Kommentar: Zwischen Loyalität und Illegalität
Von Bernhard Knapstein
Es ist reines Glück, dass das Heidekreis-Klinikum mit der Vergabe eines Millionen-Auftrages ohne Ausschreibung durchkommt – gestückelte Auftragsvergabe hin oder her. Tatsächlich ist die Frist für eine Eingabe potenzieller Mitbewerber bei der Vergabekammer aber abgelaufen. Hier kann also nicht mehr viel anbrennen. Was bleibt, das ist der Umstand, dass ein massiver Rechtsverstoß vorliegt. Die Beteuerungen der Aufsichtsratsspitze, das Auftragsvolumen sei nicht absehbar gewesen, sind – man muss es leider so bewerten – angesichts der deutlichen Kosten Roland Bergers und der weiteren Schutzargumentation „Dringlichkeit“ unglaubwürdig. Wer lange genug in der Politik tätig war oder wer Volljurist ist – und damit ist die Aufsichtsratsspitze Hermann Norden und Sebastian Zinke gemeint – der hat den Verstoß nicht nur sehen können, er hat es sogar sehen müssen. Der Aufsichtsrat hat sehenden Auges gegen Recht und Gesetz verstoßen, er hat das Risiko enormer Schadensersatzansprüche billigend in Kauf genommen. Das Heidekreis-Klinikum, in dem so viele bis über ihre Kräfte hinaus schwer für die Gesundheit und das Leben der Heidjer arbeitenden Ärzte und Pflegekräfte beschäftigt sind, die eigentlich mehr Motivation und Wohlwollen gebrauchen können, bleibt ein Spielball im besten Fall fehlender Kompetenz, im schlimmsten Fall vorsätzlicher Ignoranz. Es stellt sich damit die Frage, was die Gesellschafterversammlung des Klinikums – und das betrifft jeden einzelnen Kreistagsabgeordneten – neben der zerbröselten Grund- und Regelversorgung eigentlich noch so alles hinnimmt an Unzulänglichkeiten. Der Kreistag ist in der Pflicht, die Daseinsvorsorge zu sichern und Missstände zu beheben. Dazu gehört auch, Rechtsverstöße nicht einfach bloß schulterzuckend hinzunehmen. Dass ein Fraktionsvorsitzender zugleich in den wichtigsten wirtschaftlichen Spitzenpositionen – auch beim angeschlagenen Klinikum – sitzt, ist dabei vielleicht das größte Problem. Loyalitäten innerhalb und zwischen den Parteien hemmen kritische Töne und das Äußern wichtiger Fragen, wo sie dringend geboten sind. Sind Rechtsverstöße hinnehmbar? Und vor allem angesichts von Funktionsansammlungen: Wer kontrolliert hier eigentlich wen?