Lesermeinung: Patienten werden nicht in Luftschlössern behandelt

Zu "Dorfmark ist der ideale Standort der neuen Klinik" und "Der ideale Standort für das vereinigte Klinikum", BZ vom 20. April 2018

Mit großem Interesse habe ich die geostrategischen Gedanken der BZ zu einem Klinikneubau an zentraler Stelle gelesen. Die Standortfrage wäre vermutlich vom Vereinsblatt des großen deutschen Automobilclubs ähnlich angegangen worden. Einige Fragen blieben meiner Meinung nach unbeleuchtet. Das Heidekreis-Klinikum beschäftigt circa 1000 Mitarbeiter und wird hoffentlich auch weiterhin vielen Menschen ihre Existenz sichern. Die Einkommen der Kollegen reichen vom Mindestlohn bis zum Geschäftsführergehalt. Während höhere Einkommensklassen sich sicherlich ein Auto leisten, werden die meisten Kollegen darauf angewiesen sein, ihren Arbeitsplatz per Fahrrad, ÖPNV oder zu Fuß erreichen zu können. Dorfmark liegt zwar zentral im Landkreis, ist aber keine Metropole.

Auch mit den gut bezahlten Mitarbeitern steht ein Problem ins Haus. Ärzte und Pflegende sind gefragte Kräfte. Schon vor vielen Jahren konnte das Heidekreis-Klinikum nicht genügend Ärzte überzeugen, in die Nähe der Tourismuszentren Soltau oder Walsrode zu ziehen, um in einem der zwei Häuser mit annähernder Vollversorgung zu arbeiten. Die Folge war das Anheuern zahlreicher Honorarärzte, die teilweise nur wenige Tage im Haus blieben. Warum sollte in Zukunft ein junger Arzt nach und bei Dorfmark zuziehen, wo die Infrastruktur auf 3000 Einwohner angelegt ist? Den Wettkampf um zusätzliche Ärzte, die das kompetente Team des Krankenhauses ergänzen können, hat das Heidekreis-Klinikum schon lange verloren. Das ändert auch ein attraktiver Neubau nicht.

Dorfmark liegt ja nicht nur in der Mitte des Landkreises, sondern auch mitten zwischen drei erstklassigen Unikliniken, die alle drei nicht nur jede erdenkliche Erkrankung auf allerhöchstem Niveau versorgen, sondern auch ständig auf der Suche nach Personal sind. Selbst, wenn diese Probleme gelöst werden können, gibt es noch die kleine Veränderung im Verhalten der Kundschaft des Heidekreis-Klinikums. Bevor sich heute auch nur ein Schneverdinger, Munsteraner oder Bispinger auf den Weg nach Dorfmark machen würde, führe man von dort lieber nach Rotenburg, Uelzen, Lüneburg oder Buchholz. So haben wir das in den letzten Jahren – seit den Leistungseinschränkungen in Soltau – lernen dürfen.

Ich halte es für sinnvoller, beide Häuser – auch politisch – zu stabilisieren und an beiden Standorten 24 Stunden mindestens innere und chirurgische Grundversorgung anzubieten. Dieses Konzept kann in Zukunft zwar nicht mehr kostendeckend sein, aber die Politik wird dieses Problem angehen und Häuser dieser Art künftig fördern beziehungsweise zur Einsicht gelangen müssen, dass diese Häuser in einem größeren Verbund deutlich wirtschaftlicher arbeiten könnten. Wenn der Kreis sich bewusst wird, dass Patienten in Krankenhäusern und nicht in Luftschlössern behandelt werden, kann die Experimentierphase vielleicht endlich abgeschlossen werden, und die Heidjer bekommen ihre Grundversorgung dort, wo sie wohnen (zurück).

Lars Höppner, Heber

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