In fünf Jahren soll die neue Klinik stehen
Soltau. Eigentlich wollten die Aufsichtsratsvertreter in Hannover nur Gewissheit, dass sie die Umstrukturierung des Heidekreis-Klinikums fortsetzen können und sollen. Dass auch nach dem Regierungs- und Ministerinnenwechsel die Förderung des Landes für die weitere Sanierung der Krankenhäuser Soltau und Walsrode fließt. Doch dann kam die überraschende Wendung – und Heiger Scholz, Staatssekretär im Sozialministerium, brachte einen neuen Vorschlag auf den Tisch: Statt weiter in die zwei alten Standorte zu investieren, sollte der Heidekreis doch lieber neu bauen. Ungläubig guckten sich die Heidjer an. „Wir haben zuerst an einen Scherz geglaubt“, erinnert sich der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Sebastian Zinke. Doch der Vorschlag war ernst gemeint, und beim Nachgespräch in der Landtags-Cafeteria waren sie sich einig: Die Pläne werden weiterverfolgt. „Das ist eine einmalige Chance“, findet Landrat Manfred Ostermann.
Neun Tage ist dieses Treffen her, und gestern stand für Zinke und den Aufsichtsratsvorsitzenden Hermann Norden, für Ostermann und Klinikchef Dr. Christof Kugler ein wahrer Sitzungsmarathon an: Zuerst gab der Aufsichtsrat einstimmig grünes Licht, das Vorhaben weiterzuverfolgen und zu prüfen, danach standen die Information der Bürgermeister und Kreistagsspitzen, der Presse und der Klinikmitarbeiter auf dem Programm. „Für uns ist es wichtig, alle Beteiligten mitzunehmen“, sagt Norden. Eine erste Reaktion der Bürgermeister habe es bereits gegeben, schildert Ostermann: „Sie sehen das überwiegend positiv.“ Auch die Öffentlichkeit soll einbezogen werden, eventuell in einer Gesundheitskonferenz. Warum jetzt diese Pläne, nachdem es bisher doch immer um den Erhalt beider Standorte ging? Ganz neu ist diese Idee schließlich nicht, taucht schon seit Jahrzehnten immer wieder in der Debatte um die Krankenhäuser auf. „Auch bei uns wurde das immer schon diskutiert, aber mangels finanzieller Förderung immer zu den Akten gelegt“, sagt Norden. „Jetzt hat das Ministerium uns die Aufgabe gegeben, diese Möglichkeit umzusetzen.“
Noch stehen die Pläne ganz am Anfang. Und so hat der Aufsichtsrat zunächst den Prüfauftrag erteilt, ob und wie sich die neue Klinik verwirklichen lässt. „Wir müssen jetzt gucken, ob das sinnvoll ist. Das ist der erste kleine Trippelschritt“, beschreibt Zinke. Dabei geht es nicht nur um Fragen des Neubaus, auch die Nachnutzung der bisherigen Krankenhaus-Standorte Soltau und Walsrode soll eine Rolle spielen. „Das ist eine zentrale Aufgabe, der wir uns stellen müssen“, sagt Ostermann. Gemeinsam mit den Städten Soltau und Walsrode sollen Nachnutzungskonzepte entwickelt werden. Dabei bleibt die ambulante Versorgung an den Standorten Soltau und Walsrode bestehen und soll gemeinsam mit Dritten ausgebaut und erweitert werden. Weiterhin sind laut Kugler mit einer Einhäusigkeit einhergehende Strukturfragen zu klären, beispielsweise die Ansiedlung einer zentralen Rettungswache und die Optimierung der Transportorganisation.
Gleichzeitig soll der Fördermittelantrag formuliert werden. Wenn der Planungsausschuss des Landes im Juni zustimmt, soll innerhalb von fünf Jahren ein modernes Krankenhaus für den Heidekreis entstehen. Dafür dürfte eine Größenordnung von 150 bis 200 Millionen Euro an Investitionen nötig sein, schätzt Norden. Dabei setzt der Heidekreis darauf, dass um die 150 Millionen Euro vom Land kommen – aus dem mit 1,3 Milliarden Euro bestückten Krankenhaus-Sanierungstopf. Auf den Landkreis dürfte bei einem Neubau eine Kofinanzierung um die 50 Millionen Euro – etwa 20 Prozent der Kosten – zukommen, schätzt Ostermann. Ihn schreckt das nicht, zumal der Kreis derzeit jährliche Millionensubventionen aufwendet – und so die Hoffnung hat, das Unternehmen so wieder in die schwarze Zahlen zu bekommen. Und Kugler betont, dass derzeit allein die Doppelstruktur rund drei Millionen Euro jährlich koste.
Hinzu komme: Die anhaltende gespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt erschwert nach Erfahrungen Kuglers die Gewinnung von ärztlichem und pflegerischem Personal immer mehr. „Diese Entwicklung hat sich in den vergangenen zwei Jahren nochmals verschärft: Die Vorhaltung von Doppelstrukturen im stationären Bereich ist auf Dauer kaum zu bewerkstelligen.“ Ein zentraler Standort dagegen würde dazu beitragen, dass sich die Konkurrenzfähigkeit des Heidekreis-Klinikums bei der Mitarbeiter-Akquisition verbessert, was sich wiederum auf die Qualität der Patientenversorgung und die Erweiterung des Leistungsspektrums auswirken würde.
Eines der modernsten Krankenkäuser im Norden
„Wir hätten dann eines der modernsten Krankenhäuser in Norddeutschland“, sagt Kugler. Beschwörend und euphorisch bewerten Landkreis und Klinik diesen Strategiewechsel in der Krankenhausentwicklung des Heidekreis. „Das ist eine einmalige Chance, die sollte nicht scheitern“, sagt Landrat Ostermann. Klinikchef Kugler stuft es als Befreiungsschlag ein. „Es geht darum, die medizinische Versorgung nicht nur im Moment aufrechtzuerhalten, sondern für die nächsten Jahrzehnte, für Generationen“, blickt Zinke voraus. „Das ist eine Riesenchance für den Heidekreis, eine Chance, die wir seit Jahrzehnten nicht hatten.“ Und auch wenn es noch kein endgültiges Okay des Landes gibt – der Heidekreis ist optimistisch. Immerhin habe Staatssekretär Scholz gesagt, solche Bestrebungen zu unterstützen, erläutert Zinke. „Wir würden nicht an die Öffentlichkeit gehen, wenn wir glauben würden, dass es völlig anders ausgehen würde“, fasst Kugler zusammen. wu