Ein Haus – und viele gute Argumente

Soltau/Walsrode. Seit Jahren befindet sich das Heidekreis-Klinikum mit den beiden früheren Kreiskrankenhäusern in Soltau und Walsrode in einer umfassenden Umstrukturierung – und kämpft mit roten Zahlen. 2011 hat das begonnen. Die Misere – kein wirtschaftlich eher schwach strukturierter Landkreis kann sich langfristig zwei vollwertige Kliniken leisten – hat auch den Kreishaushalt über die Tragfähigkeit hinaus belastet. Auf dem langen Pfad zur Lösung wurden Schwerpunkte gebildet, Abteilungen an einem Standort konzentriert. Folge: Besonders Soltau fühlte sich durch den Wegfall von Geburtshilfe, Kinderklinik und zuletzt Chirurgie als Verlierer, und: Die Grund- und Regelversorgung war für Munster, Bispingen und Teile von Soltau und Schneverdingen nicht mehr gesichert.

Doch der von den Umstrukturierungen erwartete durchschlagende Erfolg blieb aus, im Gegenteil. Die Zahlen wurden immer schlechter, die Klinik ist auf kräftige Geldspritzen des Landkreises angewiesen, 2017 immerhin rund zehn Millionen Euro. Auch die erhofften Patientenströme blieben aus. Nur etwa jeder Zweite, der aus dem Heidekreis stationär ins Kankenhaus geht, wählt auch tatsächlich das Heidekreis-Klinikum für die Behandlung. Der Trend hat sich zu anderen Kliniken hin entwickelt. Mit dem zentralen Neubau soll alles anders werden, die Hoffnungen und Erwartungen an die sogenannten Einhäusigkeit sind groß. Aber was spricht denn für nur einen statt bisher zwei Standorte?

Mit dem Neubau würde nach Einschätzung des kreiseigenen Unternehmens eines der modernsten Krankenhäuser in Norddeutschland entstehen, mit Abläufen, die an heutigen medizinische Anforderungen und Patientenerwartungen angepasst sind – ein echter Imagegewinn sowohl für Patienten als auch bei der Gewinnung von Mitarbeitern. Die Konkurrenzfähigkeit im Kampf um die begehrten Fachmediziner und Pflegekräfte steigt damit. Diese höhere Attraktivität der Klinik für Mitarbeiter würde sich wiederum auf die Qualität der Patientenversorgung und die Erweiterung des Leistungsspektrums auswirken würde. Dadurch, so das Ziel, nimmt die Zahl der Patienten zu, die Erlöse verbessern sich.

Auch medizinische Vorteile liegen auf der Hand, wenn alle Disziplinen unter einem Dach zu finden sind. Durch die kurzen Wege sind Abklärungen, ob beispielsweise die Rückenschmerzen wirklich die Bandscheibe oder nicht doch Herzprobleme als Ursache haben, einfacher und ohne aufwendige Patientenverlegungen möglich. Ohnehin entfallen die kostspieligen Krankentransportfahrten zwischen den Standorten, was auch den Rettungsdienst entlastet. Vor allem entfällt für den Bürger die Unsicherheit, welchen Standort er mit seinen konkreten Beschwerden denn nun ansteuern soll – er kann künftig eine Vollversorgung unter einem Dach erwarten.

Unabhängig von allen Hoffnungen: Die Zusammenführung der Krankenhäuser soll sich sofort konkret auszahlen. Nach Berechnungen der Klinik kostet allein die Doppelstruktur derzeit rund drei Millionen Euro jährlich. Umgerechnet bedeutet das, dass jeder Patient rund 400 Euro Zuschuss allein für die Doppelstruktur ausmacht – Kosten, die mit der „Einhäusigkeit“ entfallen. Doch das Vorhaben hat nicht nur wirtschaftliche und medizinische Vorteile. Es bringt vor allem auch ein wichtiges gesellschaftspsychologisches Plus mit sich: Das Konkurrenzdenken zwischen dem Nord- und dem Südkreis entfällt. Klinikchef Dr. Christof Kugler formuliert das so: „Das lässt den Kreis zusammenwachsen.“ wu

Rettung aus der Luft – Hubschrauber könnten die Notfallchirurgie künftig vielleicht in Dorfmark anfliegen.

Rettung aus der Luft – Hubschrauber könnten die Notfallchirurgie künftig vielleicht in Dorfmark anfliegen.

Andres Wulfes