„Jetzt reicht‘s“: Krankenhausstreit wird auch im Radio ausgetragen
vo Soltau. Ob die Radiohörer zwischen Ems und Elbe am Ende der Sendung „Jetzt reicht‘s“ auf NDR 1 Niedersachsen klüger sein werden und den seit Monaten anhaltenden Streit über die Zukunft des Heidekreisklinikums nachvollziehen können? Wohl kaum. Eine Stunde lang diskutierten am Dienstagabend Hermann Norden, der Chef der CDU-Kreistagsfraktion, und Mathias Ernst, einer der Initiatoren des Bürgerbegehrens für zwei gleichwertige Krankenhäuser, über die Zielbilder A bis D und deren Auswirkungen. Moderiert wurde das Streitgespräch vor rund 100 Zuhörern im Hotel Meyn von NDR-Moderator Hans-Jürgen Otte.
Dabei wurde deutlich, dass die Aufarbeitung eines derart komplexen Themas wie der Krankenhausstreit für das Medium Rundfunk mit begrenzten Redezeiten nur eingeschränkt möglich ist. Mehrfach sah sich der Moderator genötigt, den Diskutanten das Wort abzuschneiden. Vieles, fast alles, wurde angesprochen, aber nicht zu Ende diskutiert. Offen blieb vor allem die Frage nach den Gründen für das plötzlichen Umschwenken vom ersten Gutachtervorschlag, dem Zielbild A, auf das zunächst alles hinauslaufen zu schien, auf Plan B. In dem war erstmals die Rede von einer Ansiedlung der Kinderklinik in Walsrode und nicht in Soltau. Folge war das zweite Kestermann-Gutachten mit den Varianten C und D. Danach ging der Streit richtig los, weil der Kreistag sich entgegen der Gutachterempfehlung mit knapper Mehrheit für Zielbild C aussprach. Selbst Otte hatte seine Mühe mit den Zielbildern, musste sich nach Zuruf aus dem Publikum einmal selbst korrigieren, weil er die Varianten C und D verwechselt hatte.
Gut vorbereitet
Ansonsten präsentierte sich der Moderator gut vorbereitet, konnte mit viel Hintergrundwissen aufwarten – bis hin zur Vermutung, dass eine Ursache für den Streit in den Ereignissen von 1977 liegen könnte, als die ehemaligen Landkreise Soltau und Fallingbostel zusammengelegt wurden. Legt man die Reaktionen des Publikums zugrunde, hat es einen klaren Sieger gegeben: Mathias Ernst, dessen Äußerungen mehrfach mit Beifall quittiert wurden. Das konnte aber nicht überraschen, denn für den Soltauer war es ein Heimspiel. Fair solle es zugehen. Darauf hatte Moderator Otte vor der Aufzeichnung ausdrücklich hingewiesen – „aber nicht emotionslos“. Beiträge aus dem Publikum seien erwünscht. Davon machten etliche Anwesende Gebrauch, von Ehrenlandrat Wolfgang Buhr und den Grünen-Sprecher im Kreistag Dr. Christopher Schmidt bis hin zu weiteren Vertretern des politischen und gesellschaftlichen Lebens. Hauptadressat der Nachfragen und Vorwürfe war, wie zu erwarten, Norden, der sich als Verfechter der vor allem in Soltau heftig kritisierte Variante C – mit einer Kinderklinik in Walsrode – in die Höhle des Löwen gewagt hatte. Einmal drohte ihm sogar der Kragen zu platzen: Die Anwürfe gegen ihn müssten aufhören, „sonst gehe ich nach Hause“. Auslöser dafür war seine Antwort auf Ottes Frage, ob bei der Kreistagsentscheidung vom 28. Januar für Plan C „politischer Druck aus dem Südkreis“ im Spiel gewesen sei. Da habe es keinerlei Zusammenhänge gegeben, so Nordens Erwiderung, die ihm viele Zuhörer hörbar nicht abnehmen wollten – der emotionale Höhepunkt des Abends. Lediglich die Walsroder Bürgermeisterin Silke Lorenz und der CDU-Kreistagsabgeordnete Dr. Hans-Joachim Wangnick standen Norden argumentativ zur Seite. Befragt nach den Chancen des Bürgerbegehrens, gab sich Ernst zuversichtlich: „Wir schaffen das.“
Man sei aber offen für Kompromisse. Die mahnte in der Fragerunde auch Bernd Ingendahl an. Der Soltauer SPD-Vorsitzende, einer der Initiatoren des Bürgerbegehrens, hat ein allgemeines Unbehagen in der Bevölkerung ausgemacht, „weil viele nicht wissen, wie die Fakten aussehen.“ Nötig sei ein weiteres Gutachten, „um alles zu bewerten“. Über diese Brücke wollte Norden aber nicht gehen: 350 000 Euro seien bereits für Gutachten ausgegeben worden. „Mehr ist nicht nötig“, befand er. Zu hören ist die Aufzeichnung des Gesprächs in der Sendung „Jetzt reicht‘s“ am Donnerstag, 19. Mai, im Anschluss an die 20-Uhr-Nachrichten auf NDR 1 Niedersachsen auf UKW 91,8 MHz.