Lesermeinung: Realistische Kalkulationen für Klinikneubau fehlen
Zu „Klinik-Neubau wird nicht im Hinterzimmer entschieden“, BZ vom 8. März 2018
Das Podium war in Feierlaune, es ging um ein Hunderte-Millionen-Euro Fördergeld-Geschenk. Dr. Boris Robbers brachte es auf den Punkt: Schreiben Sie den Antrag schnell, sehr schnell. Es bleibt aber zu befürchten, dass der Antrag schneller gesendet ist, als man das Projekt wirklich „versteht“. Wie hoch ist denn der zusätzliche Finanzbedarf des Heidekreises? Schon jetzt zahlt der Kreis meines Wissens jährlich drei Millionen Euro Zinsen für Schulden. Weitere Schulden ziehen diese „finanziellen Fußfesseln“ weiter zu. Es ist Unsinn, ein Projekt ohne ein tragfähiges wirtschaftliches Konzept zu starten. Wenn jährlich fünf bis zehn Millionen Euro Schuldzinsen gezahlt werden müssen, wäre nichts gewonnen.
Viele Argumente „pro Zentralklinikum“ waren hilflos: Dr. Christof Kugler warf den Begriff Digitalisierung ein – die unterstützt aber gerade eine Klinik mit verschiedenen Standorten. Professor Schmitz erläuterte, dass es in einem Zentralklinikum für Nachwuchsmediziner einfacher sei, den obligatorischen Fortbildungskatalog abzuarbeiten. Jedes Zentralklinikum – egal wo es steht – deckt aber nur einen Teil des Kreisgebietes ab, viele Patienten wählen andere Häuser. Das wurde mehrfach beklagt. Ein Zentralklinikum wird dieses wirtschaftliche und personalpolitische Problem nicht lösen. Zu erwarten, dass alle Patienten des Kreisgebietes zum Zentralklinikum kommen, ignoriert die geografische Realität.
Dr. Pomarino berichtete von Problemen, Frauen für das Klinikum werben zu können. Eine neue flexible Kita am Zentralklinikum sei eine Lösung. Spätestens, wenn es aber um Sportvereine, Schulen und Freizeitangebote geht, kommt man um die großen Orte nicht herum. Und Kitas mit flexibler Betreuung wären in Soltau und Walsrode wohl auch für andere Berufstätige hilfreich. Was hat die Veranstaltung also gebracht? Die Politiker sind sich wohl einig, die Förderung auch ohne ausgereiftes Konzept zu beantragen. Realistische Kalkulationen fehlen. Das Ostermannsche Bussystem mit „Linien von überall zum HKK“ ist nicht nachvollziehbar, die Zusatzkostenfinanzierung nicht existent. Einen Nutzen hat eine Zentralisierung vielleicht, aber es sind jetzt noch so viele Fragen offen, dass ein Projektstart fahrlässig ist. Man kann nur hoffen, dass die Politiker der „Kreisklasse“ sich nicht eine weitere, nun deutlich teurere „HKK-Bauchlandung“ erlauben. Dieses wäre bei den eingesetzten Geldbeträgen verhängnisvoll – nicht nur für das HKK, sondern für den gesamten Heidekreis.
Claus Eikemeier, Soltau