Ein Desaster mit Ansage
Von Anja Trappe
Jetzt hat der Gutachter das erwartete und von vielen wohl auch erhoffte Urteil getroffen. Das Bürgerbegehren ist nicht zulässig und war es wohl auch nicht, als der Kreisausschuss im August noch grünes Licht dafür gab. Als Desaster mochte Landrat Manfred Ostermann die Abläufe und nun die Rücknahme der Genehmigung aber nicht bewerten. Nein, bei ihm klang es eher danach, dass man nun Glück habe, die rechtlichen Hindernisse rechtzeitig erkannt zu haben. Aber nein, es ist ein Desaster, und so hätte er es auch nennen müssen – ein Desaster, das mittlerweile den ganzen Landkreis erfasst hat und auseinander treibt. Auch wenn man noch so sehr „ein Heidekreis und ein Heidekreis-Klinikum“ heraufbeschwören wolle.
Den Anfang nahm der Prozess schon vor Jahren, als gut funktionierende Abteilungen nach einem undurchsichtigen politischen Prozess von Soltau nach Walsrode verlegt wurden. Schon da war das Vertrauen im Keller, zumal ein Kompromiss zur Kinderklinik nur so lange hielt, wie die Tinte unter diesem trocknete. Zudem stieg das Defizit des Klinikums über die Jahre. Gut, mittlerweile sinkt es wieder, aktuell pendelt es sich wohl bei acht Millionen Euro ein, die der Träger, der Landkreis, jährlich zuschießen muss. Doch die Sache mit dem fehlenden Vertrauen war nicht vergessen und kochte wieder hoch, als in diesem Jahr nach einem Richtungsschwenk in nur wenigen Tagen die Standortentscheidung für den Neubau durchgezogen wurde. Dabei waren viele, darunter auch gestandene Politiker, davon ausgegangen, dass es keinen anderen Neubaustandort im Kreis als Dorfmark geben könne.
Aber man berief sich auf Gutachten, die dagegen und für F4 sprachen, die bei näherem Hinsehen zwar nicht unbedingt aufgrund der handwerklichen Herangehensweise zu hinterfragen sind, aber durchaus im Hinblick auf ihre Grundlage und einzelnen Bewertungspunkte. Und die Bevölkerung wurde nicht mit eingebunden, im Gegenteil, man verwies auf den Fördermittelgeber Land, der für den Zeitdruck verantwortlich sei. Dass sich aus diesem fehlenden Vertrauen in die Entscheidungsträger eine Initiative gründete, die aus Vertretern aller Kommunen im Norden des Heidekreises besteht, ist die Folge verfehlter oder gänzlich unterlassener Kommunikation der Verantwortlichen und vor allem des Landrats. Mehr als 12 000 Unterschriften, weit mehr als notwendig waren, wurden gesammelt – auch, weil der Kreisausschuss dafür grünes Licht gegeben hatte, sich zuvor hatte dazu rechtlich beraten lassen.
Und nicht nur einmal ging es in dem Prozess des Bürgerbegehrens hoch her, beharkten sich Menschen auf beiden Seiten, der Vorwurf „alte, weiße Männer“ hintertrieben den Bau des Klinikums, ist da noch einer der harmloseren. Der Riss zog sich wie mit dem Lineal gezogen zwischen Nord- und Südkreis. Nun sind die 12 000 Unterschriften nichts mehr wert. Und auch wenn die Argumentation des Rechtsgutachters durchaus schlüssig ist: Das Vertrauen der Menschen wird niemand auf absehbare Zeit zurückgewinnen. Dabei wäre gerade dies für den neuen Standort des Heidekreis-Klinikums enorm wichtig. Denn nur mit der Akzeptanz steigen auch die wirtschaftlichen Chancen für den Neubau, das kommunale Krankenhaus aus dem Defizit herauszuholen. Möglicherweise ist der Erfolg der F4-Befürworter nur ein Pyrrhus-Sieg und die Diskussion ganz am Ende sogar hinfällig. Denn mit Blick auf die Schuldenentwicklung des Heidekreises muss man sich diese Investition vielleicht sowieso sparen. Den vielbeklagten Riss durch den Heidekreis wird aber auch das nicht heilen.