Zu viele kleine Krankenhäuser
Heidekreis. Die Zahl der Krankenhäuser sinkt. 2000 zählte das Statistische Bundesamt bundesweit 2242 Kliniken, 2016 waren es noch 1951. Allerdings verharrt Deutschland im internationalen Vergleich damit immer noch auf einem Spitzenplatz. Denn die hiesige Versorgungslandschaft ist historisch gewachsen kleinteilig – und ein radikaler Strukturwandel, wie er etwa in Dänemark vollzogen wurde, blieb hierzulande aus. Beim nördlichen Nachbarn sank die Zahl der Krankenhäuser politisch gesteuert auf einen sehr niedrigen Wert – dort kommt eine Klinik auf 250 000 Einwohner. Wollte man in Deutschland eine entsprechende Kranken-hausstruktur etablieren, müsste die Zahl der Kliniken radikal auf 330 schrumpfen. Somit wirkt das dänische Modell aus deutscher Perspektive wie ein Kahlschlag. Doch viele Experten loben die dänische Politik. Denn die verbliebenen Kliniken sind optimal ausgestattet – was man von vielen deutschen Kliniken nicht behaupten kann.
Reduktion von Häusern könnte Pflegequalität verbessern
So heißt es in einem 2016 erstellten Thesenpapier der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina „Zum Verhältnis von Medizin und Ökonomie im deutschen Gesundheitssystem“, dass eine „Reduktion der Krankenhäuser, vor allem in Ballungsräumen, und die Aufstockung des medizinischen Personals in den verbleibenden Häusern (...) zu adäquateren Patienten-Pflegepersonal-Zahlen führen und damit sowohl die Versorgungsqualität deutlich erhöhen als auch Überlastungen beim medizinischen Personal reduzieren“ würde. Die Vielzahl von Krankenhäusern in Deutschland, „die miteinander um Patienten und finanzielle Mittel konkurrieren“, würde den „Versorgungsstandard der modernen Krankenhausmedizin nicht angemessen erfüllen“. Denn: „Zu viele kleine Krankenhäuser können moderne, hochkomplizierte Interventionen nicht mit der nötigen Ausstattung und Erfahrung durchführen.“
Das Papier bemängelt, dass selbst Plankrankenhäuser oft weder über eine Computertomographie (CT) noch über Intensivbetten verfügen. Die Mangelausstattung könne tödliche Folgen haben. Es sei als „höchst problematisch zu bewerten, wenn Kliniken Eingriffe und Versorgungsleistungen anbieten, in denen sie über keine besondere Ausstattung und/oder Expertise verfügen. Dieses ist beispielsweise der Fall wenn medizinisch hochkomplexe Transplantationen auch dann durchgeführt werden, wenn es hiervon nur wenige Fälle im Jahr gibt und das medizinische Personal also über keine entsprechenden Erfahrungen verfügt.“
Doch ein Systemwandel, der auch nur annährend dem beherzten Vorgehen beim dänischen Nachbarn vergleichbar wäre, erscheine hierzulande ausgeschlossen, befinden die Experten des Berliner Symposiums. Denn „die in Deutschland überproportional hohe Zahl von oft schlecht ausgestatteten Krankenhäusern trifft auf rechtliche Rahmenbedingungen, die die Schließung einzelner Häuser erschweren, ja fast unmöglich machen“. So kann beides zusammen bestehen – eine große Krankenhausdichte bei gleichzeitig bescheidener Versorgungsqualität. Wie unpopulär schon der bloße Gedanke an eine Standortschließung ist, lässt sich in Soltau beobachten, wo der örtliche FDP-Direktkandidat Dirk Mende im Landtagswahlkampf just dieses Szenario ins Spiel brachte und sich damit politisch isolierte. Gleichzeitig hört das Geraune darüber nicht auf, dass hinter verschlossenen Türen eben doch genau darüber nachgedacht werde. Eine offene Diskussion sähe wohl anders aus. Die finanzielle Situation der niedersächsischen Krankenhäuser wird jedenfalls insgesamt als schwierig eingeschätzt. So ergab eine Umfrage der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft (NKG) im Herbst 2016, dass mehr als die Hälfte der Häuser mit existenzgefährdenden Geschäftsabschlüssen rechneten. ari