Klinik will Abwanderung von Patienten stoppen
wu Soltau. Dr. Christof Kugler kennt die Situation aus der eigenen Familie: Seine Mutter wohnt in einer 6000-Einwohner-Stadt. Ehemals gab es dort drei Hausärzte – inzwischen findet sich keine einzige Praxis mehr. Solche Szenarien seien auch in der Heide zu erwarten, prognostiziert der Chef des Heidekreis-Klinikums (HKK) – und sieht das kreiseigene Unternehmen in der Pflicht. Die Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung, das sei in der Zukunft auch Aufgabe des Krankenhauses, beispielsweise durch Anstellung von Ärzten, durch Unterstützung und medizinische Versorgung in Zeiten, in denen die anderen Praxen geschlossen haben. Noch allerdings ist dies Zukunftsmusik. Zunächst muss sich Kugler den drängenderen Problemen des Heidekreis-Klinikums zuwenden, muss das Unternehmen aus den roten Zahlen holen. Mit seinem Sanierungskonzept will er das bis 2015 schaffen.
„Die Potenziale des Klinikums sind groß“, sagt der 58-Jährige, der seit Jahresanfang die Geschicke des kreiseigenen Unternehmens mit den Krankenhäusern Soltau und Walsrode bestimmt. Die Klinik beschäftigt gut 1100 Mitarbeiter, hat einen Jahresumsatz von 62 Millionen Euro. Kugler ist nicht der erste, der einen Sanierungsplan vorlegt. Seit Jahren befindet sich das Unternehmen in der Sanierung, legen Gutachter Konzepte vor. Zuletzt war die Hamburger Beratungsfirma Lohfert & Lohfert überzeugt, dass das Klinikum bereits ab Ende 2013 schwarze Zahlen schreibt – eine trügerische Hoffnung.
Was Kugler nun so sicher macht, dass sein Konzept greift? Er lächelt. „Der Unterschied ist, dass ich auch der Umsetzungsverantwortliche in der täglichen Arbeit bin“, sagt er. Alle bisherigen Berater seien Externe gewesen. Lohfert habe alles richtig erkannt und berechnet. Doch eine Analyse reiche eben nicht, es müsse auch umgesetzt werden. „Und dann muss man auch nachhaken.“ Genau das aber sei unterblieben. Die Folge: Das Unternehmen verzeichnet Stagnation, teilweise sogar sinkende Zahlen. Während „normale Krankenhäuser“ 1,5 bis 2 Prozent mehr Fälle pro Jahr verzeichneten, sei diese Entwicklung am Heidekreis-Klinikum vorbeigegangen. 17 252 Fälle hatte die Klinik laut Kugler im vergangenen Jahr, erzielte damit 15 097 Erlöspunkte – jeder 3100 Euro wert. Zum Vergleich: 2012 waren es noch 17 960 Fälle und 15 342 Punkte, 2008 17 732 Fälle und 15 267 Punkte.
1,5 Millionen Euro Gewinn
Mit seinem Konzept plant Kugler, die Erlöse bis 2016 um gut 1,5 Prozent anzuheben, gleichzeitig Kosten zu reduzieren. Das Klinikum soll danach 2014 noch einmal ein Defizit von 1,6 Millionen Euro verbuchen, 2015 bereits 528 000 Euro und 2016 dann 1,1 Millionen Euro Plus machen. Dazu sollen zum einen mehr Patienten beitragen. So sorgen die Menschen im Heidekreis für einen jährlichen Umsatz an stationären Gesundheitsleistungen, wie sie Krankenhäuser anbieten, von 54 Millionen Euro. Das Heidekreis-Klinikum erhält davon aber nur 32 Millionen Euro. Diese Versorgungsquote von 60 Prozent will Kugler auf mindestens 70 Prozent steigern.
Kosten will Kugler innerhalb von zweieinhalb Jahren reduzieren beim Einkauf von medizinischem Sachbedarf (500 000 Euro) und Laborbedarf (50 000 Euro), Abbau von Überstunden, Urlaubsrückstellungen und Verzicht auf Honorarärzte (800 000 Euro). Beim Personal soll nicht gespart werden, weder betriebsbedingte Kündigungen noch ein Sanierungstarifvertrag und die Ausgliederung in eigene, untertarifliche Gesellschaften sind vorgesehen. Weitere Potenziale sieht Kugler bei Energiekosten (200 000 Euro) und in der Küche (400 000 Euro). Dazu würden zwei Varianten geprüft: statt zwei nur eine Küche, dann in Walsrode, oder die Anlieferung von vorgekochtem tiefgefrorenen Essen, das in beiden Häusern mit Dampf zubereitet wird.