Zahlreiche Gutachten, Pläne und immer noch kein Ende

Soltau. Der Streit ums Heidekreis-Klinikum, das Hin und Her der Abteilungen, ist längst schulpflichtig: Seit mehr als sieben Jahren befindet sich das kreiseigene Unternehmen in der Umstrukturierung, seit mehr als sieben Jahren sind immer wieder neue Gutachter gefragt, wie denn der Weg in die Zukunft für die beiden Krankenhäuser Soltau und Walsrode aussehen kann. Die Konflikte begannen mit einem Streit um den Standort der Kinderklinik, dann um die Geburtshilfe – und haben sich immer mehr ausgeweitet. Doch bei allen Diskussionen – Aufsichtsrat und Kreis als Eigentümer haben stets betont, dass es bei zwei Krankenhäusern bleiben soll.

2010 legte Gutachter Ulrich Kestermann (Bremen) erstmals einen Plan vor, um das kreiseigene Heidekreis-Klinikum neu zu strukturieren und so auf den Trend zu Spezialisierung und größeren Einheiten im Gesundheitswesen zu reagieren. Die Kliniken Soltau und Walsrode sollten danach beide funktionsfähig bleiben, geplant war eine Grundversorgung an beiden Standorten, jeweils mit zusätzlicher Spezialisierung. Im Juni 2010 kochte der Streit erstmals öffentlich hoch. Denn da wurde bekannt, dass Kestermann aus dem ursprünglichen Konzept, dem späteren Plan A, ein zweites Konzept, den sogenannten Plan B, entwickelt hat. Und danach sollten die Kinderklinik und die Gynäkologie komplett an den Standort Walsrode verlegt werden. In Soltau sollten der Bereich für Schlaganfallpatienten, die sogenannten Stroke Unit, Geriatrie sowie Kardiologie neu angesiedelt werden. Offen blieben die Gründe für das plötzliche Umschwenken.

Folge des Streits und von Protesten besonders aus Soltau war ein zweites Kestermann-Gutachten mit den beiden Varianten C und D. Bei C waren Geburtshilfe und Kinderklinik erneut in Walsrode angesiedelt, bei D in Soltau, das dafür die Kardiologie und die Trauma-Chirurgie nach Walsrode abgeben und im Gegenzug die Viszeralchirurgie bekommen sollte. Kestermann selbst favorisierte bei der Vorstellung des Krankenhaus-Gutachtens die Lösung D: Soltau behielte seine Kinderklinik, während Walsrode finanziell wesentlich besser abschneiden würde als bei der C-Lösung. Nach der von Kestermann präsentierten Umsatzprognose ergäbe sich bei Plan D nahezu ein Gleichgewicht zwischen den Häusern. Soltau würde demnach auf 24,3 Millionen Euro Umsatz kommen, Walsrode auf 24,2 Millionen Euro.

Komplette Grund- und Regelversorgung

Unstrittig als Basis aller Planspiele war eine komplette Grund- und Regelversorgung an beiden Standorten – „zwei vollwertige somatische Krankenhäuser“ –, jeweils mit innerer Abteilung, allgemeiner Chirurgie, Notfallambulanz, ambulantem Operieren und medizinischem Versorgungszentrum. Dazu sollten Schwerpunktbereiche kommen: für Soltau Neurologie, Diabetologie, Stroke Unit und Geriatrie, für Walsrode die Belegabteilungen für HNO, Augenheilkunde, Orthopädie und Inneres sowie die Palliativabteilung und die Psychiatrie. Hinzu kamen die Schwerpunkte. Mit einer Stimme Mehrheit (22:21) votierte der Kreistag dann allerdings für Plan C. Ein Bürgerbegehren für den Erhalt der Kinderklinik in Soltau war die Folge, zum Bürgerentscheid, also zur Abstimmung, kam es dann allerdings nicht mehr. Denn kurz vor der Kommunalwahl im September 2011 beschloss der Kreistag einen Kompromiss, den die Bürgerbegehren-Initiative billigte.

Danach sollte die Kinderstation zwar in Walsrode beheimatet werden, Soltau aber eine „unselbstständige Kinderabteilung“ als Teil einer standortübergreifenden Abteilung sowie eine 24-Stunden-Präsenz eines pädiatrischen Dienstarztes erhalten. Doch zum Tragen kam der Kompromiss nicht, und die Klinik kam weder aus den Schlagzeilen noch aus den roten Zahlen heraus. Stattdessen wurden im Juni 2012 die Hamburger Berater von Lohfert & Lohfert eingeschaltet, zur „Konsolidierung und Sicherstellung des wirtschaftlichen Betriebs“. Nach ihren Vorschlägen wurden kurz darauf die Frauenklinik ebenso wie die Kinderklinik komplett am Standort Walsrode konzentriert. Nach ihrer Prognose sollte das Unternehmen ab 2014 schwarze Zahlen schreiben.

Doch die Kehrtwende gelang nicht. Ende 2013 tauschte das Klinikum seine Geschäftsführung aus und beendete auch die Zusammenarbeit mit Lohfert & Lohfert. Stattdessen wurde die Jomec GmbH (Berlin), eine Beratungs- und Managementgesellschaft für Krankenhäuser, ins Boot geholt. Sie stellte zum 1. Januar 2014 Dr. Christof Kugler, der 2015 als alleiniger Geschäftsführer fest ans Heidekreis-Klinikum wechselte. Seitdem wurden weitere Abteilungen Stück für Stück konzentriert, im Februar 2016 ein neues Konzept zur Fortsetzung der Umstrukturierung vorgelegt. In Soltau wurde zwar die Kardiologie auf zwei Herzkatheterplätze ausgebaut. Dafür wurde im Februar 2017 aus der Teilverlagerung der Chirurgie eine Komplettverlagerung nach Walsrode. Eine Folge war auch, dass das Soltauer Krankenhaus bei chirurgischen Behandlungsfällen nicht mehr vom Rettungsdienst angefahren wird. In Soltau sind noch die allgemeine innere Medizin, Kardiologie und Gefäßmedizin, internistische Intensivmedizin, Diabetologie und Geriatrie sowie die Schlaganfalleinheit vorhanden. Und nun? Nun ist Roland Berger eingeschaltet, um es zu richten. Ende offen. wu

Andres Wulfes