Das Herz wieder in den Takt bringen
Soltau. Mit dem Herzen ist das so eine Sache: Mal klopft es ein wenig langsamer, dann wieder schneller, legt bei Anstrengung und Aufregung einen Zahn zu. Verliebte kennen das nur zu gut: Herzklopfen eben, wenn man sich trifft. Doch jenseits aller Romantik kann der unregelmäßige Herzschlag auch krankhaft sein – Herzrhythmusstörungen sind weit verbreitet, manchmal sind sie harmlos, manchmal aber auch lebensbedrohlich. Die Diagnose und Therapie sind jetzt im Soltauer Heidekreis-Klinikum (HKK) möglich. Denn die Kardiologie hat, in Kooperation mit dem Herz- und Gefäßzentrum Bad Bevensen, einen zweiten Kathetermessplatz eingerichtet.
Vor knapp vier Jahren hat das HKK das Herzkatheterlabor mit einem Platz eingerichtet. Dort werden Infarktpatienten behandelt, können Herzkammer und Herzkranzgefäße untersucht und Engstellen behandelt werden. Mit dem zweiten Messplatz werden die Behandlungsmöglichkeiten erweitert. Denn nun ist nach Worten von Kardiologie-Chefärztin Dr. Andrea Pomarino die Diagnostik und Therapie von Herzrhythmusstörungen möglich – das Herz kann wieder in den Takt gebracht werden. Doch das dauert. Drei bis vier Stunden kann so eine EPU in Anspruch nehmen – bei nur einem Katheterplatz zu lange, falls ein Herzinfarktpatient behandelt werden muss. Die Menschen mit Rhythmusstörungen – „am häufigsten ist das Vorhofflimmern“ – wurden daher bislang nach Bad Bevensen verlegt. „Nun können wir sie vor Ort behandeln“, freut sich Pomarino.
„Das liegt an der älter werdenden Bevölkerung“ – Klinikchef Dr. Christof Kugler
Der Bedarf ist groß, wie Klinik-Geschäftsführer Dr. Christof Kugler erläutert. Seit Jahren nimmt die Zahl von Patienten zu, die aufgrund von Herzrhythmusstörungen ins Krankenhaus aufgenommen werden. „Das liegt an der älter werdenden Bevölkerung sowie an den deutlich verbesserten diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten. Um aus dem Heidekreis Krankenhäuser zu erreichen, die über die speziellen technischen und personellen Möglichkeiten der über den Herzkatheter auszuführenden Behandlungen verfügen, müssen die Patienten immer mehr als 30 Kilometer fahren. Dies war ein wichtiger Grund, in Soltau die kardiologische Abteilung entsprechend zu erweitern.“
Bisher konnten im Katheterlabor Patienten mit Brustenge (Angina pectoris), Verschluss in den Herzkranzgefäßen, Herzinfarkt, Luftnot-Herzschwäche, Herzklappenfehlern, Wasseransammlungen in der Lunge und in den Beinen und anfallsweiser Bewusstlosigkeit untersucht werden. Ziel ist es, eine Ballon¿aufdehnung durchzuführen oder eine Gefäßstütze aus Edelstahl (Stent) an der Engstelle zu platzieren. Der Bedarf sei groß, schließlich seien Herz-Kreislauferkrankungen mit gut 40 Prozent die häufigste Todesursache in Deutschland. Das zeigt sich auch im Heidekreis: Bei zehn Prozent der 3250 Patienten, die im zweiten Quartal 2016 vom Rettungsdienst in das Klinikum eingewiesen wurden, erfolgte dies laut Kugler aufgrund des Verdachts einer akuten Herz-Kreislauferkrankung. wu
Infobox: EKG direkt im Herzen
Die elektrophysiologische Untersuchung (EPU) wird angewendet, um feststehende oder vermutete Herzrhythmusstörungen zu klären und abzuschätzen. Dabei handelt es sich um eine geplante Untersuchung. Ähnlich wie bei einer „normalen“ Herzkatheteruntersuchung werden spezielle Katheter zum Herzen geführt. Zugang ist eine Punktion in der Leiste. Von dort werden die Katheter durch die untere Hohlvene zum rechten Herzvorhof und zur rechten Herzkammer vorgeschoben. Vor Ort werden dann die elektrischen Ströme im Herzen gemessen, der Untersucher leitet sozusagen ein Elektrokardiogramm (EKG) an verschiedenen Stellen direkt im Herzen ab. Zusätzlich können über diese Katheter wie durch einen Schrittmacher das Herz im Vorhof oder in der Herzkammer stimuliert werden, um die Herzrhythmusstörung zu erkennen. Wenn die Diagnose feststeht, kann eine Ablation vorgenommen werden. Dabei verödet der Arzt den Bereich des Herzgewebes, von dem die Herzrhythmusstörung ausgeht. wu