeinen Daseinsvorsorge. Der Soltauer Rechtsanwalt Sten Rieper sieht den Landkreis in der Pflicht, bei der Standortauswahl mit Bedacht vorzugehen: „Es spricht einiges dafür, dass der Kreis etwas mehr Augenmerk auf den Standort Dorfmark richten sollte.“ Nach dem niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz sei der Heidekreis zunächst einmal der eigenen Bevölkerung gegenüber verpflichtet. Im Rahmen der Gesetze hat der Kreis das Wohl seiner eigenen Bevölkerung zu fördern. „Die Bewohner des Kreises sind Pflichtmitglieder der Gebietskörperschaft, die ihre Steuern hier entrichten“, so Rieper. Der Kreis selbst habe sich aus den zugewiesenen Finanzmitteln, die seine Bevölkerung erbringe, letztlich auch um seine Bevölkerung zu kümmern – „nicht um Menschen in anderen Kreisen“.
Zu den Aufgaben des Kreises gehöre es laut Paragraf 1 des niedersächsischen Krankenhausgesetzes, die klinische Versorgung im Rahmen der Gesetze sicherzustellen. „Hier sind das Krankenhausfinanzierungsgesetz und der niedersächsische Krankenhausplan zu betrachten“, weist Rieper auf mögliche einschränkende Gesetze hin. Der Krankenhausplan sage aber nichts über den Bedarf in Teilen des Kreises, etwa in Munster oder in Lindwedel, aus. „Der Plan gibt Auskunft über das prognostizierte erforderliche Angebot bestehender Krankenhäuser“, erklärt der Jurist. „Der Plan sagt nicht, wo genau das neue Krankenhaus zu stehen hat.“
Die Gesetze hätten den Sinn, die bedarfsgerechte klinische Versorgung der Bevölkerung durch leistungsfähige und eigenwirtschaftlich handelnde Kliniken zu gewährleisten. „Insofern ist die Wirtschaftlichkeit eines Krankenhauses schon ein Thema“, verweist Rieper auf das Ergebnis des Trinovis-Gutachtens, das den Standort Fallingbostel für wirtschaftlicher erachtet im Vergleich zu dem von der Böhme-Zeitung berechneten idealen Standort in Dorfmark. „Man muss das Argument beachten“, so Rieper. „Aber gegenüber der Wirtschaftlichkeit dominiert der Grundauftrag des Kreises, die Krankenhausversorgung der gesamten Bevölkerung des Landkreises sicherzustellen.“ Solange es dem Kreis mit einem Standort in Dorfmark möglich sei, die Versorgung des größtmöglichen Teils der Bevölkerung mit einem binnen 30 Minuten erreichbaren Grundversorger sicherzustellen, habe dies Vorrang. bk
Infobox: Klinik für die eigenen Kreisbewohner
Die allgemeine Daseinsvorsorge ist der Bereich an öffentlichen Aufgaben, deren Erfüllung für die Bewohner einer Gebietskörperschaft wie Kommune oder Landkreis von essenzieller Bedeutung sind. Das Bundesverfassungsgericht hat die Daseinsvorsorge auch als Leistung beschrieben, „derer die Bürger zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz unumgänglich bedürfen.“ Dass der Landkreis dabei seiner eigenen Bevölkerung gegenüber verpflichtet ist, ergibt sich aus Paragraf 1 des niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes: „Die Landkreise verwalten ihre Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung mit dem Ziel, das Wohl ihrer Einwohnerinnen und Einwohner zu fördern.“ Das Krankenhausgesetz des Landes weist das Klinikwesen den Landkreisen zu. bk