Zinke: Chirurgische Versorgung soll wieder aufgebaut werden
Von Bernhard Knapstein
Soltau. Seit Soltau keine vollwertige Klinik mehr hat, insbesondere keine zentrale Notaufnahme, ist die klinische Notfallversorgung in der Region ins Schwimmen gekommen. Deutlich mehr als 48000 Menschen im nördlichen Heidekreis benötigen mehr als 30 Minuten Fahrt zur nächsten zentralen Notaufnahme – zu viel nach offiziellen Standards des vom Deutschen Bundestag mit dem Thema beauftragten gemeinsamen Bundesausschusses (GBA). Das war das Ergebnis einer BZ-Recherche Ende vergangenen Jahres. Die Landesregierung hatte zudem einen Förderantrag des HKK-Klinikchefs zur Sicherstellung der Grund- und Regelversorgung mit der Begründung abgelehnt, dass die Soltauer Notaufnahme neben der inneren Medizin auch eine Chirurgie vorhalten müsse.
Im Gespräch mit der BZ hat dazu jetzt der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende, Kreistags- und Landtagsabgeordneter Sebastian Zinke (SPD), Stellung genommen. Es sei der Aufsichtsrat gewesen, der Klinikchef Dr. Christof Kugler beauftragt habe, den GBA-Antrag an die Landesregierung zu stellen. Der auf finanzielle Mittel für die Sicherstellung der Notfallversorgung ausgerichtete Antrag war jedoch von Anbeginn zum Scheitern verurteilt, da die Versorgung in Soltau ja gerade erst abgebaut worden ist. Im Zuge der Konzentration der Abteilungen an den beiden Standorten Walsrode und Soltau war die Chirurgie nach Walsrode verlagert worden. Das hat in Soltau eine eklatante Lücke in der klinischen Versorgung geschlagen.
„Das Thema Chirurgie ist tatsächlich schwierig“, sagt Zinke. Sie sei nach wie vor für den Standort Soltau in der Landeskrankenhausplanung verankert. Die vollständige Auflösung der Chirurgie in Soltau ist nun aber wohl doch nicht der Weisheit letzter Schluss. „Es ist unser festes Ziel, die Notaufnahme auch wieder mit einer chirurgischen Versorgung zu unterlegen und damit die Notfallversorgung am Standort Soltau hinzubekommen“, deutet Zinke eine Rolle rückwärts an. Zumindest eine halbe, denn eine volle Fachabteilung Chirurgie mit allen dazugehörigen Elementen werde man wohl nicht hinbekommen. „Wir sind diesbezüglich mit dem Sozialministerium im Gespräch“, lässt Zinke Hoffnung auf eine Verbesserung der Lage aufkeimen.
Infobox: Klinikversorgung darf nicht an Kosten scheitern
Nach Artikel 20 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) ist Deutschland ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. Das Sozialstaatsprinzip steht gleichberechtigt in der Reihe der fünf Staatsprinzipien Republik, Demokratie, Bundesstaat, Sozialstaat und Rechtsstaat. Von dieser verfassungsrechtlichen Fundamentalnorm darf der Staat nicht abweichen (Artikel 79 Absatz 3 GG). Dieses Verfassungsprinzip mündet über das sogenannte Subsidiaritätsprinzip (Zuständigkeit von unten nach oben) in dem staatlichen Auftrag der Kommunen, unter anderem die Gesundheit der Bevölkerung durch entsprechende Einrichtungen sicherzustellen. Kommunen zeichnen daher als staatliche Träger für eine leistungsfähige Klinikversorgung verantwortlich – unabhängig von den Kosten. Die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung unterliegt somit nicht „ökonomischen Nützlichkeitserwägungen“, stellt etwa das Deutsche Ärzteblatt am 8. Mai 2009 fest.