„Wir wollen ein Krankenhaus für alle“
Soltau. Der Munsteraner Adolf Köthe kann sich noch gut an seine Zeit im Kreistag erinnern: Von 1996 bis 2006 saß er für die CDU dort, war drei Jahre auch Fraktionschef. Inzwischen ist er zwar nicht mehr politisch aktiv und parteilos, damals aber sei, wenn die Rede auf einen Neubau eines Klinikums gekommen sei, Konsens gewesen, dass nur Dorfmark als Mittelpunkt des Heidekreises in Frage kommen könne. Der aktuelle Kreistag hat das Ende Juni allerdings anders entschieden und einen Standort südlich von Bad Fallingbostel (F4) beschlossen. Dort soll das neue Heidekreis-Klinikum (HKK) gebaut werden – mit einer möglichen finanziellen Förderung des Landes von 130 Millionen Euro.
„Munster wird den Standort nicht akzeptieren“, sagt Köthe nun und meint, dass die Patienten aus seiner Heimatstadt weiterhin nach Uelzen oder Celle ausweichen würden, andere im Nordkreis nach Buchholz, Lüneburg oder Rotenburg. Deshalb macht er sich gemeinsam mit weiteren Vertretern aus den sechs Nordkreiskommunen parteiunabhängig dafür stark, dass der Kreistagsbeschluss gekippt wird und der Neubau in Dorfmark erfolgen soll. Ein Bürgerbegehren wird angeschoben.
„Wir möchten, dass das Heidekreis-Klinikum nach Dorfmark kommt“, sagt auch Otto Elbers aus Soltau. Die Lage sei doch der wichtigste Faktor für die Akzeptanz eines Neubaus, zudem wichtig für Handel, Handwerk und Gewerbe nicht nur zur Mitarbeiterwerbung, sondern auch für die Versorgung von Arbeitsunfällen. Er kritisiert insbesondere, dass die Bürger bei der Entscheidung nicht mitgenommen worden seien. „Wir wären schon weiter, wenn Politik und Kreisverwaltung nicht genau das versäumt hätten“, sieht er bei der Informationspolitik das Problem und nicht bei einem möglichen Bürgerbegehren, das nun zu Komplikationen bei der Umsetzung führen könnte. „Wir haben den Fehler nicht gemacht, den Schuh ziehen wir uns nicht an.“ Obwohl das eine große Belastung sei, „sind wir überzeugt, dass wir für die Bürger das Werkzeug einsetzen müssen“, sagt Elbers. Das sei die Möglichkeit, demokratisch vorzugehen: „Was wir im Moment haben, ist Diktatur“, bewertet Werner Salomon aus Schneverdingen die Entscheidung.
„Wir sind nicht informiert worden“ – Edith Schröder, Mit-Initiatorin des Bürgerbegehrens
Torge Stamer aus Neuenkirchen und Matthias Sorge aus Bispingen verweisen darauf, dass letztlich alle Bürger des Heidekreises den Neubau bezahlen müssten: „Wer zahlt schon gerne, wenn er die Leistung nicht bekommt“, sagt Sorge. Aus Bispinger Sicht wäre Dorfmark ideal. Er bemängelt, dass in den Gutachten Patienten außerhalb des Landkreises eine große Rolle spielten, „dabei haben wir selber genug Kundschaft“. Landfrauenvertreterin Edith Schröder kritisiert insbesondere die Informationspolitik: „Wir sind überhaupt nicht informiert worden.“ Und das, nachdem es mit der Entscheidung von vor neun Jahren bereits tiefe Wunden in Sachen HKK gegeben habe: Da habe es geheißen, diesen Fehler wolle man nie wieder machen, jetzt nehme man wieder in Kauf, einen Teil des Kreises auszuschließen. Im Moment könnten die Landfrauen im Nordkreis jedenfalls nicht erkennen, wo die Vorzüge des Standorts F4 lägen: „Die Politik muss aufgeweckt werden“, sagt sie zum Bürgerbegehren.
Die Initiatoren des Bürgerbegehrens suchen in allen Kommunen weitere Mitstreiter, um zunächst die Unterschriftenaktion auf eine breite Basis zu stellen. Dabei hoffen sie auch auf Kontakte in den Südkreis, auch dort seien nicht alle mit der Entscheidung zufrieden, hätten sie festgestellt. Wer sich beteiligen will, kann sich an Otto Elbers, Telefon (01 73) 8 40 30 03, wenden. „Wir sind kein geschlossener Kreis, wir brauchen Unterstützung. Wir wollen ein Krankenhaus für alle.“ at
Infobox: Mindestens 7,5 Prozent der Wahlberechtigten müssen unterstützen
Damit das Verfahren für ein Bürgerbegehren von Anfang an richtig läuft, ist auf Kreisebene der Landrat gesetzlich verpflichtet, die Initiatoren rechtlich zu beraten. Im Bürgerbegehren, das sich gegen einen Kreistagsbeschluss richtet und binnen drei Monaten nach offizieller Bekanntmachung des Kreistagsbeschlusses starten muss, müssen innerhalb von sechs Monaten ab Beginn unterstützende Unterschriften gesammelt werden. Für den Heidekreis gilt, dass zumindest 7,5 Prozent der Wahlberechtigten – es gilt die Zahl zum Zeitpunkt der letzten Kommunalwahl – das Begehren unterstützen müssen. Dabei muss jedes Blatt, auf dem im Kreis wohnhafte Bürgerinnen und Bürger (auch EU-Bürger) mit Name, Anschrift und Geburtsdatum unterzeichnen, den Wortlaut des Begehrens enthalten. Ist das Begehren zulässig, muss der Kreis einen Bürgerentscheid herbeiführen. Alle Wahlberechtigten werden dann – wie zu einer Wahl – benachrichtigt, und an einem Sonntag zwischen 8 und 18 Uhr können die Bürger dann in den üblichen Wahlräumen mit Ja oder Nein entscheiden. Die Mehrheit der abgegebenen Stimmen ist entscheidend, sofern die Stimmenmehrheit wenigstens 20 Prozent aller Wahlberechtigten umfasst. Der Entscheid wirkt wie ein erneuter Kreistagsentschluss und ist bindend. bk