Krankenhaus-Umbruch voll im Gange
mh Soltau. Reorganisation der Notfallaufnahme, bessere Zusammenarbeit beim Notarztwagen-System des Landkreises, Verbesserung und Erweiterung des medizinischen Angebots des Heidekreis-Klinikums (HKK) und eine engere Kooperation mit dem Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) in Hamburg – das sind die wichtigsten Stellschrauben, mit deren Hilfe HKK-Geschäftsführer Dr. Christof Kugler das angeschlagene Schiff Heidekreis-Klinikum GmbH auf Kurs bringen will. Vier Monate nach dem Wechsel an der Spitze ist die Situation des kreiseigenen Krankenhaus-Unternehmens nach wie vor angespannt. Am heutigen Freitag werden die Eckdaten der Bilanz von 2013 der Öffentlichkeit präsentiert. Sie fallen eher ernüchternd aus. Doch der neue Geschäftsführer Kugler setzt auf Transparenz, um den Blick auf die anstehenden harten Sanierungsmaßnahmen zu fokussieren. Kugler weiß, dass auch personelle und finanzielle Vorleistungen notwendig sind, um besser zu werden. Gegenüber der Böhme-Zeitung benennt Kugler die entscheidenden Punkte seines Programms.
Freundlichere Umgebung
Das wichtigste Vorhaben sei die Reorganisation der Notfall- aufnahme in beiden Häusern: „Das war hier alles viel zu klein und lief chaotisch ab“, berichtet der 58 Jahre alte Chirurg. „Wir bauen sie um, vergrößern sie räumlich und teilen die Patientenströme. Außerdem organisieren wir den fachärztlichen Hintergrund um.“ Kugler wolle Ärzte gewinnen, die ausschließlich in der Notaufnahme arbeiten und auch Einarbeitungskonzepte für junge Assistenten übernehmen. Neu ist, dass es für die beiden Notaufnahmen einen verantwortlichen Oberarzt gibt. Ziel der Umstrukturierung sind vor allem kürzere Wartezeiten, schnelle und präzise Diagnosen und entsprechende Ein- und Überweisungen, alles in einer freundlicheren Umgebung. Die Vorbereitungen laufen bereits. Noch im dritten Quartal dieses Jahres sollen die Pläne laut Kugler wirksam werden.
Ebenfalls neu geordnet werden muss nach Ansicht des HKK-Geschäftsführers das Notarztwagensystem des Landkreises: „Der Landkreis ist nicht nur für die Notfallversorgung zuständig, er betreibt ja auch die Krankenhäuser, das heißt, er bezahlt beides. Da sollte es natürlich auch so sein, dass wir die Patienten bekommen, die wir hier qualitativ entsprechend behandeln können“, sagt Kugler und fährt fort: „Es ist doch klar: Wenn wir beide Häuser umgestalten, muss man auch die Versorgungssituation im Landkreis im Blick haben.“ Ein wichtiger Punkt dabei sei, das Notarztsystem darauf abzustimmen. „Die nötigen Strukturentwicklungen haben hier in den letzten 15 Jahren nicht stattgefunden – warum auch immer.“ Bisher seien die vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) betriebenen Notarztwagen nicht bei den HKK-Häusern, sondern an den DRK-Rettungswachen stationiert. „Wir wollen die Wagen an unsere Krankenhäuser binden und auch verstärkt eigene Ärzte in die Dienstpläne integrieren. Ich bin gerade dabei, zwei bis drei neue Arztstellen dafür aufzubauen.“
Schließlich soll eine neue Software, der sogenannte Interdisziplinäre Versorgungsnachweis (IVENA), für einen Informationsaustausch in Echtzeit zwischen Notärzten und den Notfallaufnahmen der Krankenhäuser sorgen. Kugler: „Damit könnten die Krankenhäuser frühzeitig erfahren, welche Patienten mit welchen Diagnosen auf dem Weg zu ihnen sind und sich entsprechend vorbereiten.“ Allerdings muss noch die Abstimmung mit dem Landkreis und dem DRK erfolgen.
Hoffnungen setzt der neue HKK-Chef in das vor zwei Monaten eröffnete 3,1 Milionen Euro teure Herzkatheterlabor am Standort Soltau. „Bereits im Container-Labor hatte sich die Zahl der Patienten massiv entwickelt. Seit Anfang April bieten wir in den neuen Räumen zusätzlich eine 24-Stunden-Bereitschaft an.“ Diese ist zwar mit zusätzlichen Kosten für das HKK verbunden, aber eine Kooperation mit einem anderen Krankenhaus wäre mit dem fachlich geforderten Zeitfenster, beispielsweise für Infarkt-Patienten, kaum in Einklang zu bringen gewesen: „Der Patient sollte innerhalb von 60 bis 90 Minuten nach Symptom-Beginn auf dem Operationstisch liegen. Das neue Herzkatheterlabor stellt wirklich einen wichtigen Qualitätssprung in unserem medizinischen Angebot dar“, sagt Kugler.
Insgesamt wird der Standort Soltau nach Informationen der Unternehmensleitung in Kardiologie, Schlaganfallversorgung und Geriatrie „massiv ausgebaut“. Mit Andreas Konermann vom Reha-Zentrum Gyhum im Landkreis Rotenburg wird es ab 1. Juli wieder einen Chefarzt der Geriatrie geben. Auch das Thema „akademisches Lehrkrankenhaus“ soll mit Inhalt gefüllt werden. Kooperationsversuche gab es früher mit Kliniken in Hannover und Göttingen. „Warum die gescheitert sind, weiß ich nicht“, erklärt Kugler. Angestrebt wird eine Verbindung mit dem UKE, mit dem man bereits zusammenarbeite.
Dadurch könnten junge Ärzte in der Ausbildung zeitweilig nach Soltau und Walsrode gelotst werden. Natürlich verbindet der Geschäftsführer damit die Hoffnung, dass fertige Ärzte sich später an ihre Ausbildungszeit erinnern und beim HKK anheuern. „Außerdem bedeutet ,akademisch‘, dass man immer nah an der Front der medizinischen Entwicklung ist“, meint Kugler. Um den Status zu erhalten, bedürfe es keineswegs eines jahrelangen Prozesses. Die Sache könne „relativ rasch“ über die Bühne gehen. Allerdings gebe es noch keine offizielle Reaktion des Dekanats. Bisher lief das Ganze auf der Kollegen-Ebene ab. Kugler: „Wir müssen endlich raus aus der Agonie, wir würden angeblich keine Leute mehr bekommen.“ Bei der jüngsten Personalsuche habe er festgestellt: „Da sind gute Leute vorhanden, die früher schon mal am HKK waren und durchaus bereit wären zurückzukommen, wenn es eine klare Linie gibt.“
Mit Zahlen nicht zufrieden
Sorgen macht nach wie vor die Geburtshilfe. Hatte es im HKK 2010 noch 1225 Geburten in Soltau und Walsrode zusammen gegeben, so waren es zwei Jahre später nur noch 863 – Soltau schloss Mitte 2012. Für das abgelaufene Jahr registrierte die Geschäftsleitung einen weiteren Rückgang auf 747 Geburten ausschließlich in Walsrode. Kugler ist mit den Patientenzahlen nicht zufrieden, sagt aber: „Die Entscheidung, die Gynäkologie an einem Standort zu konzentrieren, war richtig. In einem Landkreis, der es mit sinkender Tendenz auf nie mehr als 1150 Geburten im Jahr bringt, können keine zwei gynäkologischen Abteilungen existieren. Wir müssen also den Realitäten ins Auge schauen: Die Menschen sind reisefähig. Sie gehen mit ihren Geburten nach Rotenburg, Celle, vielleicht auch nach Hamburg.“ Das werde sich so schnell nicht ändern.