Kommantar: Hektik statt Souveränität

Von Jörg Jung

Wie lange haben Ankündigungen der Spitze des Heidekreis-Klinikums eigentlich Bestand? Die Frage könnte auch lauten: Was kann man ihr überhaupt glauben? Es ist erst wenige Tage her, da verkündete sie das Aus für die Gynäkologie und Geburtshilfe am Soltauer Krankenhaus zum 30. September. Jetzt muss es der 10. August sein – mit kaum mehr als einer Woche Vorlaufzeit. Den Eindruck einer kompetenten Führung des Hauses vermitteln die verantwortlichen Herren mit ihren Schnellschüssen nicht. Statt Souveränität herrscht Hektik. Und im Zentrum der aktionistischen Übungen samt ihrer negativen Auswirkungen steht das Krankenhaus in Soltau, während das in Walsrode gehegt und gepflegt wird. Das macht auch deutlich, welches Haus im Zweifel zur Disposition gestellt wird, sollten betriebswirtschaftliche Erfordernisse weitere Einschnitte unumgänglich machen – und wer wollte das nach den bisherigen Erfahrungen ausschließen?

Diese Art der Findung und des Verwerfens von Entscheidungen und Entscheidungsgrundlagen kennzeichnet den gesamten bisherigen Prozess der Krankenhaus-Umstrukturierung. Es begann damit, dass offensichtlich in irgendeinem Hinterzimmer entschieden wurde, die Kinderklinik solle um jeden Preis in Walsrode bleiben, und nicht, wie vom Gutachter vorgeschlagen, in Soltau. In einem weiteren Papier hatten die Gutachter noch einmal Soltau empfohlen, wo¿rüber sich die Kreistagsmehrheit hinweggesetzt hat. Der sich daraufhin in Soltau regende Protest wurde mit Zusagen erstickt, die nicht das Papier wert waren, auf denen sie standen. 250 000 Euro sollte die Kinderklinik in Soltau zusätzlich erhalten – auch dieses Geld war schnell wieder eingesackt, als feststand, dass die Kinderabteilung geschlossen werden soll.

Zuvor war die Unternehmensberatung Lohfert & Lohfert zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Vier-Betten-Kinderabteilung in Soltau betriebwirtschaftlich als „hart am groben Unfug“ einzustufen sei. Soll heißen: Da waren Dilettanten am Werk. Das Erschreckende ist: Diese wollen damit weitermachen, die Zukunft des Krankenhauses festzulegen, auch wenn ihr bisheriges Wirken im Umstrukturierungsprozess von Erfolglosigkeit gekennzeichnet ist. Es sollte sich daher niemand wundern, wenn als letzter Ausweg nur der Verkauf der gesamten Klinik an einen privaten Krankenhauskonzern bleibt.

Jörg Jung