Heidekreis-Klinikum fährt einen hohen Verlust ein

wu Soltau. Das Heidekreis-Klinikum steckt tief in den roten Zahlen. „Wir müssen davon ausgehen, dass das Jahresergebnis 2011 mit einem Verlust von 4 Millionen Euro abschließt“, sagte Geschäftsführer Norbert Jurczyk am gestrigen Dienstagabend. Gemeinsam mit seinem Kollegen Peter Lehmann und dem Betriebsratsvorsitzenden Rainer Oberüber schilderte er die Situation für das Unternehmen. Vorausgegangen war eine Versammlung für die Beschäftigten. Das kreiseigene Heidekreis-Klinikum umfasst die Krankenhäuser Soltau und Walsrode mit zusammen rund 450 Betten und 1100 Beschäftigten. „Die Situation ist ernst, das Unternehmen aber nicht gefährdet“, betonte Jurczyk. „Es ist besorgniserregend, wir reden aber noch nicht von Überschuldung“, stellte Lehmann mit Blick auf zehn Millionen Euro Eigenkapital fest.

Für das Klinikum droht aber ein Defizit in bislang ungeahnter Höhe. In der Vergangenheit hat die GmbH mit gut 50 Millionen Euro Jahresumsatz weitgehend positive Ergebnisse verbucht: 2009 noch rund 700 000 Euro Gewinn, im vergangenen Jahr immerhin noch 150 000 Euro. Das hat sich gründlich geändert: Im April habe man eine Unterdeckung festgestellt, „seit Mai machen wir im Durchschnitt jeden Monat 500 000 Euro Verlust“, schilderte Jurczyk. Entsprechend habe die Geschäftsführung den Gesellschafter und den Aufsichtsrat sowie die Mitarbeiter informiert: Denn ebenso wie die Gewinne in der Vergangenheit beim Klinikum verblieben sind, muss es nun auch die Verluste auffangen.„Wir mussten dem Gesellschafter aber schon sagen, dass es nicht auszuschließen ist, dass es einmal einen Betriebskostenzuschuss geben muss.“

Gestiegene Kosten

Zu den Verlusten führen laut Jurczyk und Lehmann verschiedene Entwicklungen. „Die Kosten sind gestiegen, ohne dass es eine Gegenfinanzierung gibt.“ Zu schaffen machen dem Klinikum dabei Vorgaben des Bundes: eine Senkung des Landesbasisfallwertes, also der Entgelte, bei gleichzeitig steigenden Personal- und Sachausgaben. Das macht rund 1,5 Millionen Euro aus. Hinzu kommen steigende Ausgaben für Honorarkräfte. 17 Prozent der 120 Ärzte sind laut Jurczyk nicht mehr als feste Angestellte tätig, und inzwischen macht sich eine ähnliche Entwicklung auch im Pflegebereich bemerkbar. Doch Honorarkräfte seien teurer als feste Mitarbeiter – „und ihnen fehlt die Identifikation mit dem Unternehmen“, ergänzte Oberüber. Gleichzeitig wirke sich der Ärztemangel negativ auf Erlöse aus, verwies Jurczyk beispielhaft auf die neue Geriatrie. Dort sei alles fertig gewesen, seien Kosten entstanden – doch dann habe es monatelang gedauert, bis sich ein Facharzt gefunden habe.

Außerdem seien die Erlöse rückläufig. Die Patientenzahl sei zwar gestiegen, aber es handle sich vor allem um leichtere Fälle. Die schwerer Erkrankten hätten andere Krankenhäuser aufgesucht, sagte Jurczyk. Nach seinem Eindruck habe die Debatte um die Umstrukturierung für Verunsicherung über Leistungsangebot und -fähigkeit der Häuser gesorgt. Dabei liefen alle Abteilungen problemlos. Umso wichtiger sei es, dass die Bevölkerung, die sich ja für den Erhalt der Häuser ausgesprochen habe, die Klinik auch nutze. „Wir sind leistungsfähig und leistungsbereit und brauchen jetzt die Unterstützung der Menschen“, appellierte der Geschäftsführer. Angesichts der Verluste „müssen wir auf die Kostenbremse treten“, sagte Jurczyk. Davon ausgenommen seien aber die Investitionen für die Umstrukturierung, laut Gutachten sind dafür 3,4 Millionen Euro errechnet. Schließlich sollten dadurch Leistungssteigerungen und zusätzliche Erlöse erreicht werden – und die Häuser auch für die dringend gesuchten Mediziner attraktiver werden.

„Der Gutachter hat uns deutlich gesagt: ,Wenn ihr nichts tut, schreibt ihr rote Zahlen‘“, sagte Jurczyk. „Vielleicht ist die jetzige Situation der erste Hinweis.“ Der Schwebezustand bis zur endgültigen Entscheidung habe aber alle Investitionen gebremst. Umso wichtiger sei es, nun die Umstrukturierung mit der Bildung von Zentren und zusätzlichen Leistungen schnell umzusetzen. Das Unternehmen will Gas geben. Ursprünglich war vorgesehen, dass die Umstrukturierung bis Ende 2012 stattfindet. „Wir müssen jetzt erheblich schneller sein.“ Den Zeitplan werde der Aufsichtsrat Ende November festlegen.

Die beiden Geschäftsführer (von links) Norbert Jurczyk und Peter Lehmann sowie Betriebsratsvorsitzender Rainer Oberüber schildern die Situation des Heidekreis-Klinikums. Foto wu

Die beiden Geschäftsführer (von links) Norbert Jurczyk und Peter Lehmann sowie Betriebsratsvorsitzender Rainer Oberüber schildern die Situation des Heidekreis-Klinikums. Foto wu

Andres Wulfes