Neues Krankenhaus braucht Einflugschneise
Soltau. Als Vagabund bezeichnet sich Dr. Achim Rogge selbst. Er sei einer, der durch die Lande ziehe. Dabei widmet er sich Aufgaben, die nicht immer für Verständnis oder gar für Freude sorgen, sondern häufig sogar Misstrauen und Gegenwind erzeugen. Er hat Umstrukturierungen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen mitgestaltet. Zuletzt die Zusammenführung von drei Krankenhäusern an einem neuen Standort im Landkreis Schaumburg. „Dort war die Lage viel schwieriger“, sagt der neue Geschäftsführer des Heidekreis-Klinikums im Gespräch mit der Böhme-Zeitung. Es seien mit Bückeburg, Rinteln und Stadthagen drei „verfeindete“ Gebiete gewesen mit drei unterschiedlichen Gesellschaftern, die sich nicht mochten, und dazu zwei Tarifverträge. Und dann habe der einst kleinere Betrieb noch die beiden größeren geschluckt.
Dass auch im Heidekreis die Kommunen in Sachen Klinikvergangenheit Wunden lecken, hat Rogge bei den Gesprächen mit den Bürgermeistern gehört. Vorteil im Heidekreis sei aber, dass es zwei Krankenhäuser in Form einer GmbH gebe. Aus medizinischer Sicht sei die erfolgte Bündelung von Abteilungen vollkommen richtig gewesen. So wurden unter anderem die Geburtshilfe und die Unfallchirurgie von Soltau nach Walsrode verlegt. Letztlich sei es versäumt worden, die Weiterentwicklung für beide Standorte auch in Gang zu bringen. Rogge aber blickt nach vorn, will genau das ändern, die Fachabteilungen in Soltau und Walsrode auch unabhängig von dem Klinikbau medizinisch weiterentwickeln. Es gehe darum, ein Spektrum an Medizin anzubieten, das mindestens 80 bis 85 Prozent der Menschen im Heidekreis versorgen könne. Für spezielle Erkrankungen gebe es dann spezielle Krankenhäuser.
„Die Summe der Einzelteile ist größer“ – Dr. Achim Rogge, Geschäftsführer Heidekreis-Klinik
Und beim Ziel ist er dann zwar nicht mathematisch korrekt, aber aus seiner medizinisch-wirtschaftlichen Sicht hört es sich gut an: „Wenn beide Standorte zusammengelegt werden, dann wird aus eins und eins nicht zwei, sondern zweieinhalb. Die Summe der Einzelteile wird größer.“ Am Markt wolle er mit der Versorgungsqualität, der Pflege und dann dem neuen Gebäude punkten, was dann auch gutes Personal locke. Nach den Erfahrungen aus dem Landkreis Schaumburg geht Rogge davon aus, dass frühestens in sechs Jahren ein gemeinsames Klinikum für den Heidekreis die Türen öffnet. Zwar gebe es die Zusage des Ministeriums, rund 130 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen – der Heidekreis geht von einer zusätzlichen Eigenbeteiligung von 30 Millionen Euro aus. Aber die fließen erst, wenn der Ort, die Gebäudestruktur und das Betriebskonzept stehen. Deshalb müsse zunächst der Standort festgelegt werden. Ab März soll das Raumordnungsverfahren dazu starten, in dem aus mehreren Standortvorschlägen der richtige gefunden werden muss.
Der soll rund zwölf Hektar groß sein und brauche dringend einen Hubschrauberlandeplatz, möglichst bodennah, also mit Einflugschneise. In Schaumburg sei das nicht optimal gelöst worden, sodass zusätzlich eine kostenintensive Werksfeuerwehr eingerichtet werden musste. „Das will ich hier auf jeden Fall verhindern“, sagt Rogge. Daher müsse möglicherweise auch eine größere Ortschaft mit schlagkräftiger Feuerwehr in der Nähe liegen. Ein weiterer wichtiger Punkt sei die Nähe zum Rettungsdienst und der Anspruch für die Bevölkerung, innerhalb von 30 Minuten erreichbar zu sein.
Zum Standort könne er aber nur beraten, die Entscheidung müsse die Politik treffen. Im weiteren Verfahren müsse ein Architektenwettbewerb stattfinden, ein Betriebsorganisationskonzept erarbeitet, das Ministerium und die Oberfinanzdirektion nicht nur einmal gehört werden. Am Ende müsse man hoffen, dass die Ausschreibungen mit den Planungskosten zusammenpassten. „Wir werden sehr auf die Baukosten achten.“ Sicher ist Rogge, dass am Ende des Prozesses eine Klinik stehe, in der sich die Bevölkerung wohnortnah und umfassend behandeln lassen könne. Die Chance, eine bessere Medizin und Pflege zu kriegen, sei noch nie so groß gewesen. Werde diese nicht ergriffen, dann sieht er schwarz: „Zwei vollständig ausgerüstete Krankenhäuser auf so engem Gebiet können nicht existieren.“ at