Leserbrief: Gruselige Aussichten

Ob Plan B, der vorsieht, die Gynäkologie, die Finkelstein-Klinik, die Entbindungsstation, einen großen Teil der Chirurgie und auch noch die Anästhesie von Soltau nach Walsrode zu verlegen, wirtschaftlich der Weisheit letzter Schluss und wirklich notwendig ist, kann ich nicht beurteilen. Was aber der Landtagsabgeordnete Karl-Ludwig von Danwitz zu dem Schlamassel zu sagen hat, halte ich für ziemlich bemerkenswert: Seine politisch und rhetorisch äußerst niveauvolle Androhung, dass derjenige, der geplaudert habe, „ein Verfahren an den Hals“ kriege, zeigt, dass auch immer noch derjenige, der auf ein Missstand hinweist, als viel gefährlicher gilt als der, der ihn verursacht. Und dass auch hier und heute noch der Grundsatz gilt, den Überbringer einer schlechten Nachricht stellvertretend für deren Ursache zur Verantwortung zu ziehen. Im Mittelalter wurde der arme Kerl angeblich geköpft, und auch bei diesem Plauderer wird es ein Verfahren am Hals geben gruselig. Noch gruseliger ist die öffentlich geäußerte Selbst¿erkenntnis, keine Rücksicht nehmen zu können „auf Dinge, die dem einen oder anderen nicht passen“. Gruselig insofern, als Herr von Danwitz als Familienvater anscheinend die Tatsache schon vergessen hat, dass zum Beispiel für kranke Kinder – besonders wenn sie im Krankenhaus sind – die möglichst häufige Anwesenheit vertrauter Bezugspersonen eine wichtige Voraussetzung für die Gesundung darstellt. Das wird nun für viele Kinder aus dem Nordkreis, deren Eltern die Zeit oder das Geld für die langen Anfahrtswege nicht haben, nicht mehr möglich sein. Und das ist nur ein Beispiel von wahrscheinlich unzähligen, die viele Menschen in große Nöte bringen können. Oder nur für „Dinge, die dem einen oder anderen nicht passen“? Dass die mögliche Entscheidung für Plan B vor allem für die Menschen aus dem Nordkreis, die krank werden und in Soltau nicht mehr versorgt werden können, im wahrsten Sinne des Wortes äußerst schmerzhafte Folgen haben können, wird jedem im Verbreitungsgebiet der Böhme-Zeitung klar sein. Bis auf Herrn von Danwitz. Zeugt seine Äußerung über die „Dinge, die dem einen oder anderen nicht passen“ von, sagen wir, Unwissenheit? Oder ist sie einfach nur zynisch und kaltschnäuzig? Wie auch immer, sie ist jedenfalls eines Landtagsabgeordneten nicht würdig. Eine Frage noch, die genau wie Plan B wirtschaftliche Erwägungen betrifft: Wer zahlt eigentlich das Verfahren gegen den „Plauderer“?

Ruth Stakemann, Soltau