Wütende Damen gegen Bürgerbegehren

me Walsrode. Dass im Nordkreis Enttäuschung und Ärger über die Entscheidung des Kreistags in Sachen Umstrukturierung des Heidekreis-Klinikums herrschen, hat die Böhme-Zeitung berichtet. Doch wie steht der Südkreis zur so genannten Variante C, die unter anderem vorsieht, die Kinderklinik in Soltau zu schließen und sie dafür in Walsrode zu konzentrieren? Zeigen die Bürger vor Ort Verständnis für das Aufbegehren im Nordkreis? Oder lehnen sie die Initiative Bürgerbegehren strikt ab? Die BZ-Redaktionsmitglieder Raphaela Traut und Maik Eckardt haben sich in die Höhle des Löwen gewagt, genauer nach Walsrode, und sich vor Ort umgehört, was die Menschen vom Bürgerbegehren halten – und versucht, Stimmen dafür zu sammeln. Die eindeutige Tendenz: pro Kreistagsentscheidung und contra Bürgerbegehren. Aber: Es gibt auch Ausnahmen. Verkäuferin Astrid Feuerhahn hält nichts von der Aktion: „Wieso? Es ist alles gut so, wie es entschieden wurde. Außerdem bin ich mit der Klinik in Walsrode sehr zufrieden.“ Sie reißt deshalb den Unterschriftenzettel durch. Auf ihre Stimme müssen die Initiatoren verzichten. Während Feuerhahn noch ein wenig Verständnis für das Begehren aus Sicht des Nordkreises aufbringt, reagieren zwei ältere Damen wütend. „Was wollen die in Soltau noch alles? Die kriegen den Hals nicht voll“, antworten sie auf unsere Frage, ob sie dafür sind, dass die Kinderklinik in Soltau bleibt. Sie sind erzürnt, wieso überhaupt für einen möglichen Bürgerentscheid Geld ausgegeben werde: „Es ist doch bescheuert, dafür etwas zu zahlen.“ Doch längst nicht alle Walsroder reagieren so gereizt auf das Thema. Die Mehrheit geht gelassen mit der Kreistagsentscheidung um. Viele sind einfach nur froh, dass die Kinderklinik in Walsrode bleiben soll, besonders wegen der Nähe zum eigenen Wohnort. „Dann muss ich nicht so weit fahren, wenn etwas mit meinem Kind ist“, teilen uns viele Mütter mit. Eine junge Mutter ist mit der bisherigen Situation unzufrieden, weil sie bisher in Walsrode oft abgewiesen worden sei: „Wir sind nicht zuständig, fahren Sie nach Soltau“, habe es seitens des Krankenhauspersonals meist geheißen.

„Es ist mir egal“

Andere Befragte wiederum wollen sich der BZ gegenüber gar nicht zum Thema äußern oder sich weder auf die eine noch auf die andere Seite stellen: „Es betrifft mich nicht“ oder „es ist mir egal“ ist zu vernehmen. Neben gleichgültigen Reaktionen und harten Verfechtern der Kinderklinik in Walsrode gibt es aber auch diplomatische Äußerungen: „Es ist schön, die Kinderklinik hier in Walsrode zu haben, wir können aber mit den Soltauern mitfühlen. Warum gibt es nicht zwei Kinderkliniken, in Walsrode und in Soltau?“, fragen zwei Damen. Ihrer Ansicht nach gibt es außerdem zu wenig Kinderärzte. Warum werde am falschen Ende, bei den Kindern, gespart? Übrigens wünschen sich auch die Initiatoren des Bürgerbegehrens zwei Kinderkliniken im Landkreis. So könne sich die Region als besonders familienfreundlich profilieren. Eine Walsroderin, die sich mit den Umstrukturierungen am Klinikum noch nicht auseinandergesetzt hat, sagt: „Entscheidend ist doch, dass die Kinderklinik dort angesiedelt ist, wo es die meisten Geburten gibt.“ Das ist in Soltau der Fall. Doch auch im Südkreis gibt es Zustimmung für Plan D. „Soltau ist eine große Stadt mit vielen Kindern. Die Kinderklinik in Soltau kann doch bestehen bleiben“, sagen Anke Blume und Inge Renken aus Walsrode, die ohne zu zögern für das Bürgerbegehren unterschreiben. Zwei Stimmen aus dem Südkreis: wir sind verblüfft. Alles in allem hat unsere Umfrage in Walsrode aber gezeigt: Aus dem Südkreis kann nur mit geringer Unterstützung für das Bürgerbegehren gerechnet werden (wie zu erwarten war). Insgesamt sind 12 000 Unterschriften nötig, damit der Landkreis einen Bürgerentscheid abhalten muss. Der Entscheid soll die vom Kreistag beschlossene Umstrukturierungsvariante C (die unter anderem eine Kinderklinik ausschließlich in Walsrode vorsieht) durch Variante D (Kinderklinik ausschließlich in Soltau) ersetzen. Wahlberechtigt sind alle mit Hauptwohnsitz im Landkreis gemeldeten Personen ab 16 Jahren. Erfolgreich ist ein Bürgerentscheid dann, wenn die Mehrheit der gültigen Stimmen auf Ja lautet, sofern diese Mehrheit mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten umfasst, also knapp 30 000 Menschen.

Verkäuferin Astrid Feuerhahn zeigt BZ-Redaktionsmitglied Maik Eckardt, was sie vom Bürgerbegehren hält: Sie reißt den Stimmzettel durch. Fotos: rt

Verkäuferin Astrid Feuerhahn zeigt BZ-Redaktionsmitglied Maik Eckardt, was sie vom Bürgerbegehren hält: Sie reißt den Stimmzettel durch. Fotos: rt

Inge Renken (links) und Anke Blume lassen sich von Maik Eckhardt erklären, was es mit dem Bürgerbegehren auf sich hat. Mit ihrer Unterschrift möchten sie Variante D unterstützen.

Inge Renken (links) und Anke Blume lassen sich von Maik Eckhardt erklären, was es mit dem Bürgerbegehren auf sich hat. Mit ihrer Unterschrift möchten sie Variante D unterstützen.

Andres Wulfes