Parteienkolumne: Einmalige Chance auf Klinik-Neustart nutzen

Soltau. Das war wirklich einmal eine echte Neuigkeit, eine überraschende Entwicklung in der seit Jahren geführten Krankenhausdiskussion: die Nachricht aus dem Sozialministerium, dass das Land Niedersachsen mittelfristig den Neubau eines zentralen Heidekreis-Klinikums in verkehrsgünstiger Lage und nach dessen Fertigstellung die Aufgabe der beiden bestehenden Krankenhäuser nicht nur für denkbar hält, sondern ihn, wenn es wirklich dazu kommen sollte, auch maßgeblich finanziell unterstützen würde. Details, wie das Ganze umgesetzt werden könnte, gibt es noch nicht, die Diskussion ist noch ganz am Anfang. Gleichwohl möchte die Böhme-Zeitung im Rahmen ihres Parteienforums von den Sprechern der mit Abgeordneten aus dem Altkreis Soltau im Kreistag des Heidekreises vertretenen Parteien und Gruppen bereits jetzt wissen, was sie darüber denken: „Wie stehen Sie zum Neubau eines zentralen Krankenhauses in der ,neutralen‘ Landkreismitte und einer Schließung der beiden Häuser in Soltau und Walsrode? Was spräche dafür, was dagegen?“ vo

Gerd Engel (CDU): Ein Krankenhaus ist wichtig für eine funktionierende Gesundheitsversorgung. Eine hohe Behandlungsqualität in möglichst vielen Fachabteilungen ortsnah wird erwartet. Leider ist dieses nicht zu erreichen. Deshalb werden überall Fachabteilungen zusammengefasst – auch weil es schwer ist, für kleine Abteilungen ausreichend Fachpersonal zu bekommen. Wir können auch nicht alles an beiden Standorten anbieten. Folge sind unterschiedlich lange Wege. Eine zentrale Lösung stand bislang nicht auf der Tagesordnung, weil die notwendigen Mittel dazu fehlten. Diskutiert wurde sie schon immer. Zur Fortentwicklung der Standorte in Soltau und Walsrode stünden Investitionen bis zu 40 Millionen Euro im Raume, die über das Land finanziert würden. Aber nun hat das Land uns auch die Finanzierung eines Neubaus in Aussicht gestellt.

Das bedeutet, in Zukunft könnte die gesamte stationäre Klinik unter einem Dach für alle Bürger das anbieten, was sie erwarten: in 25 Minuten Entfernung für fast alle Kreisbewohner ein modernes Krankenhaus. Wichtig ist, dass die aufgebauten ambulanten Leistungen in Soltau und Walsrode natürlich weiterhin dort verbleiben. Auch die Nachnutzungskonzepte an diesen beiden Standorten sind von elementarer Bedeutung. Das ist eine erhebliche Herausforderung, aber wir sind sicher, dass hier bei einem gemeinsamen Handeln aller Beteiligten Lösungen gefunden werden. Es ist eine große Chance, die wir in den nächsten Jahren nicht wieder bekommen. Wichtig für uns ist die Akzeptanz auf breiter Ebene. Es ist aus unserer Sicht ein mutiger Schritt für die Zukunft des Heidekreises.

Sebastian Zinke (SPD): Wir haben erreicht, dass uns die Landesregierung das Angebot unterbreitet hat, ein zentrales Klinikum im Heidekreis zu fördern. Bei einer Umsetzung dieses Angebotes würden wahrscheinlich Fördergelder in dreistelliger Millionenhöhe in den Heidekreis fließen. Zum jetzigen Zeitpunkt können wir noch nicht sagen, ob es letztlich zu einem zentralen Neubau kommen wird und wo genau ein solcher entstehen kann. Wir befinden uns an einem sehr frühen Zeitpunkt im Verfahren. Denn trotz des Angebots der Landesregierung entscheiden wir vor Ort, wie die Klinikstruktur in unserem Landkreis aussehen soll. Diesbezüglich haben wir in den vergangenen Jahren viel auf den Weg gebracht. In Zeiten, in denen sich sowohl Patienten als auch das Fachpersonal ihre Klinik aussuchen können, war das Ziel dabei immer, attraktive Fachabteilungen an beiden Standorten zu schaffen, die gute Medizin für unsere Bevölkerung und gleichzeitig gute Arbeitsbedingungen bieten.

Wir müssen jedoch feststellen, dass diese Struktur mit den zwei Standorten nicht in ausreichendem Maße auf Akzeptanz bei Bevölkerung und Fachkräften trifft. Insofern könnte ein zen-trales Haus im Landkreis einen Knoten durchschlagen, den wir seit Jahrzehnten in der Diskussion um die Gesundheitsversorgung im Heidekreis haben. Dies ist eine klare Chance für unsere Region. Bis zu einer solchen Entscheidung müssen jedoch noch viele Dinge geklärt werden. Insbesondere die Frage, wie die heutigen Standorte genutzt werden können, ist dabei zentral. Letztlich ist ein Neubau kein Allheilmittel. Er könnte aber ein Instrument dafür sein, die Gesundheitsversorgung unserer Region für die nächsten Jahrzehnte zu sichern.

Ellen Gause und Dr. Hans-Peter Ludewig (Bündnis 90/Die Grünen): Die niedersächsische Landesregierung bietet dem Landkreis Heidekreis die Prüfung an, ob die Krankenhausproblematik langfristig durch den Neubau eines zentral gelegenen Heidekreis-Klinikums besser gelöst werden kann als durch die Weiterentwicklung der heutigen zwei Standorte. Wir müssen nun die Frage beantworten, ob diese Prüfung, die viel Arbeit bedeutet, veranlasst wird und dafür entsprechende Anträge stellen. Nach dieser Prüfung, in die die Bevölkerung involviert werden muss, kann dann die Frage definitiv beantwortet werden, welcher Weg der zukunftsorientiertere und richtigere ist.

Es spricht sehr viel für einen solchen zentralen Krankenhausneubau. Keine zwei Standorte mehr mit all den Schwierigkeiten der doppelten Vorhaltungen und ohne regionale Konfusionen. Modernste Abläufe in neuen Gebäuden, die allen Beteiligten die Arbeit erleichtern und für die Patienten modernste Medizin und das bestmöglich unter einem Dach. Für den Heidekreis wäre dies in der medizinischen Versorgung ein echter Neuanfang. Manche Wege zum Krankenhaus mögen etwas weiter werden, daher müsste die Lage in unmittelbarer Nähe der A 7 sein. Aber auch heute schon wählen die Menschen nicht nach der Entfernung, sondern nach der besten medizinischen Behandlung das Krankenhaus aus, in das sie gehen. Für die ambulante Versorgung und angesichts des absehbaren Ärztemangels sollten an den beiden bisherigen Standorten entsprechende Einrichtungen erhalten werden und eine weitere medizinische Nachnutzung möglich sein.

Bernhard Schielke (AfD): Natürlich hätten die Soltauer ihr altes Krankenhaus sehr gerne behalten. Sie hatten erfolgreiche Abteilungen wie die Kinderklinik, die Gynäkologie und die Geburtshilfe, die sich weit über Soltau hinaus einen guten Ruf erarbeitet hatten. Leider wurde das Krankenhaus Soltau durch Teile der Altparteien Schritt für Schritt geschwächt und der Standort Walsrode bevorzugt. Die ablehnende Haltung der Bürgermeisterin Spöring gegenüber einem Krankenhaus-Neubau bestärkt uns in unseren Vermutungen, dass nur das Krankenhaus in Walsrode bestehen bleiben sollte. Da die Schwächung des Soltauer Standortes bereits schon wesentlich ist, begrüßen wir ein neues, modernes und größeres Krankenhaus in der „neutralen“ Landkreismitte.

In vielen Wirtschaftsbereichen erfolgt eine Zentralisierung. Das Signal aus Hannover mit einer 80-prozentigen Unterstützung bei den Neubaukosten ist wie ein Sechser im Lotto. Der Landkreisanteil von 20 Prozent sollte gut angelegtes Geld sein. Die zuletzt hohen Zuschüsse des Landkreises für die alten Krankenhäuser können endlich entfallen. Auch lassen sich gute Ärzte, die sich hier dauerhaft niederlassen wollen, leichter finden. Die Akzeptanz der Patienten und Zuweiser würde sich wesentlich verbessern. Mit dem Neubau werden wir vielleicht auch eines der führenden Häuser in Niedersachsen sein. Die Nachnutzung der alten Krankenhauses ist allerdings bisher völlig ungeklärt und könnte zum Sorgenkind werden. Ein sinnvolles Nachnutzungskonzept ist noch zu entwickeln. Wir blicken mit dem Krankenhaus-Neubau optimistisch in die Zukunft.

Tanja Kühne (FDP): Wer könnte in der heutigen Zeit gegen den Neubau eines Krankenhauses sein? Es wäre das modernste in Niedersachsen, vielleicht in Norddeutschland. Der Knoten der Wirrungen rund um das Heidekreis-Klinikum scheint geplatzt. Doch ist wirklich so? Ist ein neues Krankenhaus in der Mitte des Heidekreises das lang’ gesuchte Mittel, um unsere Gesundheitsversorgung zu heilen? Der Landtag und der Planungsausschuss für Krankenhäuser wurden genauso überrascht wie die hiesige Öffentlichkeit. Mit „Umparken im Kopf“ hatte ein Automobilhersteller vor einigen Jahren eine Öffentlichkeitskampagne gestartet. Warum gelingt das vielen angesichts der neuen Möglichkeiten nicht?

Vielleicht, weil es nach einem Schnellschuss klingt. Hektische Aktivitäten, Interviews, Mitarbeiterversammlungen und öffentliche Veranstaltung verbreiten durch den Aufsichtsrat eher den Anschein der Kopflosigkeit als die Gewissheit eines guten Gesamtkonzeptes. Es gibt mehr offene Fragen als Antworten. Wie sollen Nachnutzungskonzepte der Häuser in Soltau und Walsrode aussehen? Während die Soltauer in den letzten Jahren dem Schwund gesundheitlicher Leistungen als „alternativlos zum Erhalt von gesundheitlicher Versorgung im Kreis und den Bezug von Fördermitteln“ zuschauen mussten, muss sich Walsrode als ehemaliger Profiteur damit beschäftigen, was ein Neubau bedeuten würde. Wir warten die weiteren Planungen ab. Noch immer benötigt es ein Gesamtkonzept für den Kreis. Dieser Verantwortung kann sich der Aufsichtsrat nicht entziehen.

Thorsten Schröder (BU): Das gegebene Versprechen, an beiden Klinikstandorten eine Grundversorgung vorzuhalten, wurde leider nicht eingehalten. Durch die Umstrukturierungen und zu häufige Änderungen im Behandlungsangebot – insbesondere am Standort Soltau – wurde viel Vertrauen in der Bevölkerung zerstört. In der Folge ist die Akzeptanz für das Krankenhaus gesunken. Langfristig dürfte es aus personellen sowie betriebswirtschaftlichen Gründen kaum möglich und sinnvoll sein, die bestehenden Doppelstrukturen mit zwei Krankenhäusern im Heidekreis aufrecht zu halten. Ein gut ausgestatteter und richtig platzierter Neubau ist für Patienten sowie Mitarbeiter attraktiv und somit in der Lage, eine hervorragende medizinische Versorgung im Heidekreis zu etablieren.

Die richtige Standortwahl ist hier von besonderer Bedeutung. Der Standort darf nicht nach politischen Befindlichkeiten oder Machtstrukturen bestimmt werden. Er muss für möglichst viele Einwohner gut und schnell erreichbar sein. Hierzu eignet sich insbesondere ein Standort an den großen Verkehrsadern und in Autobahnnähe. Eine autobahnnahe Lage könnte die Klinik zudem für Ärzte und Fachpersonal interessant machen. Die Mittelzentren Soltau und Walsrode würden von dem weichen Standortfaktor Klinikum in ihren Entwicklungen profitieren. Die Fokussierung auf einen Standort ist eine echte Chance, die medizinische und betriebswirtschaftliche Situation deutlich zu verbessern und somit eine optimale Gesundheitsversorgung unserer Bürger langfristig sicherzustellen.

Reinhard Vorwerk