Walsrode als Projektkiller des HKK

Von Anja Trappe

Soltau. „Wenn einer klagt, kippt Dorfmark genauso wie Bad Fallingbostel.“ Soltaus Bürgermeister Helge Röbbert sieht nur bei einer einhundertprozentigen Zustimmung den geplanten Neubau eines Heidekreis-Klinikums auf sicheren Füßen. Ob man das politisch will, könne man sich in den nächsten ein, zwei Jahren reiflich überlegen. Röbbert sieht insbesondere die Finanzierung über die kommunalen Haushalte kritisch. Schon jetzt sei Soltau in puncto Kreisumlage an einer Überforderungsgrenze. Jetzt drohe eine Gegenfinanzierung des Krankenhausbaus von mehr als 100 Millionen Euro aufwärts: „Wollen wir die Entwicklung aller Kommunen abwürgen? Diese Frage müssen wir uns stellen.“ Das müsse der Kreistag auch bei seinem Ja zum Standort Bad Fallingbostel bedenken. „Wer jetzt Ja sagt, hat noch nicht über die Kosten gesprochen.“

Breit diskutierte der Soltauer Stadtrat am Donnerstagabend bei seiner ersten Sitzung nach der coronabedingten Zwangspause und wegen der Abstandsregeln in der Alten Reithalle eine Resolution zur Weiterentwicklung der stationären Versorgung im Heidekreis (BZ vom gestrigen Freitag). Einstimmig bei einer Enthaltung wurde das Papier auf den Weg gebracht. Darin spricht sich der Rat für die bestmögliche Erreichbarkeit und Versorgungssicherheit für alle Einwohner aus und fordert explizit eine umfassende Kostenbetrachtung. Die Enthaltung kam aus den Reihen der SPD von Reiner Klatt, die Fraktion stimmte ansonsten für die Resolution. Fraktionschef Harald Garbers hatte zu Beginn eine Stellungnahme der SPD verlesen. Er erinnerte an die Fehlentscheidungen zum HKK von vor zehn Jahren, die heute das Vertrauen und die Akzeptanz gegen null tendieren ließen. Er griff den damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Karl-Ludwig von Danwitz (CDU) an – „der immerhin einen Fehler einräumt“.

Die SPD werde nun erneut dem Sachverstand der Gutachter folgen, also für Bad Fallingbostel. Die Gutachten belegten die Favoritenrolle des Standorts. Zur Erreichbarkeit und Akzeptanz verwies Garbers auf die nur wenige Minuten voneinander entfernt liegenden Autobahnabfahrten. Zudem würden 70 Prozent der Patienten als Notfall eingewiesen. Er forderte dazu auf, nicht in den Kämpfen der Vergangenheit zu verharren, sich vielmehr der Zukunft der Gesundheitsversorgung zuzuwenden. Widerspruch erntete Garbers aus seiner eigenen Fraktion: Ingolf Grundmann warb für Dorfmark. Zu sagen, dass der Standort raumordnerisch nicht passe, sei ein Totschlagsargument und emotionale Erpressung. Man könne das auch umdrehen und Walsrode als Projektkiller bezeichnen, sagte Grundmann.

„Dorfmark liegt zentral für uns“ – Klaus Grimkowski-Seiler, BU/FDP-Gruppe

Leider sei die Bevölkerung nicht mitgenommen worden, die Transparenz fehle völlig. 40 000 Bürger seien abgehängt. Es sei Kaffeesatzleserei, dass man die fehlenden Patienten aus Nachbarkreisen kompensieren könne. Wenn es keine gute medizinische Versorgung in der Nähe gebe, dann zögen viele weg, insbesondere Fachkräfte, sagte Grundmann über mögliche Auswirkungen auf die Stadtentwicklung. Heidi Schörken, CDU-Fraktionschefin und Kreistagsmitglied, ging auf die fehlende Akzeptanz des Standorts südlich von Bad Fallingbostel ein. Mit der Vorgeschichte werde dieser nicht akzeptiert, prophezeite sie. Bis Dorfmark und nicht weiter müsse daher die Devise sein. Klaus Grimkowski-Seiler, Sprecher der BU/FDP-Gruppe und ebenfalls Kreistagsabgeordneter, erklärte, wenn die Erreichbarkeit für viele nicht gegeben sei, dann sei es kein zentrales Krankenhaus. Bezahlen aber müssten es die Kommunen. „Dorfmark liegt zentral für uns alle.“

Volker Wrigge (CDU) betonte, dass vor zehn Jahren eine Nacht- und Nebelaktion zur Schwächung des Klinikstandorts Soltau geführt habe, „diesmal geht es innerhalb von drei Wochen“. Wo seien die öffentlichen Diskussionen, jetzt werde die Pandemie vorgeschoben. Wilfried Worch-Rohweder (dps) fragte insbesondere nach den Kosten: „Wer soll das bezahlen? Mit der Kreisumlage sind wir jetzt schon an der oberen Grenze.“ Er sei der Meinung, dass weiter südlich von Dorfmark keinen Sinn ergebe. Reiner Klatt erklärte, dass auch er enttäuscht über die Art und Weise und die Kurzfristigkeit der Entscheidung sei. Hier habe man aber vielleicht die letzte Chance, so Klatt, für den Heidekreis ein modernes Krankenhaus an einem Standort mit besserer Medizin zu bekommen. Die Entscheidung von von Danwitz habe 60 Millionen Euro gekostet. Wenn Dorfmark jetzt durchkomme, dann sei das Projekt gefährdet, weil man klagen könne. Vielleicht, so Klatt, habe Röbbert als Fachmann einen Plan, wie man Soltau als Standort retten könnte. Dieser wiederum widersprach, dass das Krankenhaus Wahlkampfthema sein werde, dazu sei es viel zu wichtig.

Für jeden einen Tisch in der Alten Reithalle: Coronabedingt gab es besondere Anforderungen an den Soltauer Stadtrat, der zum ersten Mal nach der Zwangspause wieder tagte. Foto: at

Für jeden einen Tisch in der Alten Reithalle: Coronabedingt gab es besondere Anforderungen an den Soltauer Stadtrat, der zum ersten Mal nach der Zwangspause wieder tagte. Foto: at

Anja Trappe