„12 000 Menschen werden das nicht verstehen“
Von Anja Trappe
Soltau. 12 000 Unterschriften seien kein Pappenstiel, aber es sei, wie es sei. Landrat Manfred Ostermann betonte am gestrigen Montag, dass der Kreisausschuss zum Bürgerbegehren zum neuen HKK-Standort lieber jetzt die Reißleine gezogen habe. Die Entscheidung fiel allerdings nicht einstimmig, sieben Ja- standen nach Informationen der Böhme-Zeitung vier Nein-Stimmen gegenüber. Die, die es betrifft, die Initiatoren des Bürgerbegehrens, haben zur Entscheidung des Kreisausschusses bislang offiziell keinen Hinweis erhalten. Nur das Rechtsgutachten sei ihnen kommentarlos aus dem Kreishaus zugesandt worden, wunderte sich der Soltauer Otto Elbers erneut über den Umgang mit der Initiative.
Man habe zwar die Medien informiert, aber „nicht uns“, bezog sich Elbers auch auf die mehr als 12 000 Menschen, die hinter den Unterschriften des Bürgerbegehrens stünden. Unverständnis äußerte Elbers vor allem darüber, dass man die rechtlichen Seiten gleich hätte zu Beginn des Verfahrens abklopfen können. Zumal die Entscheidung zum Standort eine des Kreistags gewesen sei, erst daraufhin habe die Stadt Bad Fallingbostel die Planungen begonnen. „Zum Zweiten denke ich, dass die 12 000 Menschen im Heidekreis die Rücknahme der Zulässigkeit nicht verstehen werden. Es ist ein demokratischer Prozess, der genehmigt wurde. Wie kann man diesen nachträglich für unwirksam erklären?“ Die Initiative des Bürgerbegehrens will sich am heutigen Dienstag noch einmal ausführlich zum aktuellen Prozess äußern. „Wir müssen es erst einmal in Ruhe sacken lassen“, erklärte Elbers.
Am vergangenen Freitag schon haben sie beim Verwaltungsgericht Lüneburg eine einstweilige Anordnung und eine Klage eingereicht. Ziel des 17-seitigen Papiers ist es, den Antragsgegner, in dem Fall den Kreisausschuss, vertreten durch den Landrat, zu verpflichten, das Bürgerbegehren vorläufig zuzulassen. Eine Entscheidung sei noch nicht getroffen, so Elbers. Landrat Ostermann sieht dieser gerichtlichen Auseinandersetzung gelassen entgegen, zumal das Verfahren keine aufschiebende Wirkung habe, der Planungsprozess für den HKK-Neubau ohne Probleme weiterlaufe. Er setze nun darauf, dass HKK-Geschäftsführer Dr. Achim Rogge die Menschen im Heidekreis weiter über die Planungen zum HKK informieren werde. Er hoffe, dass damit auch die Menschen, die bisher Zweifel am Projekt hätten, vom Standort und Neubau überzeugt würden. „Es ist F4 geworden, und es wird F4 werden“, so Ostermann. Umfassend hatte Professor Dr. Jörn Ipsen in seinem Rechtsgutachten herausgearbeitet, warum ein Bürgerentscheid im Heidekreis letztlich scheitern würde. Insbesondere laufe es darauf hinaus, dass in die Planungshoheit Bad Fallingbostels eingegriffen würde.
Kommunales Planungsrecht betroffen
Erst kürzlich hatte der Stadtrat noch einmal explizit festgestellt, dass eine Bauleitplanung nur für den Standort F4 infrage komme. Er hatte einen Standort bei Dorfmark kategorisch ausgeschlossen. „Die Letztentscheidungskompetenz liegt bei Fallingbostel“, so Ipsen. Ein Bürgerbegehren über kommunales Planungsrecht sei nach den Regeln des niedersächsischen Kommunalverfassungsrechts nicht möglich. Möglicherweise hätten die Ministerien von den kommunalen Gegebenheiten vor Ort nicht die Kenntnis, erklärte Ipsen zu der Frage, warum der Landkreis zu Beginn des Prozesses vom Innen- und Landwirtschaftsministerium grünes Licht für das Bürgerbegehren erhalten habe. Letztlich habe es im Hinblick auf die Entscheidung des Kreisausschusses am 10. August für das Bürgerbegehren auch über die letzten Wochen weiter „Bauchgrummeln“ gegeben, wie Ostermann es ausdrückte. Aufgrund dieses Bauchgrummelns habe man noch einmal auf eine rechtliche Beratung gesetzt.
Er habe explizit kein Rechtsanwaltsbüro beauftragen wollen, da man ihm nicht nachsagen sollte, dass es ein Gefälligkeitsgutachten geworden sei, so Ostermann. Er verwies auf den unabhängigen, renommierten Rechtsexperten Ipsen. Dieser betonte, dass ergebnisoffene Gutachten für ihn seit 40 Jahren eine berufsethische Selbstverständlichkeit seien. Zu der Entscheidung des Kreisausschusses äußerte sich auch Sebastian Zinke als Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion. „Bereits im August hatten wir Zweifel, ob ein Bürgerbegehren zulässig ist.“ Die damals von Landrat und Kreisverwaltung vorgetragene Rechtsauffassung habe aber die Zulässigkeit nahegelegt. Man habe sich, so Zinke, im Zweifel für die Bürgerbeteiligung entschieden. Das nun vorliegende Rechtsgutachten zeige, dass diese Entscheidung falsch und damit aufzuheben war. „Wir sind mit dem Verfahren sehr unzufrieden, weil wir wissen, dass wir damit viele Bürgerinnen und Bürger enttäuschen werden“, betont Zinke. Der Kreisausschuss hätte bereits im August das jetzt vorliegende Gutachten einholen sollen.