Kommentar: Großer Wurf als Chance
Von Andres Wulfes
Jahrzehntelang war das kein Thema: Ein Verzicht auf die alten Strukturen, auf die beiden traditionellen Krankenhäuser Soltau und Walsrode? Undenkbar, fast ein Sakrileg. Doch das gute alte Krankenhaus am Rande der Stadt gibt es nicht mehr. Gesundheitsreformen, medizinischer Wandel fordern Veränderungen. Das Heidekreis-Klinikum versucht seit Jahren, sich dem mit Umstrukturierungen und Schwerpunktbildungen anzupassen – mit massiven Protesten und Imageschäden, und finanziell hat es auch nichts gebracht. Nun drücken die Verantwortlichen die Stopptaste und wollen komplett neue Wege gehen: Statt der immer neuen Gutachten, des ewigen Hin und Her, heißt es: Zurück auf Los.
Das Undenkbare wird nicht nur gedacht, sondern soll Wirklichkeit werden: Aus zwei (Häusern) mach eins. Der große Wurf eben. Das Angebot des Landes macht es möglich, denn ohne die Unterstützung lässt sich solch ein Kurswechsel nicht verwirklichen. Für den Heidekreis und die Gesundheitsversorgung ist das eine große Chance. Bietet es doch die Gelegenheit, eins der modernsten Häuser in Niedersachsen zu erhalten, von allen Seiten des Heidekreises gleichgut erreichbar, ohne die Reibungsverluste durch zwei Standorte und die Verunsicherung bei den Menschen, welches Haus denn nun bei welchen Beschwerden gerade zuständig ist. Gleichzeitig könnte das alte Nord-Süd-Denken und die Eifersucht zwischen den beiden Standorten dann endlich der Vergangenheit angehören.
Ganz ohne Grund gibt es das Angebot des Landes sicher nicht: Basis dürfte letztlich der Strukturwandel im ambulanten Bereich sein, den Soltau frühzeitig aktiv angegangen ist. 2013 hat Erster Stadtrat Wolfgang Cassebaum die Bedeutung der Gesundheitsversorgung in seinen Perspektiven für die Stadt Soltau skizziert und danach konsequent und erfolgreich verfolgt – mit der Konzentration von Fachärzten als zentrale Anlaufstelle, mit Ärztehäusern und, als Kooperation mit dem Heidekreis-Klinikum, dem Geburtshaus für ambulante Entbindungen. Das zeigt, wie die medizinische Versorgung vor Ort auch angesichts des allgemeinen Ärztemangels gesichert werden kann – und ist ein Weg, der nun konsequent weiterverfolgt werden muss. Denn der Klinikneubau ist kein Allheilmittel, sondern nur ein Baustein, gute ambulante Angebote der zweite.