Unfallchirurgie kommt zurück nach Soltau
Munster. Wie ist mit einem drohenden Ärztemangel umzugehen und welche Auswirkungen hat das auf die medizinische Versorgung im ländlichen Raum? Wie ist der Stand beim Neubau des Heidekreis-Klinikums und was passiert bis dahin mit dem Standort Soltau? Diese und ähnliche Fragen beschäftigen viele Menschen auch in Munster und Umgebung. Um dort ein wenig Aufklärungsarbeit zu leisten und Ängste zu nehmen, veranstaltete der SPD-Ortsverein Munster unter der Überschrift „Medizinische Versorgung in Munster und Umgebung“ eine Vortragsveranstaltung im Festsaal der Gaststätte Oase. Neben dem Geschäftsführer des Heidekreis-Klinikums (HKK), Dr. med. Achim Rogge, stellte sich der Geschäftsführer der Kassenärztlichen Vereinigung Verden, Michael Schmitz, den Fragen von circa 50 Munsteraner Bürgerinnen und Bürgern.
„Die aktuelle Situation ist keineswegs schlecht. Wir haben derzeit einen stabil hohen Versorgungsgrad mit Hausärzten im Großraum Munster,“ erläutert Schmitz eingangs. Dennoch werde die medizinische Versorgung im Heidekreis in den nächsten Jahren von tiefgreifenden Veränderungen betroffen sein. Neben Zukunftsthemen wie Telemedizin und elektronischer Gesundheitskarte bilde der Neubau des Heidekreis-Klinikums einen Eckpfeiler bei der Anpassung an künftige Anforderungen. Darin sind sich Rogge und Schmitz einig. Auf dem Weg dahin müsse mit der bestehenden Infrastruktur aber die bestmögliche Versorgung der Bevölkerung sichergestellt werden. Eine entscheidende Verbesserung soll dabei mit dem Wiederaufbau der Unfallchirurgie inklusive Notaufnahme im Krankenhaus Soltau erreicht werden.
Rogge: Die beiden Standorte sind für sich zu klein
Im Zentrum der Diskussion mit den Munsteranern stand die Zukunft des HKK mit seinen Standorten in Soltau und Walsrode. „Wer fünf Knie-Operationen im Jahr durchführt, kann das zwar theoretisch leisten. Er ist aber nicht gut!“ An diesem Beispiel verdeutlichte Rogge die Problematik der beiden Standorte. Sie seien mit ihrer Bettenkapazität zu klein, um umfassende und qualitativ sehr gute Leistungen bringen zu können. Auch die Finanzierung gestalte sich bei kleinen Krankenhäusern schwierig, weshalb an einer Bündelung von Kompetenzen kein Weg vorbeiführe. „Wir sind derzeit auf der Suche nach einem Grundstück für einen Neubau. Bis Ende 2020 sollte das abgeschlossen sein, und dann wollen wir mit Planung und Bau beginnen.“ Bis der Betrieb aufgenommen werden könne, vergehen laut Rogge aber noch mindestens sechs Jahre. „Dennoch ist der Neubau zwingend nötig, um eine Attraktivität für Patienten und Mitarbeiter zu gewährleisten.“
Solche Zukunftsvisionen lagen den Zuhörern in Munster fern. „Nach Soltau brauchst du heute gar nicht mehr zu fahren. Da gibt es sowieso nichts mehr“, brachte eine Bürgerin die Sorgen auf den Punkt. Rogge gab zu, es seien in der Vergangenheit Fehler gemacht worden, speziell was die Kommunikation mit der Bevölkerung beträfe. Neben Selbstkritik hatte der Geschäftsführer aber auch ein Versprechen im Gepäck: „Die Unfallchirurgie inklusive der Notaufnahme kommt zurück nach Soltau, und zwar in diesem Jahr.“ Auch die Wiederbelebung der Cafeteria stellte Rogge für 2019 in Aussicht. Das zweite Thema, das die Zuhörerinnen und Zuhörer bewegte, ist der Ärztemangel. „Bereits seit zehn Jahren machen wir von der Kassenärztlichen Vereinigung auf den drohenden Engpass aufmerksam“, erklärt Schmitz dazu. Derzeit könne jeder im Heidekreis in 15 Minuten mit dem Auto einen Hausarzt erreichen. Diesen Standard zu halten, sei allerdings schwierig, da viele Allgemeinmediziner in den nächsten Jahren in Ruhestand gehen würden.
Für junge Ärzte wäre das Klinikum ein Standortfaktor
„Die jungen Ärzte müssen dann in die Region zurückgeholt und hier gebunden werden.“ Dazu könnten auch die Kommunen mit Subventionen sowie der Bereitstellung von Infrastruktur ihren Beitrag leisten. Aber auch die Anbindung an ein leistungsfähiges Krankenhaus sei ein Standortfaktor. „Und damit schließt sich der Kreis zum Neubau des Heidekreis-Klinikums ein wenig.“ Die Herausforderungen bei der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum seien grundsätzlich erkannt, es werde daran gearbeitet. „Medizin ist immer emotional aufgeladen.“ Diese Feststellung von Rogge bewahrheitete sich auch in der von der Fraktionsvorsitzenden der SPD Munster, Melanie Bade, moderierten Diskussion. Dennoch schienen viele Zuhörer an diesem Abend mit einem besseren Gefühl nach Hause als sie gekommen waren. ps