Klinik-Pläne: Nischen sind fragwürdig
wu Soltau. Die niedergelassenen Ärzte, vor allem die Hausärzte, sehen die Umstrukturierungspläne am Heidekreis-Klinikum Soltau – und die Konzentration von Gynäkologie, Kinderklinik und Geburtshilfe in Walsrode – kritisch. Mit Dr. Peter Rebhan, dem Vorsitzenden des Ärztevereins Soltau, sprach BZ-Redaktionsmitglied Andres Wulfes.
BZ: Wie bewerten Sie die Umstrukturierungspläne?
Rebhan: Es war für uns wie für alle anderen Berufsgruppen sehr verwirrend, diese Pläne zu hören. Wir haben jetzt eine Gastroentrologie in Soltau und eine Kardiologie in Walsrode, warum das getauscht werden soll, versteht man nicht so richtig. Selbstverständlich ist uns Ärzten klar, dass ein Verbund wie die beiden Heidekreis-Kliniken effektiv und wirtschaftlich arbeiten muss, andererseits sind wir aber der Überzeugung, dass ein Krankenhaus der Basisversorgung, wie die Kliniken in Walsrode und Soltau es sind, eine Basisversorgung in den Kerndisziplinen bieten sollte, und eben nicht nur im Notfall. Das heißt, eine Frau sollte nach wie vor die Möglichkeit haben, in Soltau ihr Kind zur Welt zu bringen, auch wenn es kein Notfall ist. Und man sollte auch nach wie vor in Soltau den Herzinfarkt und in Soltau die Blinddarmentzündung behandeln können. Dass größere und kompliziertere Eingriffe sowie aufwändigere Untersuchungen auf ein Zentrum konzentriert werden müssen, ist völlig logisch.
BZ: Wie ist die Stimmung in den Praxen?
Rebhan: Als Hausarzt unterhält man sich viel mit den Patienten, nicht nur über deren Krankheiten. Und sagen wir es mal vorsichtig, es gab noch nicht eine einzige Zustimmungsäußerung zu den Plänen. Das ist auch klar, jeder möchte gern behalten, was er hat. Aber es gab eben auch empörende Worte darüber, wie insbesondere die Strategen dieses Umbruchs damit in der Öffentlichkeit umgehen. Ansonsten ist die Stimmung in der Praxis wie die auf dem Markt. Wenn man jemanden fragt, gibt es pure Ablehnung. Aus ärztlicher und aus meiner persönlichen Sicht ist es absolut unverständlich, plötzlich eine geburtshelferliche Abteilung aufzulösen, nachdem in der Vergangenheit dort soviel installiert, unternommen und Positives in Gang gesetzt worden ist, dass die Frauen inzwischen gern ins Soltauer Krankenhaus kommen und dort ihre Kinder kriegen. Darüber hinaus bin ich der Meinung, dass diejenigen aus Munster, Schneverdingen und Neuenkirchen, die bisher nach Soltau gekommen sind, mit Sicherheit zum größten Teil nicht nach Walsrode gehen, sondern nach Uelzen, Lüneburg und Rotenburg.
BZ: Welche Bedeutung hat das Krankenhaus in seiner jetzigen Form für die niedergelassenen Ärzte?
Rebhan: Insbesondere für Soltauer Ärzte eine ganz zentrale Bedeutung. Durch die Verbesserung in allen Bereichen dieses Hauses hat sich in meiner Praxis die Zuweisungspolitik von 30 zu 70 auf 70 zu 30 geändert. Und diese 30 Prozent weise ich nicht ins Soltauer Krankenhaus ein, entweder, weil entweder Behandlungen dort nicht angeboten werden oder Patienten aus anderen Gründen als aus Leistungsgründen dort nicht hinwollen.
BZ:Wenn Kinderklinik, Gynäkologie, Geburtshilfe wegfielen, was wären die Folgen in den Praxen?
Rebhan: Bei den stationär zu behandelnden Patienten müssen wir Alternativen finden, und das geht nur in Absprache mit den Patienten. Es wird mit Sicherheit kein medizinischer Notstand ausbrechen, aber es wird ein erheblicher Mehraufwand entstehen.
BZ: Mehraufwand inwiefern?
Rebhan: Bei den Einweisungswegen. Der niedergelassene Arzt im Altkreis hat einen sehr intensiven Kontakt mit den Ärzten im Krankenhaus. Er weiß ganz genau, womit er wohin gehen muss. Das heißt, wenn ich einen Patienten mit einer bestimmten Erkrankung habe, weiß ich im Soltauer Krankenhaus ganz genau, wer mein Ansprechpartner ist, wo ich ihn unterbringe, und kann mit dem Kollegen besprechen, wann und wie und wo der Patient am besten behandelt werden kann. Das muss ich in anderen Krankenhäusern erst kennenlernen, und es ist fraglich, ob die Kommunikation dort so gut klappt wie jetzt mit dem Heidekreis-Klinikum Soltau.
BZ: Wünschen Sie sich den Erhalt des Klinikums in der jetzigen Form?
Rebhan: Man wird Abstriche bei der Kinderklinik machen müssen, eine Kinderklinik sollte anhand der Belegzahlen im Landkreis reichen, eine pädiatrische Versorgung der Neugeborenen sollte aber in beiden Häusern möglich sein. Wir brauchen aber eine Basisversorgung, das beinhaltet Innere Medizin, Chirurgie, Gynäkologie und Geburtshilfe. Es sollte auch so sein, das es zwar in beiden Kliniken so wie bisher auch Schwerpunkte gibt, dass aber in dem Nichtschwerpunktbereich Basis-Untersuchungen und Basis-Behandlungen durchgeführt werden können. Das heißt, die große Darmoperation findet beispielsweise in Walsrode statt, die Behandlung von Blinddarmentzündungen aber auch in Soltau. Genauso sollte es bei der Unfallchirurgie sein: eine Hüfte operieren und ein Knie endoprotetisch versorgen, das sollte nur in einem Zentrum gemacht werden, aber eine Fraktur behandeln, das sollte schon in beiden Häusern gemacht werden können. Sich mit aller Gewalt Nischen in der Versorgung zu suchen und dafür die Basisversorgung zu reduzieren, ist eine sehr fragwürdige Geschichte.