Böse Überraschung: HKK braucht noch mehr Geld

vo Walsrode. Für die meisten Kreistagsabgeordneten war es eine böse Überraschung, wähnten sie doch das Heidekreis-Klinikum (HKK) auf dem Weg der wirtschaftlichen Genesung. Doch dann flatterte ihnen zur Sitzung am Freitag eine Beschlussvorlage auf den Tisch, die besagt, dass das HKK mit dem ihm vom Landkreis dauerhaft zur Verfügung gestellten Betriebskostenzuschuss von jährlich zwei Millionen Euro in diesem Jahr nicht über die Runden kommen wird, sondern einen kräftigen Nachschlag benötigt: bis zu drei Millionen Euro zusätzlich.

„Die wirtschaftliche Lage der Heidekreis-Klinikum GmbH hat sich deutlich schlechter entwickelt, als bisher erwartet“, heißt es in den Erläuterungen. Ende August hatte die HKK GmbH den Heidekreis als Gesellschafter darüber informiert, dass auch bereits unter Berücksichtigung des vollen laufenden Zuschusses von zwei Millionen Euro für 2015 durch die laufende Ergebnisrechnung und die Verlustvorträge aus den vorangegangenen zwei Jahren bereits die Hälfte des Stammkapitals von drei Millionen Euro unterschritten sei. Mit Stand 31. Juli sei ein Stammkapital von lediglich 953 593 Euro verblieben. Unter Berücksichtigung aktueller Hochrechnungen sei davon auszugehen, dass eben jener auf bis zu fünf Millionen Euro erweiterte Zuschuss erforderlich sein wird.

Einstimmiger Beschluss

Den sollte der Kreistag als einziger Gesellschafter genehmigen. Vorher musste HKK-Geschäftsführer Dr. Christof Kugler dem Gremium jedoch hinter verschlossenen Türen Rede und Antwort stehen. „Ich bin eine Stunde lang gegrillt worden“, beschrieb Kugler später selbst den Verlauf. Aber er hat Überzeugungsarbeit geleistet: Alle anwesenden 41 Kreistagsmitglieder inklusive Landrat Manfred Ostermann stimmten im wieder öffentlichen Teil für die vorgeschlagene Zuschusserhöhung auf bis zu fünf Millionen Euro in diesem Jahr. Der Geschäftsführer wertet das einstimmige Votum auch als Vertrauensbeweis und Auftrag, den eingeschlagenen Weg der Konsolidierung und Neuordnung des angeschlagenen Klinikums fortzusetzen. Gänzlich überrascht hat ihn die Entwicklung nicht. Er habe gewarnt, dass der relativ gute Abschluss 2014 nicht die wirkliche Situation widergespiegelt habe, sondern zum Teil durch Einmaleffekte, aufgelöste Rückstellungen, erreicht worden sei. Es seien noch nicht alle „Baustellen“, Altlasten, aus der Vergangenheit abgearbeitet worden.

Beim operativen Kerngeschäft sei man mit den Leistungen durchaus im Plan, so Kugler. Nicht aber bei den Personalkosten. Da habe es einen Zuwachs von 720 000 Euro durch Tariferhöhungen gegeben. Wie berichtet, sind auch die Mitarbeiter bereit zur Konsolidierung beizutragen. Ihr einmaliger Verzicht auf die Auszahlung von je 20 Überstunden entlastet die Bilanz um 600 000 Euro. Als weiteren Grund für die Ergebnisverschlechterung nennt der Geschäftsführer nicht bezifferte Kostenzuwächse durch Maßnahmen zur Qualitätserhöhung in den Notaufnahmen der beiden Krankenhäuser in Soltau und Walsrode. Des Weiteren habe sich das Doppelvorhalten von Angeboten etwa in der Chirurgie negativ ausgewirkt, was bis August ein Minus von 300 000 Euro eingebracht habe. Kugler: „Wir müssen überlegen, wo wir welche Strukturen vorhalten, was wir uns leisten können an beiden Standorten.“

Als „größten Kostenblock“ nennt er die Innere Abteilung in Soltau. Habe man dort im vergangenen Jahr bis August einen positiven Deckungsbeitrag von 300 000 Euro erzielt, gebe es jetzt ein Minus von 1,4 Millionen Euro, unterm Strich eine Verschlechterung von 1,7 Millionen Euro. „Wir konnten die Innere noch nicht stabilisieren“, musste er einräumen. Aufgrund stark gestiegener Fallzahlen mussten noch einmal Honorarärzte verpflichtet, aber dennoch aufgrund von Personalmangel eine Abteilung der Inneren in Soltau, die Station 4 A, geschlossen werden. Die Personalgewinnung bezeichnet der Geschäftsführer als große Herausforderung. Der Kreistag trage Einstellungen mit. Aber: „Es ist schwer, überhaupt Fachpersonal zu finden.“

„Die anderen Klinikteile funktionieren“, sieht Kugler nach dem Kreistagsbeschluss vom Freitag gute Chancen, den Konsolidierungsprozess fortzusetzen. Was die Entwicklung des Zuschussbedarfs betreffe, müsse man abwarten. Da lesen sich die Aussagen der Verwaltung in der Vorlage dramatischer: „Auch für das Haushaltsjahr 2016 und den Finanzplanungszeitraum (bis 2019) ist von diesem erhöhten Zuschussbedarf auszugehen.“

Chefarzt wechselt

Zudem steht laut Kugler eine wichtige Personalie für den Standort Soltau an: Dr. Thomas Wittlinger, der Chefarzt der Inneren Abteilung wird das HKK aus persönlichen Gründen zum 30. November verlassen und nach Süddeutschland zurückkehren, wo er eine neue berufliche Herausforderung annehmen wird. Mit seiner Person ist vor allem die Einrichtung der kardiologischen Klinik und des Herzkatheters verknüpft. Andererseits bekommt der ärztliche Bereich bereits in der dieser Woche Verstärkung: Am 1. Oktober wird Dr. Gunter Hornung seine Tätigkeit im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) Soltau beginnen. Er ist Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie. Was die Nachfolge von Wittlinger betrifft, geht HKK-Geschäftsführer Kugler davon aus, zum 1. Februar 2016 einen neuen Chefarzt für die Innere präsentieren zu können.

Das Heidekreis-Klinikum, hier der Haupteingang zum Krankenhaus Soltau, benötigt in diesem Jahr einen deutlich höheren Zuschuss vom Gesellschafter Landkreis: bis zu fünf Millionen Euro. Fotos: wu

Das Heidekreis-Klinikum, hier der Haupteingang zum Krankenhaus Soltau, benötigt in diesem Jahr einen deutlich höheren Zuschuss vom Gesellschafter Landkreis: bis zu fünf Millionen Euro. Fotos: wu

Dr. Christof Kugler, Geschäftsführer des Heidekreis-Klinikums.

Dr. Christof Kugler, Geschäftsführer des Heidekreis-Klinikums.

Reinhard Vorwerk