„Warten gefährdet Klinik-Existenz“
wu Soltau. Es muss eine lange und turbulente Sitzung gewesen sein, in der der Aufsichtsrat des Heidekreis-Klinikums die Schritte zur Umstrukturierung festgelegt hat. Man habe „intensiv diskutiert – mehr als fünf Stunden“, wie sich Vize-Aufsichtsratschef Sebastian Zinke mit leichtem Seufzer erinnerte. Am Ende stand das Ergebnis fest – das auch Veränderungen bei der Kinderversorgung und Einschnitte bei der Geburtshilfe in Soltau bedeutet. „Wir müssen eine klare Kante machen. Da ist ,plus‘ eben nicht möglich.“ Mit klaren Worten sprach sich Zinke für die Veränderungen im Bereich der Kinderversorgung aus. Zusammen mit dem Vorsitzenden Hermann Norden, den beiden Geschäftsführern Norbert Jurczyk und Peter Lehmann sowie Landrat Manfred Ostermann ging er auf die Schritte zur Umstrukturierung des kreis¿eigenen Heidekreis-Klinikums mit den beiden Häusern Soltau und Walsrode ein. Dabei geht um weit mehr als um die Frage nach der Kinderversorgung – und viel Zeit bleibt unter gesamtwirtschaftlichen Aspekten für das gesamte Unternehmen nicht, wie besonders Ostermann deutlich machte. Daher habe es auch wenig Sinn, mit Veränderungen der Kinderklinik noch einige Monate zu warten.
„Nach vorn denken“
Bereits im Herbst hatten die Geschäftsführer für 2011 einen Jahresverlust von 4 Millionen Euro prognostiziert. „Ein weiteres Warten riskiert die Existenz des gesamte Krankenhauses. Wir müssen nach vorn denken“, sagte Ostermann. Denn, ergänzte Norden, immerhin sei das Klinikum mit rund 1000 Beschäftigten einer der größten Betriebe im Heidekreis. Das bedeutet auch, dass die gesamte Umstrukturierung des Klinikums deutlich schneller vorangeht als zunächst diskutiert. Zwei bis drei Jahre hatten die Gutachter für diesen Prozess veranschlagt. „Das ist zu lange, wir müssen das schneller erledigen, wenn wir uns am Markt behaupten wollen“, betonte Norden. Auch nach Ansicht von Geschäftsführer Jurczyk „haben wir die Zeit nicht“. So will das Unternehmen Gas geben – und gibt sich ein halbes Jahr Zeit. Bis zum 30. Juni sollen die Schritte im wesentlichen abgeschlossen und für jedermann erkennbar sein, erläuterte Jurczyk. „Das bringt wieder Stabilität in unser Unternehmen, nach innen und nach außen. Eine zeitnahe Umsetzung ist ein wesentlicher Pfeiler der wirtschaftlichen Stabilisierung der finanziellen Turbulenzen, die durch die erheblichen zeitlichen Verzögerungen bisher entstanden sind.“ Der grundsätzliche Kostendruck auf die Krankenhäuser, der Ärztemangel und die demografische Entwicklung zwingen nach Worten Nordens zu Veränderungen – und klaren Schwerpunktbildungen. Soltau soll dabei zum Herz-Kreislaufzentrum werden, Walsroder Spezialgebiete werden Erkrankungen von Magen und Darm. An beiden Standorten soll die Grundversorgung im chirurgischen wie im internistischen Bereich erhalten bleiben. Wie dieses Ziel im einzelnen umgesetzt werden kann, haben Arbeitsgruppen dem Aufsichtsrat dargestellt. Als ein Schritt soll im Februar die Finkelsteinklinik für Kinder- und Jugendmedizin in Walsrode konzentriert werden. Damit das passieren kann, soll der Kreistag Ende Januar dem Aufsichtsrat mehr Handlungsfreiheit bei der Gestaltung der stationären Kinderversorgung einräumen. „Wir brauchen etwas mehr Freiheit und Entscheidungskompetenz“, betonte Ostermann. Der Aufsichtsrat könne nicht jedes Mal den Kreistag fragen – mit allen dafür nötigen Fristen. „Die Zeit haben wir nicht.“ Nötig ist der Umzug der Kinderstation nach Worten Jurczyks auch aus Platzgründen: Das Medizinische Versorgungszentrum, also der ambulante Bereich mit chirurgischer Praxis und Diabetologie, soll in die Räume ziehen, um so die Vorgabe, als eine Einheit erkennbar zu sein, zu erfüllen. Ebenfalls ausgeweitet werden soll die Geriatrie. Denn die zehn Betten sind gefragt, „wir haben Wartelisten“. Bereits am 23. Januar soll im Bereich der Inneren Abteilungen der Tausch der Chefärzte Dr. Rolf-Armin Jacobs und Privatdozent Dr. Thomas Wittlinger vollzogen sein. Während Jacobs dann für den gastroenterologischen Schwerpunkt in Walsrode verantwortlich ist, baut Wittlinger den kardiologischen Schwerpunkt in Soltau auf. Laut Geschäftsführer Jurczyk ist über die Planungsaufträge für die Kardiologie entschieden. Die europaweite Ausschreibung für die medizinische Ausstattung wird vorbereitet, für das Herzkatheterlabor soll ein rund 300 Quadratmeter großer Anbau entstehen. Dafür ist das Architekturbüro Krampitz (Soltau) beauftragt. Ziel ist es, mit dem Herzkatheter „vor Ende des Jahres in Gang“ zu kommen.
BU: Die Schritte zur Neustrukturierung des Heidekreis-Klinikums stellen vor (von links) Sebastian Zinke, Manfred Ostermann, Hermann Norden, Norbert Jurczyk und Peter Lehmann. Foto: wu