Interview: „Bald 10 000 Unterschriften“

wu Soltau. Die geplante Umstrukturierung des Heidekreis-Klinikums sorgt für heftige Debatten. Mit den Soltauer CDU-Politikern Volker Wrigge und Mathias Ernst, die sich für das Bürgerbegehren für zwei gleichwertige Krankenhäuser Soltau und Walsrode engagieren, sprach BZ-Redaktionsmitglied Andres Wulfes.

BZ: Wie läuft es mit dem Bürgerbegehren?

Ernst: Wir können sehr zufrieden sein. Die Resonanz ist ausgesprochen positiv. Wir nähern uns der bedeutenden Marke von 10 000 Unterschriften. Besonders erfreulich ist: Mehr als die Hälfte der Unterschriften kommt aus den Nachbargemeinden, insbesondere aus Munster und Schneverdingen. Aber auch der Süden ist gut vertreten. Vor ein paar Tagen hatte ich sogar einige Umschläge aus Lindwedel und Rethem im Briefkasten. Das zeigt, dass das Thema den ganzen Kreis berührt.

BZ: Unabhängig von den Unterschriften – was für Reaktionen gibt es?

Ernst: Aus der Bürgerschaft kommt enorme Unterstützung. Viele sagen, es ist richtig, sich für eine gute Zukunft des Heidekreis-Klinikums zu engagieren, sagen, dass das, was gelaufen ist, nicht nachvollziehbar ist. Es hat einfach keinen Sinn, gesunde Abteilungen zu schließen oder mit erheblichem Risiko zu verschieben.

Wrigge: Teilweise zeigen die Bürger mit ihren Schreiben auch Sympathie und Anerkennung, indem sie kleine Botschaften dazulegen: „Ich wünsche Euch viel Erfolg“, heißt es da, oder „Lasst Euch nicht unterkriegen“. Das baut einen richtig auf und macht Mut weiterzumachen.

BZ: Nun gibt es aber nicht nur Unterstützung, sondern vor allem aus dem Südkreis kräftigen Gegenwind bis hin zu einer vor kurzem gestarten Anti-Plan-D-Kampagne. Was halten Sie davon?

Wrigge: Eine solche destruktive Kampagne war zu erwarten. Aber auch diese Neinsager werden nicht erklären können, weshalb es überhaupt zu der Änderung vom Zielbild A zu B gekommen ist und warum gutgehende und wirtschaftlich arbeitende Abteilungen von Soltau nach Walsrode und umgekehrt verlegt werden sollen.

BZ: Wie geht es jetzt weiter – und welches Ergebnis ist zu erwarten?

Wrigge: Wir schaffen die 12 000 Unterschriften, wenn wir so konsequent weiterarbeiten wie bisher und den Menschen immer wieder verdeutlichen, worum es geht.

BZ: Der Kreistag könnte ja Abhilfe schaffen und seinen bisherigen Beschluss kassieren. Erhoffen und erwarten Sie das?

Ernst: Bei sehr vielen Bürgerbegehren kommt es zu einem Abhilfebeschluss. Wie die Kreis-Grünen sehen wir hierfür gute Möglichkeiten. Grundsätzlich sind wir offen für einen Moderations- und Schlichtungsprozess, bei dem alle Fakten auf den Tisch kommen. Am Ende könnte es so zu einem breit getragenen Konsens kommen – und das wäre wünschenswert.

BZ: Damit dieser Entscheid Erfolg hat, sind mindestens 30 000 Ja-Stimmen nötig – eine Zahl, die Ihnen vielleicht Sorgen macht?

Ernst: Nein, überhaupt nicht. Wir haben immer gesagt, dass die Menschen aufgefordert sind zu sagen, was sie möchten – ob es ihnen wichtig ist, dass es zwei gleichwertige Krankenhäuser gibt. Sollten die Menschen am Ende nicht entsprechend zu den Wahlurnen gehen, dann ist dieser Bürgerentscheid selbstverständlich zu akzeptieren.

Wrigge: Auf jeden Fall ist es für uns wichtig, dass wir den Bürgern diesen Prozess jetzt ermöglichen. Die Alternative wäre ja gewesen, dass ungefragt eine Entscheidung umgesetzt würde, die eben nicht optimal im Sinne der Gesundheitsversorgung für den Landkreis ist.

BZ: Die ganze Krankenhausdiskussion hat ja auch zu einem Streit innerhalb des Landkreises, vor allem auch innerhalb der CDU geführt. Was bedeutet das für die eigene politische Arbeit?

Wrigge: Es geht hier nicht um Parteipolitik, sondern um die Sache. Wenn ich mit Bürgern aus dem Südkreis spreche, erfahre ich immer eine große Offenheit. Es hat mich sehr bekümmert, dass von Anfang an von Teilen der Kreis-CDU eine Frontstellung aufgebaut worden ist. Diese Frontstellung ist überhaupt nicht mehr zeitgemäß. Das Ziel, dass wir ein zukunftstaugliches Heidekreis-Klinikum schaffen, sollten wir gemeinsam haben.

Ernst: Das Bürgerbegehren hat ja auch den Hintergrund, dass der Prozess bis zur Kreistagsentscheidung mehr als fraglich war – voller Widersprüche und voller Intransparenz. Es gibt da ein Defizit, das in gewisser Hinsicht durch ein Bürgerbegehren geheilt werden kann. Wichtig dafür ist aber, dass die Bürger soviel Informationen wie möglich erhalten. In diesem Punkt sind auch der Aufsichtsrat und der Kreistag gefordert.

Wrigge: Was mich wirklich gewundert hat: Nachdem im Sommer über 20 000 Unterschriften gesammelt worden waren, ist dieses Ergebnis dem CDU-Kreisvorstand nicht einmal einen ordentlichen Tagesordnungspunkt wert gewesen.

BZ: Stichwort zukunftsfähiges Krankenhaus: In welche Richtung muss sich das Krankenhaus entwickeln?

Wrigge: Wichtig ist, dass die medizinische Grund- und Regelversorgung flächendeckend im Landkreis gewährleistet wird. Und dann muss man sehen, wo man wichtige Spezialabteilungen etablieren kann, an welchem Standort also welche Profilbildung sinnvoll ist. Dabei müssen wir bestehende Stärken stärken und Schwächen abbauen. Bevor man in diesem Landkreis etwas zentralisiert, sollte man sich das sehr genau überlegen. Denn wir sind kein Stadtstaat wie Hamburg, wo sich das nächste Krankenhaus in zwei, drei Kilometern Entfernung befindet. Zwischen Soltau und Walsrode liegen immerhin 30 Kilometer.

Volker Wrigge (links) uns Mathias Ernst spüren eine große Resonanz auf die Initiative für ein Bürgerbegehren in Sachen Heidekreis-Klinikum. Foto: wu

Volker Wrigge (links) uns Mathias Ernst spüren eine große Resonanz auf die Initiative für ein Bürgerbegehren in Sachen Heidekreis-Klinikum. Foto: wu

Andres Wulfes