Parteienkolumne: Kein Verständnis für Röbberts Vorstoß

Parteienkolumne: Kein Verständnis für Röbberts Vorstoß

F4, D4 –– auf Speisekarten von Chinarestaurants verbergen sich hinter derartigen Buchstaben--Ziffernkombinationen Spezialgerichte des Hauses. IIn der Auseinandersetzung um das Heidekreisklinikums (HKK) stehen sie für mögliche Standorte des neuen Klinikums, wobei sich bisher alles auf F (Bad Fallingbostel) und D (Dorfmark) kaprizierte. Jetzt hat Soltaus Bürgermeister Helge Röbbert die Untersuchungsfläche S 7 ins Spiel gebracht und will ein Areal in Soltau/Tetendorf als HKK-Standort durchsetzen. Er begründet das unter anderem mit einem Anspruch auf Sicherung des gehobenen Bedarfs, den Soltau als Mittelzentrum habe und vertritt die Auffassung, dass ein Krankenhaus nicht in einem Grundzentrum wie Bad Fallingbostel oder Dorfmark zu verorten sei, sondern planungsrechtlich nur in einem Mittelzentrum wie Soltau, oder auch Walsrode, möglich sei.

Die Böhme-Zeitung wollte von den Sprechern der im Kreistag vertretenen Parteien wissen, wie sie den Vorstoß bewerten, ob es eine „kommunale Kriegser klärung“ sei, wie die Walsroder Bürgermeisterin Helma Spöring meint, oder nur geeignet, das Verfahren in die Länge zu ziehen? Oder wäre es sogar denkbar, dass Soltau mit dem Standort S 7 wirklich den Zuschlag für das HKK bekommt? vo

Gerd Engel (CDU): Für die CDU im Heidekreis und die CDU Kreistagsfraktion ist es unstreitig, dass wir ein neues zentrales Heidekreisklinikum brauchen. Wir sind uns alle einig, das in einem Neubau eines Klinikums im Heidekreis viele Chancen liegen. Wie sicher schon umfassend dargestellt worden ist, ist der Neubau auch ein wichtiger Teil eines medizinischen Gesamtkonzeptes. Die Mitglieder der CDU Kreistagsfraktion haben in der Juni-Sitzung unterschiedliche Standpunkte vertreten und sich für unterschiedliche Standorte ausgesprochen. Wie bei allen anderen Entscheidungen auch hat jede/r CDU KTA bei dieser Entscheidung persönlich nach bestem Wissen und Gewissen entschieden. Am 26.06.2020 hat dann der Kreistag mit 76 % der Stimmberechtigten einen Standort für die weiteren Planungen beschlossen, dabei war auch die Mehrheit der Stimmen der CDU Kreistagsfraktion. Dieser Beschluss steht. Parallel sind jetzt eine ausreichende Anzahl von Unterschriften für das Bürgerbegehren übergeben worden. Das bedeutet, es kommt noch ein Bürgerentscheid, dessen Ergebnis abgewartet werden muss.

Was aber jetzt auch noch das Vorhaben des Soltauer Bürgermeisters soll, ist, für den Landkreis gesamt gesehen, unverständlich. Er betrachtet für seine Idee „nur“ die Interessen Soltaus und hat in keiner Weise eine Planung für den gesamten Landkreis. Auch berücksichtigt er u.a. nicht die zeitlichen Vorgaben aus Hannover. Dass das uns allen vorgestellte medizinische Gesamtkonzept auch für Soltau greifen wird, wird scheinbar ebenfalls nicht gesehen. Sollte seine Idee sich lediglich auf eine mögliche Ansiedelung eines privaten Klinikums beschränken, wäre das sicher seine eigene finanzielle und planerische Verantwortung.

Sebastian Zinke (SPD): Zinke Ein neues Heidekreisklinikum soll die medizinische Versorgung des gesamten Heidekreises für die nächsten Jahrzehnte sichern. Alle medizinischen Fachbereiche sollen unter einem Dach zusammengefasst und in einem der modernsten Klinikgebäude des Landes untergebracht werden. Von der Geburtsklinik über die Fachabteilung für Herz- Kreislauferkrankungen bis hin zur Psychiatrie soll im Heidekreis alles an einem Ort zu finden sein. Das Gesamtkonzept sieht dabei weiterhin eine medizinische Versorgung in Soltau und Walsrode und einen im gesamten Kreis verteilten Rettungsdienst vor. Die Rettungswache des DRK in Soltau soll sogar neu gebaut werden. Landesförderung für unser neues Krankenhaus wird es jedoch nur geben können, wenn wir bis zum dritten Quartal 2021 unsere Antragsunterlagen beim Land Niedersachsen einreichen.

Derzeit läuft der Architektenwettbewerb für das vom Kreistag ausgewählte Grundstück in Bad Fallingbostel. Über 20 Architekturbüros haben sich um unser Projekt beworben. Schon bald wird es daraus erste Ergebnisse geben und wir können sehen, wie das neue Haus aussehen soll. Für einen weiteren Architektenwettbewerb in Dorfmark oder Soltau ist dabei keine Zeit. Schaffen wir die Abgabe der Unterlagen nicht rechtzeitig, wird es keine Förderung und damit kein neues Krankenhaus im Heidekreis geben. Die kleinen Krankenhäuser in Soltau und Walsrode sind langfristig nicht überlebensfähig. Daher macht ein gemeinsames Haus sehr viel Sinn. Etwas Gemeinsames kann aber nicht entstehen, wenn jeder nur auf die eigene Position pocht. Wir möchten daher alle Beteiligten bitten: Nehmen auch Sie den ganzen Heidekreis in den Blick!

Tanja Kühne (FDP): Normalerweise kämpfe ich um jedes Wort, um den von der Redaktion vorgegebenen Rahmen für diese Kolumne einhalten zu können. Dieses mal war weniger Platz erforderlich, um meinen Standpunkt zu Herrn Röbberts Vorstoß deutlich zu machen. Think global - act local; Denke global, agiere lokal. Unsere Wirtschaft im Heidekreis mit rund 140 000 Einwohnern ist verwoben mit vielfältigen überregionalen Strukturen. Der überregionale Tourismus bringt uns aus vielen Ländern Gäste, unser Mittelstand produziert herausragende Produkte für den Weltmarkt. Das funktioniert nur, weil wir uns als eine Region verstehen müssen, die genau weiß, wie abhängig man auch vom Nachbarn ist. Weder eine „Freie Salzstadt Soltau“ noch eine „Freie Weltvogelpark-Stadt Walsrode“ sind ohne Anbindung an das Umland alleine existenzfähig.

Im stark kostenkontrollierten Gesundheitssektor heißt das doppelt zusammenhalten: Ohne den anderen und unsere Kommunen in den Flächen, keine medizinische Infrastruktur mit einem kommunalen Kreiskrankenhaus. Der Vorstoß des Soltauer Bürgermeisters kommt spät. Die Entwicklung der Diskussion um den Standort ist längst weiter. Der Einwurf löst weder den Konflikt um die Debatte noch lässt es klugen und souveränen Umgang mit der Gesamtsituation erkennen. Deeskalation ist die Kunst der Stunde. Wenn man für die zukünftige Generation eine optimale Gesundheitsinfrastruktur hinterlassen möchte. Doch dazu benötigt es Weitblick und nicht den Blick auf kurzfristige potentielle Wählerstimmen.

Lennard Lorenzen (Grüne): Die Diskussion um den Krankenhausstandort ist derzeit eines der bestimmenden politischen Themen, gerade im Norden des Heidekreises. Dieser liegen durchaus verständliche Argumente zugrunde, allen voran die Forderung, ein Großteil der Einwohnerinnen müsse das Klinikum möglichst zeitnah erreichen können. Den kommenden Bürgerentscheid sehen wir Grünen daher als legitimes, politisches Instrument an. Gleichwohl besteht die große Gefahr, dass ein Neubau so nicht zustande kommt. Ende September 2021 müssen die fertigen Planungen in Hannover vorliegen, um eine Chance auf finanzielle Förderung zu haben. Auch die Mitarbeiterinnen des Heidekreisklinikums wünschen sich für ihren eigenen Arbeitsplatz Sicherheit. Der Heidekreis braucht, um eine Abwanderung des schwer zu ersetzenden Fachpersonals zu verhindern und um medizinisch zukunftsfähig zu bleiben, einen Neubau des Krankenhauses.

Herr Röbbert bringt nun einen Plan wieder ins Spiel, der schon lange vom Tisch war und verschärft damit das zeitliche Problem. Die verständliche Argumentation, ein Krankenhaus für den gesamten Landkreis müsse auch für alle in angemessener Zeit erreichbar sein, kehrt sich hier um, denn mit einem Standort in Soltau hätten diesmal die Bürger*innen des Südkreises einen unangemessen langen Anfahrtsweg. Der Standort S7 taugt nicht zur Konsensfindung. „Nicht die bestmögliche und modernste Gesundheitsversorgung Aller steht hier im Vordergrund, sondern die Stärkung des Standorts Soltau, zu Lasten des gesamten Heidekreises. Eine Entscheidung für S7 ist in Wahrheit eine Entscheidung gegen einen Neubau“, so Lennard Lorenzen, Sprecher der GRÜNEN im Heidekreis.

Bernhard Schielke (AfD): Was macht Herr Röbbert hier? Sei es zuletzt die skandalöse Absage unseres Bürgerdialogs in der Alten Reithalle sowie auch seine Androhung von Gerichtentscheidungen beim bereits festgelegten HKK-Standort F 4. Das Fordern von S 7 hätte schon weit vor der Kreistagsentscheidung stattfinden müssen. Dies haben wir ja bereits mit einem Antrag im letzten Jahr von dem Soltauer Stadtrat gefordert, leider ohne Erfolg. Jetzt, nachdem sich der Kreistag mit großer Mehrheit für F 4 entschieden hat, eine gerichtliche Überprüfung dagegen anzukündigen, ist nur noch „schlechte Kultur“. Frau Spöring (BGM Walsrode) ist rechtzeitig viel entschlossener aufgetreten. Weshalb erst jetzt seine Aussage, dass Fallingbostel und Dorfmark als Grundzentrum für ein Krankenhaus überhaupt nicht in Frage kommen? Will er damit generell einen Neubau verhindern, spekuliert wegen zukünftig zu erwartenden finanziellen Problemen HKK/Landkreis mit der Schließung des HKK- Standorts Soltau und darauf folgend für Soltau als Mittelzentrum mit gehobenen Bedarf evtl. mit einem privaten Krankenhausbetreiber?

Das Bürgerbegehren, deren Zulässigkeit jetzt auch noch durch ein vom KA in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten geprüft wird, steht nicht unter einem „guten Stern“. Wir hatten uns von Anfang an für Soltau, als maximale Schmerzgrenze und Kompromiss Dorfmark stark gemacht. Aber wahrscheinlich müssen wir uns leider mit der von der SPD einheitlich getragenen Entscheidung F 4 abfinden. Wir hoffen nur, dass wir mit dieser unrühmlichen Standortdiskussion nicht den Neubau eines kommunal gut ausgestatteten HKK verhindern, das wäre ein Bärendienst für Bevölkerung u. Klinikpersonal.

Thorsten Schröder (BU): Die Ziele für einen Krankenhaus-Neubau sind die Reduzierung der erheblichen Defizite sowie insbesondere die schnelle Erreichbarkeit für alle Bürger unseres Heidekreises. Da die finanziellen Mittel durch die Kommunen zur Verfügung gestellt werden, müssen auch alle Bürger die Möglichkeit haben „unser“ Kreiskrankenhaus schnell zu erreichen. Über die Aussagen des Soltauer Bürgermeisters sind auch wir sehr verwundert. Wir halten sein Verhalten und die Aussagen –nicht zum ersten Mal- für grenzwertig. Zudem „torpedieren“ solche „Alleingänge“ das Bürgerbegehren und sind nicht zielführend. Es handelt sich aus unserer Sicht nur um eines – vorgezogener Bürgermeister-Wahlkampf!

Wir bleiben voll inhaltlich bei unserer Meinung und unterstützen die Belange des Bürgerbegehrens. Es ist nicht akzeptabel, dass viele Bürger aus den Städten und Gemeinden des Nord- oder Südkreises einfach „abgehängt“ werden. Als Standort kann daher nur eine zentrale geografische Lage in Frage kommen. Somit muss der Standort nach unserer Überzeugung in der Nähe von Dorfmark sein. Dies ist der geografische Mittelpunkt des Kreises und für die meisten Bürger innerhalb der vorgegebenen 30 Minuten zu erreichen. Wir hoffen, dass die Südkreispolitiker, die SPD und auch der Soltauer Bürgermeister doch noch zur Vernunft kommen und die folgerichtige Entscheidung pro Dorfmark mittragen?! Unser Ziel ist ein modernes Krankenhaus in kommunaler Trägerschaft, in zentraler geografischer Lage zum Wohle aller Bürger unseres schönen Heidekreises. Dieses Ziel ist langfristig nur zu erreichen, wenn es die Akzeptanz aller Bürger im Heidekreis findet – unabhängig des persönlichen Wohnortes!

Fotomontage: Ginschel

Fotomontage: Ginschel

Reinhard Vorwerk