Rat Munster gegen Klinik in Bad Fallingbostel

Von Anja Trappe

Munster. Der Munsteraner Stadtrat hält die getroffene Entscheidung für den künftigen Standort des Heidekreis-Klinikums südlich von Bad Fallingbostel für falsch. Auf eine Resolution einigte sich das Stadtparlament nach einer Marathonsitzung und einer mehr als einstündigen Diskussion zu dem Thema. Acht Ratsmitglieder der SPD-Fraktion stimmten gegen die Resolution, 19 – darunter auch Bürgermeisterin Christina Fleckenstein (SPD) – dafür, Siegfried Irion (FDP) enthielt sich der Stimme. In der Resolution werden drei Punkte genannt, warum die Entscheidung des Kreistags für Bad Fallingbostel aus Munsteraner Sicht falsch ist.

Ein Klinikneubau solle eine umfassende stationäre Grund- und Regelversorgung aller Bewohner des Landkreises im Blick haben, heißt es. Zudem seien die hypothetisch angenommenen Fallzahlen und Patienten aus Nachbarlandkreisen anscheinend mehr gewichtet worden, als die Erreichbarkeit der Klinik für alle Bewohner des Heidekreises. Zuletzt wird in der Resolution betont, dass ein Klinikneubau nur mit einer breiten Akzeptanz der Bürger des Heidekreises – und zwar auch der aus dem Norden – erfolgreich sein werde. Mehr als drei Stunden tagte der Munsteraner Rat, erstmals nutzte er dafür die Aula des Gymnasiums, um die Abstände wahren zu können. Außer Ehrungen und der Diskussion rund um die Straßenausbaubeiträge ging es hauptsächlich um den künftigen zentralen Klinikstandort und die Resolution, die auf Antrag der CDU erarbeitet worden war.

Wie auch im Kreistag, der am Freitag vor zwei Wochen mehrheitlich für den Standort F 4 bei Bad Fallingbostel gestimmt hatte, prallten auch im Munsteraner Stadtrat die unterschiedlichen Ansichten von CDU und SPD aufeinander. CDU-Fraktionschef Stefan Sorge gab zu, dass die Resolution nach der Abstimmung im Kreistag „spät dran“ sei. Allerdings habe man erst jetzt eine Möglichkeit gehabt, öffentlich vor Bürgern Stellung zu nehmen. Und so kritisierte er eine fehlende Transparenz in dem Verfahren. Sicher, vieles sei coronabedingt nicht möglich gewesen, habe möglicherweise aber geholfen, „das ein oder andere vielleicht aus dem Fokus zu nehmen“.

„Der Standort ist nicht tragbar“ – Anja Wiesemann, CDU-Ratsfrau

Sorge verwies auf viele Unbekannte in dem Gutachten und die zu erwartenden hohen Kosten. Zu denen, die für den Standort F 4 gestimmt hatten, erklärte Sorge, dass diese im nächsten Kreistag möglicherweise gar nicht mehr mitarbeiteten. „Aber wir klagen keinen an.“ Es herrsche jedoch ein tiefgründiges Misstrauen. Nun gehe es darum, ein Zeichen zu setzen. Dramatisch wurde es, als CDU-Ratsfrau Anja Wiesemann einen familiären Notfall vom Wochenende schilderte, bei dem der Rettungswagen nach Walsrode auf der Autobahn im Stau zwar gut durch die Rettungsgasse gekommen sei, letztlich habe er 38 Minuten bis in die dortige Klinik benötigt. Aber die Familie selbst, die kurz darauf startete und wegen des Staus über Land fuhr, habe 53 Minuten benötigt. Gerade mit Blick auf diesen Notfall könne sie die Zustimmung aus dem Nordkreis für F 4 nicht verstehen: „Der Standort ist nicht tragbar.“

Michael Aulenbach (SPD) plädierte für F 4. Die Munsteraner müssten nun darauf drängen, dass ihre Interessen berücksichtigt werden, sagte er insbesondere zur Verkehrsanbindung. Ganz anders sah die Entscheidung sein Fraktionskollege Horst Teil. Er richtete sogar seinen Dank an die CDU für die Resolution. Diese spreche ihm aus dem Herzen. Der von ihm favorisierte Standort Dorfmark hätte durchaus Bestand haben können. Schließlich sei ein Krankenhaus auch in der 1200-Einwohner-Ortschaft Obernkirchen in Niedersachsen gebaut worden. Neuratsmitglied und CDU-Stadtverbandschef Felix Friese wurde schließlich drastisch: Alle seien vom Kreistag über den Tisch gezogen worden, das fragile Vertrauen zwischen Nord- und Südkreis sei seit diesem Freitag klinisch tot. Wenn der Nordkreis und die Vertreter weiterhin uneins blieben, würde das dazu führen, dass dieser weiter geschwächt werde.

Siegfried Irion (FDP) betonte, dass das, was im Kreistag gelaufen sei, alles andere gewesen sei als ein „Highlight der Demokratie“. Es sei ein großer Fehler gewesen, dass viele Abgeordnete auch aus dem Nordkreis so abgestimmt haben wie sie es getan haben. Er plädierte nun aber für Ruhe und Besonnenheit. Eine Lanze für F 4 brach SPD-Fraktionschefin Melanie Bade. Sie verwies darauf, dass es doch eigentlich um eine gute gesundheitliche Versorgungsstruktur gehen müsse und nicht um die weitere Teilung des Kreises durch zwei Klinikstandort gehen dürfe. Hätten sich Soltau und Walsrode auf Dorfmark geeinigt, hätte dort gebaut werden können. „Mit Sicherheit ist Dorfmark schöner.“ Ihr gehe es aber um die bestmögliche Versorgung für Munster. Bürgermeisterin Fleckenstein verwies auf die Emotionen. Diese könne sie sehr gut nachvollziehen, da viele Munsteraner in dem 30-Minuten-Radius nicht dabei seien. Sie vollzog noch einmal die Entscheidungen des Kreistags nach, die Abgeordneten hätten es sich nicht leicht gemacht.

Fleckenstein warf Landrat Manfred Ostermann jedoch vor, dass der Landkreis bei seiner Informationspolitik völlig versagt habe. Sie habe sich gehörig mit dem Landrat angelegt. Der Landkreis habe es nicht geschafft, alle Menschen mitzunehmen. Sie habe die Befürchtung, dass der Standort F 4 völlig verbrannt sei, sodass eine neue Klinik nicht schwarze, sondern nur weniger rote Zahlen schreibe. Zudem seien die Baukosten noch gar nicht klar, die letztlich auch die Stadt Munster mitfinanzieren müsse. Der Landkreis habe noch viele Hausaufgaben zu erledigen. Stadt- und Kreistagsabgeordneter Detlef Rogosch (SPD) gab zu, dass man mit Dorfmark Frieden gehabt hätte. Jedoch sei seine Fraktion den Experten gefolgt, die die Gutachten aufgestellt hätten. Rogosch betonte, als Kreistagsmitglied auch den gesamten Kreis im Blick haben zu müssen, dazu gehörten nicht nur Schneverdingen und Munster, sondern auch Rethem. Kirchturmpolitik habe ausgedient. Jetzt müsse es darum gehen, beispielsweise den ÖPNV zur Anbindung an den neuen HKK-Standort auszubauen.

So einmütig wie auf diesem Foto stimmte der Munsteraner Stadtrat am Donnerstag nicht immer: Insbesondere zur Resolution zum Standort des neuen Heidekreis-Klinikums gab es eine emotionale Diskussion und keine volle Zustimmung. Foto: at

So einmütig wie auf diesem Foto stimmte der Munsteraner Stadtrat am Donnerstag nicht immer: Insbesondere zur Resolution zum Standort des neuen Heidekreis-Klinikums gab es eine emotionale Diskussion und keine volle Zustimmung. Foto: at

Anja Trappe